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Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne! Dies geflügelte Wort von Hermann Hesse stammt aus seinem Gedicht Stufen und erzählt uns vom Wandel des Lebens. Wir erinnern uns noch an das Bild der sieben Ampel-Regierungsmitglieder, frisch und dynamisch nebeneinander, aufgenommen in einem Industriegebiet, auf eine wunderschöne Weise den Zauber des Anfangs verkörpernd. Was daraus wurde, wissen wir: Die Koalition ist gescheitert, Neuwahlen folgten, Koalitionsgespräche, Vereinbarungen – und nun ein neues, designiertes Kabinett, angeführt von einem Mann, der unbedingt Kanzler werden wollte und es fast nicht geworden wäre. Viel hat nicht gefehlt und wir hätten statt Ver- die große Entzauberung gehabt, weil sich achtzehn Parlamentarier Chaos verursachten, nicht nur für die neue Regierung, sondern um ein Haar für das ganze Land.
Chaos – schon das Wort stiftet Unruhe und suggeriert das Ende der Ordnung, das Kippen des Gleichgewichts. In einem Land wie dem unseren, das auf funktionierende Strukturen angewiesen ist, ist das eine bedrohliche Situation. Noch leben wir die gewohnten Rituale – etwa den Großen Zapfenstreich für den scheidenden Kanzler oder die feierlichen Vereidigungen des neuen Kanzlers und seiner Minister. Noch halten wir rechtsextreme Kräfte einigermaßen in Schach. Noch funktioniert die Demokratie. Trotzdem stellt sich die Frage, ob der Beginn von etwas Neuem gleich wieder vertagt wurde?
Was wird aus Deutschland, wenn die Demokratie zerstört wird?
Deutschland, dieses schöne Land, entstanden aus einem Flickenteppich von Stämmen, Reichen, Teilungen und Einigungen. Mit Grenzen, die sich immer wieder verschoben haben. Mit Herrschern, die wechselten, mit Ideologien, die kamen und gingen. Über lange Zeit gab es nur eine lose Verbindung deutscher Gebiete unter einem Kaiser – ohne zentrale Regierung, ohne gemeinsame Verwaltung, ohne gemeinsame Sprache: Alemannisch, Sächsisch, Fränkisch, Niederdeutsch, Bairisch – die Menschen verstanden sich oft kaum über regionale Grenzen hinweg.
Ohne gemeinsame Sprache aber gibt es kein gemeinsames Land.
Es war Martin Luther, der im 16. Jahrhundert mit seiner Bibelübersetzung die Grundlage einer einheitlichen deutschen Sprache schuf. 1522 übersetzte er das Neue Testament ins Deutsche und orientierte sich dabei an der gesprochenen Sprache seiner Zeit. Er wählte die sächsische Kanzleisprache und verband sie mit mitteldeutschen Dialekten nach dem Prinzip: Dem Volk aufs Maul schauen. Seine Bibel wurde zum Grundstein der deutschen Schriftsprache.
Mit der Aufklärung erblühte das Deutsche als Sprache der Philosophie. Kant, Fichte, Hegel – ihre Gedanken prägten Deutschland und Europa. Gleichzeitig wurde Deutsch zur Sprache der Romantik, die Volkstümliches und die Natur feierte. Goethe und Schiller schließlich verliehen der deutschen Sprache weltliterarisches Gewicht, so wurde das Deutsche nicht nur die Sprache der Denker und Dichter, sondern auch die der Suchenden und Fragenden.
Für das Volk waren es die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, die ab 1812 mündliche Erzählungen aus deutschen Regionen sammelten und verschriftlichten. Ihre Kinder- und Hausmärchen standen in gedruckter Form, oft als einziges Buch, in fast jedem deutschen Haushalt und trugen damit zur Standardisierung der Sprache bei. Ihr bedeutendstes Werk aber war das Deutsche Wörterbuch, das erstmals den gesamten deutschen Wortschatz historisch und systematisch erfasste – ein gigantisches Projekt, das erst 1961, also Generationen später, abgeschlossen wurde. Jacob Grimm verfasste zudem die Deutsche Grammatik, in der er die Entwicklung der deutschen Sprache von den frühesten germanischen Wurzeln bis zum Neuhochdeutschen beschrieb. Die von ihm entdeckte und entwickelte Grimm’sche Lautverschiebung erklärt bis heute, warum sich die germanischen Sprachen so unterschiedlich entwickelten.
Der dritte große Name in der Sprachgeschichte war Konrad Duden, der 1880 das Vollständige Orthographische Wörterbuch der deutschen Sprache veröffentlichte, den bekannten Duden. Die Regeln, die er verfasste, wurden 1901 auf der ersten Rechtschreibkonferenz für den gesamten deutschen Sprachraum für verbindlich erklärt.
Sprache ist auch ein Spiegel dunkler Kapitel. Die Nationalsozialisten missbrauchten sie für Propaganda, entstellten Begriffe, schufen Euphemismen für Verbrechen. Nach 1945 war nicht nur das Land, sondern auch die Sprache beschädigt. Die junge Bundesrepublik wagte einen sprachlichen Neuanfang, während die DDR ihre eigene politisch gefärbte Sprachwelt entwickelte. Nach der Wiedervereinigung entstand ein neues deutsches Selbstverständnis: offener, vielfältiger. Die Sprache öffnete sich für Anglizismen, Einflüsse von Migrantenkulturen und neue gesellschaftliche Diskurse, heute etwas, das nicht jedem gefällt und wieder sehen wir den Missbrauch der Sprache in Begriffen wie Remigration oder Sozialtourismus.
Zurück zu Hesse, denn der Satz mit dem Anfangszauber geht noch weiter: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“ Eine schöne Vorstellung: Der Neubeginn als Quelle von Hoffnung, Wachstum und Entdeckung. Leider ist davon derzeit wenig zu sehen. Statt Zauber erleben wir Streit, Blockadehaltung und Engstirnigkeit – angetrieben von einem Individualismus, der längst zur Egozentrik im Krisenmodus mutiert ist und sich für Prinzipientreue hält, begleitet von den endlosen Disharmonien der Medien.
Wollen wir so leben? So regiert werden? So in die Zukunft gehen? Unser schönes Land steht vor massiven Herausforderungen. Es gibt einen gewaltigen Rückstau auf vielen Ebenen. Es mangelt an allem: an innovativen Konzepten für die schulische Bildung unserer Kinder, an exzellent ausgestatteten Universitäten, an funktionierenden Verkehrsnetzen auf Straßen und Schienen. Es fehlt an tragfähigen Versorgungskonzepten für die Jüngsten, die Ältesten und die Schwächsten unserer Gesellschaft. Auch die Wirtschaft braucht bestmögliche Unterstützung, und nicht zuletzt warten unsere maroden Straßen und Brücken dringend auf Lösungen.
Jetzt ist nicht die Zeit für Kleingeistigkeit und Verweigerung!
Wir möchten mit einem Gedanken von Heraklit schließen, dem Denker des Werdens. Er erkannte im ständigen Wandel den Grundzustand der Welt: „Alles fließt.“ Was wir als Chaos empfinden, ist oft nichts Anderes als unser Widerstand gegen die Bewegung des Lebens. Wir streben nach Beständigkeit, wo keine sein kann. Doch das Chaos erinnert uns daran: Sicherheit ist eine Illusion – und gerade im Unbeständigen liegt die Freiheit.
Das einzige Thema der Woche ist die Vorstellung des Jahrbuchs beim ATTD, denn das Jahrbuch umfasst alles, was es zu unseren Themen Diabetes-Technologie und Innovationen zu sagen gibt. Auf geht’s!
Ein Hauptereignis beim ATTD ist in jedem Jahr die Vorstellung des Jahrbuches, das in einer eigenen Sitzung vorgestellt wird. Die diesjährige Sitzung umfasste 18 Kurzvorträge, die im Schnelldurchgang das gesamte Diabetes-Spektrum abdecken und viele Vorschläge für Paradigmenwechsel, Management-Updates und potenzielle Verbesserungen der Versorgungsstandards enthielten. Die meisten Referenten kamen aus den USA oder Israel, die deutsche Beteiligung beim Jahrbuch ist eher knapp:
ATTD 2025: Vorstellung des Jahrbuchs
Das 16te Jahrbuch wird in der US-Fachzeitschrift Diabetes-Technology & Therapeutics (DTT) publiziert. Hier kommen die einzelnen Themenblöcke.
- Virtuelle Kliniken für die Diabetesversorgung
Satish Garg vom Barbara Davis Center in Denver, USA eröffnete die diesjährige Sitzung mit der Präsentation aktualisierter DT&T-Kennzahlen. Die globale Leserschaft umfasst mehr als 170 Länder, die Manuskripteinreichungen stiegen 2024 um 8% und die Veröffentlichungen waren mit einer Ablehnungsquote von ca. 85% sehr selektiv.
Das Bild der Woche
Immer noch hat dieser Planet ungelöste Rätsel: Solche merkwürdigen aufgebrochenen Löcher im Eis
entstehen jeden Winter auf dem schwedischen Siljian-See und niemand weiß warum.
Es gibt erste Hinweise, dass sie durch austretendes Methan entstehen.
Zum Schluss noch wie immer das Letzte
Immer mehr KI dringt in unsere Leben und die macht selbst vor der Kirche nicht halt. Irgendein Scherzbolzen hat ein KI-gestütztes Foto vom aktuellen amerikanischen Präsidenten ins Netz gestellt, auf dem er als Papst verkleidet war. Nach Angaben aus dem Weißen Haus hatte Mr. T wohl auch nichts dagegen. Uns erinnert das an das Märchen vom Fischer und seiner Frau und dem Butt, die Geschichte stammt aus den Grimm‘schen Hausmärchen und für alle, die sie nicht kennen, sie geht so:
Ein armer Fischer fängt eines Tages einen verzauberten Butt, der sprechen kann. Der Butt bittet um sein Leben, und der Fischer lässt ihn frei. Als seine Frau davon hört, drängt sie ihn, den Butt um einen Wunsch zu bitten: ein kleines Haus statt ihrer armseligen Hütte. Der Wunsch wird erfüllt. Doch die Frau ist unersättlich. Immer wieder schickt sie den Fischer zurück, um noch größere Wünsche zu äußern: ein Schloss, Königin zu werden, dann Kaiserin, schließlich sogar Papst. Jedes Mal erfüllt der Butt den Wunsch, das Meer wird jedoch zunehmend stürmischer. Am Ende verlangt die Frau, Gott zu werden. Da hat der Butt genug. Er schickt den Fischer zurück in die ursprüngliche Hütte, wo alles wieder so bescheiden ist wie am Anfang.
Nun hat eine Kirche in der Schweiz ein Experiment gewagt, das sowohl technikaffine als auch spirituell interessierte Menschen zum Staunen bringt: Eine experimentelle Kunstinstallation mit dem Namen „Deus in Machina“ in der Peterskapelle Luzern hat einen KI-gestützten „Jesus“ als Beichtgehilfe eingesetzt, der Fragen von Gläubigen beantwortet. Die Antworten basieren auf biblischen Texten und entsprechen natürlich kirchlicher Tradition, die KI wurde mit bis zu 100 Sprachen mit dem Neuen Testament trainiert.
Während der zweimonatigen Projektphase führten über 1.000 Personen Gespräche mit dem KI-Jesus. Etwa 60 Prozent der befragten Teilnehmer empfanden die Interaktion als positiv und spirituell bereichernd. Das Projekt sollte zum Nachdenken über die Rolle von Technologie im religiösen Kontext anregen und betonte, dass es sich bei der KI lediglich um eine Simulation handelt, nicht um einen Ersatz für menschliche Seelsorge, denn Kritik gab es natürlich reichlich dazu.
In dieser Woche hat in Rom das Konklave begonnen und die Welt blickt gespannt auf einen Schornstein im Vatikan, aus dem hoffentlich bald weißer Rauch aufsteigt. Während wir gespannt warten, entlassen wir Sie ins verdiente Wochenende. Der Wonnemonat Mai verbreitet ja großzügig seine ganze Pracht und lockt uns hinaus in die Natur.
Arbeiten Sie nicht Zuviel, sondern genießen Sie das Wochenende mit schönen Spaziergängen. Es grüßen herzlich,
Dieser Artikel erscheint als Teil des wöchentlichen Letters zu hochaktuellen Entwicklungen im Bereich Diabetes Technologie. Nutzen Sie das nebenstehende Formular um sich für den diatec weekly Newsletter anzumelden!
Mit freundlichen Grüßen