Viele der Teilnehmer sind „Anwender“ (= Kliniker) und damit kein „Fachpublikum“, jedenfalls nicht im strengen Sinne, entwickeln sie doch keine neuen Techniken und Therapien. Die klinischen Kollegen kamen aus recht 95 recht unterschiedlichen Ländern, viele aus Asien und osteuropäischen Ländern, auch diverse afrikanische Länder waren dabei. Wie schon in den Vorjahren kamen nur ca. 180 Teilnehmer aus Deutschland, die weitaus meisten davon arbeiten bei Herstellern. Kaum angereist sind niedergelassene deutsche Kollegen aus eigenem Interesse, hier wird die Frage nach Aufwand und Nutzen wohl doch eher negativ beantwortet. Dafür war aus den Vereinigten Staaten von Amerika so ziemlich alles vertreten, was Rang und vor allem Namen hat. Im kommenden Jahr findet der ATTD im März in Amsterdam statt, vielleicht ist das für deutsche Kollegen attraktiver.
Die wenigen deutschen Teilnehmern reflektieren jedenfalls einen Bedarf an ATTD-Kompakt, ein zweistündiges Webinar, in dem die Highlights dieses Kongresses von deutschen Fachleuten in Kurzform präsentiert werden. Bei Bedarf und Interesse kann man sich die Präsentationen auch im Internet relativ unaufwändig auf der Fortbildungsseite des ATTD anschauen.
Um der Bandbreite der Themen aus dem Bereichen aktuelle Therapien und Technologien gerecht zu werden gab es Dutzende von Sessions und fast ebenso viele Industriesymposien. Das Kongresszentrum liegt in einem ehemaligen Fort, was ein eher ungewöhnlichen Ort mit recht unterschiedlichen Gebäuden ist. Deshalb war die Suche und das Finden der jeweiligen Veranstaltungsorte eine gewisse Herausforderung und manche Redner, die verschiedentlich im Einsatz waren, mussten von einem zum anderen Vortragssaal buchstäblich rennen.
Wie schon in den Vorjahren liefen die Poster eher unter Wert. Sie sind nur elektronisch verfügbar, was den Zugang etwas schwierig macht. Eine klassisch-konventionelle Präsentation mit ausgedruckten Postern hat durchaus Vorteile. Auf der großen Industrieausstellung im Hauptgebäude waren neben den namhaften Firmen aus USA und Europa auch viele asiatische Firmen vertreten und etwa zehn weitere CGM-Systeme aus China und Korea drängen auf den europäischen Markt. Diese asiatische Welle wird bestimmt Bewegung in den Diabetes-Technologie-Markt bringen.
Die inhaltliche Themenbandbreite zeigte deutlich, dass es nicht mehr „nur“ um Technik geht, sondern Technik und Therapie wachsen in vielerlei Hinsicht zusammen. Dies ist am augenfälligsten bei den AID-Systemen, die das vorherrschende Thema beim ATTD waren. Es gab nur wenige Präsentationen zu neuen Insulinpumpen, aber einiges zu neuen CGM-Systemen und CKM sowie Hautirritationen. Daneben wurden aber auch eine Reihe von Symposien zu Themen(komplexen) angeboten, die man bei einem „Technikkongress“ nicht erwarten würde: Adipositas-Therapie oder immunologische Therapien. Ein weiterer „hot-topic“ war AI, also künstliche Intelligenz, die zunehmend auch in die Diabetologie einziehen wird. Dies spiegelte auch ein Symposium des EUDF wieder, ein Ableger des EASD. Hier beschäftigt sich eine Projektgruppe mit der Rolle von AI in der Diabetologie. In dem gut besuchten Symposium gab es einige Vorträge zu diesem Thema mit Fokus auf „Clinical Decision Support Systems“ (CDSS). Die Vorstellung der Beiträge des ATTD-Jahrbuchs, was vom Aussehen und Volumen her einer roten Bibel ähnelt, hatte Züge einer Hollywood-Show. Das geballte Wissen, welches hinter den diversen Kapiteln in dem Yearbook steckt, wurde von einer ganzen Reihe von Rednern in Kurzform (je Thema nur 7 Minuten) präsentiert. Erwähnenswert ist, dass das Insulinkapitel ist seit Jahren dasjenige Kapitel ist, welches am Häufigsten runtergeladen wird.
Fazit: Dem EASD und auch dem ADA erwächst durch solche fokussierten Kongresse, die augenscheinlich die Bedürfnisse der Kollegen geeignet ansprechen, eine ernsthafte Konkurrenz, der sie sich stellen müssen. Die Teilnahme an zu vielen Kongressen ist aus Kosten- und Zeitgründen für die meisten Kollegen nicht möglich.
diatec weekly – April 12, 24
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