Die Sicherheit von Medizinprodukten ist nicht allein dadurch gegeben, dass ein Produkt technisch einwandfrei funktioniert. Erst die Gebrauchstauglichkeit stellt unter Beweis, wie sicher ein Produkt für Patienten oder Anwender ist. Umso wichtiger ist es, dass Vorkommnisse bei Medizinprodukten aus der Alltagspraxis gemeldet werden.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat die gesetzliche Aufgabe, eine Risikobewertung für alle Vorkommnisse durchzuführen, die ihm gemeldet werden. Um diesen gesetzlichen Auftrag erfüllen zu können, ist es wichtig, dass das BfArM frühzeitig einen umfassenden Überblick über Risiken erhält, die mit einem Produkt in Verbindung gebracht werden. Hauptquelle für entsprechende Informationen sind Meldungen von Vorkommnissen gemäß der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV). Vorkommnisse sind dabei definiert als Funktionsstörungen, Ausfälle oder Änderungen der Merkmale oder der Leistung oder eine unsachgemäße Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung eines Medizinproduktes, die unmittelbar oder mittelbar zum Tod oder einer schwerwiegenden Verschlechterung des Gesundheitszustands eines Patienten, eines Anwenders oder einer anderen Person geführt haben, geführt haben könnten oder führen könnten.
Geht eine Vorkommnismeldung beim BfArM ein, informiert das BfArM auch die jeweils betroffene Landesbehörde – abhängig davon, wo der Inverkehrbringer eines Medizinproduktes seinen Sitz hat. Denn bei den Landesbehörden liegen die Zuständigkeiten und die gesetzlichen Möglichkeiten, entsprechende Maßnahmen zu überwachen oder anzuordnen, wenn der Hersteller sie nicht in eigener Verantwortung umsetzt. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich vorgesehen, dass der Hersteller jederzeit die Verantwortung für seine Produkte und damit auch für die Untersuchung von Vorkommnissen bei diesen Produkten hat. Die Risikobewertung des BfArM erfolgt daher immer in Zusammenarbeit mit dem Hersteller oder seinem Bevollmächtigten und bei Bedarf auch mit den betroffenen Anwendern oder Patienten, z.B., wenn Fragen zum Vorkommnishergang bestehen.
Aufgabe des Herstellers ist es dabei, alle Untersuchungen durchzuführen, die zur Aufklärung der Ursachen erforderlich sind – unabhängig davon, um was für ein Produkt es sich handelt – und dem BfArM die Untersuchungsergebnisse mitzuteilen. Der Hersteller legt in einem ersten Schritt entweder aus nachvollziehbaren Gründen dar, weshalb kein Vorkommnis vorliegt oder leitet die entsprechenden Untersuchungen ein. Für den Falls, dass der Hersteller kein Vorkommnis vorliegen sieht, kann das BfArM auch zu einer anderen Einschätzung kommen und im gegebenen Fall die weitere Prozessierung als Vorkommnis verlangen.
Ein wichtiger Punkt bei der Ermittlung des Vorgangs ist die konkrete technische Untersuchung des betreffenden Medizinprodukts sowie dessen Speicherdaten. Daher sollte die Stelle, die das betroffene Medizinprodukt in Besitz hat, dieses möglichst nicht verwerfen, sondern dem Hersteller für eine Untersuchung zur Verfügung stellen. Darüber hinaus können beispielsweise auch Fertigungsdokumentationen oder Rückstellmuster untersucht werden. Ebenfalls fließen relevante Eckdaten wie Ausfallrate, mögliches Risiko, betroffene Population, Nutzen-Risiko-Verhältnis, Übereinstimmung mit harmonisierten Normen oder verfügbare technische Alternativen in die Bewertung mit ein.
Nach Abschluss der Untersuchungen bewertet das BfArM, ob das Vorkommnis auf einem systematischen Produktmangel beruht und ob dadurch die Patienten oder Anwender einem unvertretbaren Risiko ausgesetzt sind, wenn sie zukünftig das entsprechende Medizinprodukt benutzen. Das BfArM prüft, wie das Risiko beseitigt, verringert oder verhindert werden kann. Wenn der Verantwortliche bereits selbst solche Maßnahmen getroffen hat, prüft das BfArM, ob diese ausreichend sind.
Wenn das BfArM aus Sicherheitsgründen eine Änderung am Produkt oder an der vom Hersteller eigenverantwortlich durchgeführten bzw. vorgesehenen korrektiven Maßnahme für notwendig hält, spricht es, gemäß den gesetzlichen Regelungen und soweit erforderlich, eine Empfehlung an den Hersteller und die Überwachungsbehörden der Bundesländer aus. Grundsätzlich gilt, dass die Landesbehörde nicht an die Risikobewertung und Empfehlung des BfArM gebunden ist. Sie kann auch zu einem anderen Schluss kommen und gegebenenfalls abweichende Anordnungen treffen. Das BfArM selbst hat jedoch gegenüber dem Hersteller keine Befugnis, weitere Schritte anzuordnen.
Der Vorgang ist formal abgeschlossen, wenn das BfArM seine Bewertung und die entsprechenden Abschlussberichte an die Landesbehörden, den Hersteller und den Meldenden versendet. Die Vorkommnisse werden in einer Datenbank unter dem betroffenen Medizinprodukt gelistet. Dadurch können bereits gewonnene Erkenntnisse bei weiteren Vorfällen in die Bewertung mit einfließen und für den Fall neuer Erkenntnisse ebenfalls neu bewertet werden.
Nach den Bestimmungen der MPSV sind die Verantwortlichen für das erstmalige Inverkehrbringen von Medizinprodukten (Hersteller, Bevollmächtigte oder Einführer) verpflichtet, alle in Deutschland aufgetretenen Vorkommnisse an das BfArM zu melden. Die Meldeverpflichtung besteht ebenfalls für professionelle Betreiber und Anwender (z.B. Ärzte, Zahnärzte, Pflegekräfte) und Personen, die beruflich oder gewerblich oder in Erfüllung gesetzlicher Aufgaben oder Verpflichtungen Medizinprodukte zur Eigenanwendung an den Endanwender abgeben. Das BfArM weist Ärzte und Kliniken regelmäßig auf ihre Meldeverpflichtung hin.
Pressestelle BfArM
DiaTec weekly – August 28, 20
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