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Wir müssen reden! Dieser Satz bekommt gerade eine neue Bedeutung, denn gemeint ist: Wir müssen zurück zur Diplomatie. Einer leisen und oftmals überhörten Kraft, die in den letzten Jahren allzu häufig der eigenen Selbstgerechtigkeit geopfert wurde. Diplomatie wurde und wird auch aktuell wieder gefordert, aber selten gelebt. Wozu verhandeln, wenn man doch im Recht ist? Wozu das Gespräch suchen, wenn die eigene Haltung als moralisch überlegen gilt?
Trotzdem stellt sich die Frage, ob Diplomatie immer ein Weg ist, um Konflikte zu lösen. Oder ist sie wirkungslos, wenn die gegensätzlichen Positionen unüberbrückbar sind oder wenn die andere Seite bewusst täuscht? Wenn es keine eigene starke Position gibt, wie beispielsweise wirtschaftliche Stärke oder notfalls auch militärische Glaubwürdigkeit?
Wir Menschen sind auf Beziehungen angewiesen, im Kleinen wie im Großen. Ob in Familie, Nachbarschaft oder Beruf: Ohne gegenseitiges Verständnis, ohne Gespräch und Vermittlung scheitern Beziehungen. Was für unser privates Leben gilt, gilt ebenso auf der Weltbühne. Internationale Freundschaften – und nichts anderes sind gute diplomatische Beziehungen – brauchen Pflege, Vertrauen und Geduld.
Diplomatie wirkt im Verborgenen. Sie gedeiht nicht in Talkshows, sondern in langen Nächten hinter verschlossenen Türen. Sie lebt vom Zuhören, vom Respekt und vom Willen zum Ausgleich und nicht vom Rechthaben. Diplomatie ist die Kunst, Brücken zu bauen, wo andere Mauern errichten. Sie kann Konflikte entschärfen, Kriege verhindern, Handelsstreitigkeiten lösen und politische Blockaden aufbrechen. Das Atomabkommen mit dem Iran, das Pariser Klimaabkommen oder die vorsichtige Annäherung zwischen Nord- und Südkorea – all das sind Ergebnisse jahrelanger diplomatischer Bemühungen. Und oft sind es gerade die Erfolge, die niemand bemerkt, weil das, was verhindert wurde, eben auch nicht eintritt. Aber man hält diese Entwicklungen für selbstverständlich oder schreibt sie dem „Zeitgeist“ zu, ähnlich wie bei Impfungen, deren Wert oft erst dann erkannt wird, wenn man sich vor Augen führt, was ohne sie passiert wäre.
Diplomatie ist alt. Schon in der Antike schickten Stadtstaaten Gesandte aus, um Kriege zu verhindern und Allianzen zu schmieden. Mit der Renaissance kam die moderne Diplomatie. Im Italien des 13. Jahrhunderts entstanden erste Botschaften und interessanterweise haben die damals festgelegten Gepflogenheiten und Regeln bis heute Gültigkeit. Im 18. Jahrhundert wurde mit der Diplomatischen Akademie in Wien eine bis heute bestehende Institution geschaffen. Der Wiener Kongress 1815/16 brachte Vertreter aus über 200 Ländern zusammen, um Grenzen neu zu ziehen und das Fundament für eine internationale Ordnung zu legen. Heute ist Diplomatie ein fein gesponnenes Netz aus internationalem Recht, kulturellem Gespür, strategischem Kalkül und politischer Weitsicht – sichtbar etwa im Vertrag von Maastricht, der die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU-Mitgliedstaaten etablierte.
Doch der Ton ist rauer geworden. Botschaften werden geschlossen, Diplomaten abgezogen, Protokolle ignoriert, internationale Organisationen geschwächt. Populistische Regierungen setzen zunehmend auf Konfrontation statt auf Kooperation. Dabei ist gerade im Konfliktfall die Fähigkeit zur Deeskalation und zum Dialog entscheidend, damit aus Differenzen keine Krisen und aus Krisen keine Kriege werden. Nun haben wir die Kriege aber bereits und die Frage ist, was Diplomatie nun noch ausrichten kann. Gibt es überhaupt noch offene Gesprächskanäle in den Kreml hinein? Oder in den Iran? Kriegen unsere Dienste alles mit, was wir wissen müssen? Und ist in der jetzigen Situation überhaupt noch ein Gespräch möglich mit jemandem, der sämtliche Angebote in den Wind schlägt?
Vor diesem Hintergrund wirkt das Manifest, den eine Gruppe prominenter und verdienter SPD-Politiker veröffentlicht hat, erstaunlich naiv und ist gleichzeitig ein wichtiger Versuch zu einem zukünftigen Dialog, der hoffentlich in Zukunft möglich ist. Denn auch wenn Diplomatie auf den ersten Blick machtlos wirkt, bedeutungslos ist sie nicht. Gerade weil die Fronten verhärtet sind, die Gewalt eskaliert und nationale Interessen oft über alles gestellt werden, bleibt Diplomatie einer der wenigen Wege, um langfristige Perspektiven zu finden.
Der Frieden von morgen wird im Schatten des heutigen Krieges entstehen. Während die Waffen noch sprechen, bauen diplomatische Bemühungen im Hintergrund Szenarien auf, wie ein Friedensvertrag aussehen könnte. Vermittlungen durch Länder wie China, Türkei oder auch der Vatikan können tatsächlich wirkungsvoll sein und letztlich sollte alles getan werden, um die letzten Gesprächskanäle offenzuhalten und die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen. Was Diplomatie retten kann, lässt sich nicht mit Drohungen ersetzen. Das sollten wir immer bedenken.
Nun aber zu den Themen der Woche und da gibt es aktuelle Ergebnisse zur Frage des Monats Mai und eine neue Frage für den Juni. Und dann haben wir einen längeren Beitrag mit aktuellen Fitter-Forward Empfehlungen. Auf geht’s!
Die Frage des Monats widmet sich aktuellen politischen, versorgungs- oder behandlungsbezogenen Diabetesthemen. Wie die dia·link-Community die Frage beantwortet hat, können Sie jeweils im Folgemonat in Ihrem Newsbereich einsehen. Die Frage des Monats Mai lautete:
Welche Veränderungen würden Ihre Stressbelastung durch Diabetes am meisten verringern?
Das Leben mit Diabetes ist oft mit einem hohen täglichen Aufwand verbunden. Um die Glukosewerte im Zielbereich zu halten und Komplikationen vorzubeugen, sind regelmäßige Kontrollen, die Überwachung der Glukosewerte und die Anpassung von Ernährung und Medikamenten notwendig. Diese kontinuierliche Anstrengung erfordert viel Disziplin, Zeit und Aufmerksamkeit.
Die FITTER Forward Empfehlungen sind Leitlinien für die Diabetesbehandlung, die auf moderne Technologien setzen. FITTER steht für: Frequency (=Häufigkeit der Glucosemessung), Insulin-Therapie-Optimierung, Technologieeinsatz (wie CGM, AID), Training (Patientenschulung), Engagement (Einbindung der Patienten), Regular Review (regelmäßige Überprüfung) und Forward betont den proaktiven, technologiegestützten Ansatz zur Verbesserung der Diabetesversorgung. Im US-Medizinjournal Mayo Clinic Proceedings wurden aktuell auf insgesamt 17 Druckseiten die Empfehlungen einer internationalen Gruppe von 16 Diabetologen hinsichtlich eines aktuellen Verständnisses zur optimalen Insulinapplikation veröffentlicht:
Insulinapplikation – die „FITTER Forward“- Empfehlungen [1].
Dies ist die erste Aktualisierung der FITTER-Empfehlungen seit fast einem Jahrzehnt, die auf den umfangreichen Leitlinien früherer Veröffentlichungen aufbaut. Die Erstellung der Empfehlungen wurde von embecta (ehemals Becton Dickinson) unterstützt.
Das Bild der Woche
Die No-King-Proteste in den USA am vergangenen Samstag war mit etwa 5-6 Mill. Teilnehmern
eine der größten Protestwellen innerhalb der USA – plus einige Zehntausend außerhalb.
Das Foto entstand am Ocean Beach bei San Francisco
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Zum Schluss noch wie immer das Letzte
Folgen Sie vielleicht auch gerade dem neusten Trend und unterliegen dem Selbstoptimierungswahn? Longevity ist das Zauberwort dafür oder wer es etwas stilvoller haben möchte: Flowgrade, eine Art Biohacking mit Stil. Egal wie, es geht immer um ein langes Leben und dabei fit und gesund bleiben. Damit man das erreicht, muss permanent getrackt, gemessen und optimiert werden: Glucose, Blutdruck, Temperatur, Herzschlag, Gewicht natürlich, der Schlaf und das Micronährstoffprofil. Ein optimal angepasstes Ernährungskonzept inklusive Nahrungsergänzung und Collagen-Kaffee am Morgen mit irgendeinem MTC-Öl sowie regelmäßige Eisbäder sollen für das optimale Körpergefühl und die epische Leistungsbereitschaft sorgen.
Frontrunner dieses Trends ist der ehemalige Basketballer und Psychologe Max Gotzler. Er hat in Boston studiert und gilt als einer der führenden Köpfe in der Bio-Hacking-Bewegung. Er hat mehrere Bücher zum Thema geschrieben: „Biohacking – Optimiere dich selbst“ und „Der tägliche Biohacker“ – beide bieten praxisnahe Anleitungen zur Selbstoptimierung und das von ihm entwickelte Mentoring-Programm flowX unterstützt Unternehmer und Führungskräfte dabei, mit gezielten Routinen und Strategien ihre Leistungsfähigkeit zu steigern und ein erfüllteres Leben zu führen. Ach ja, entspannt soll es schließlich auch noch sein.
Was ist denn nun der Nutzen von all dieser Messerei? Und was hat das mit Diabetes-Technologie zu tun? Auch hier geht es beim Messen der Glucose darum, sich selbst zu beobachten. Die Daten zeigen, was gut für einen ist und was nicht und in gewisser Weise helfen sie dabei, Verantwortung für den eigenen Körper zu übernehmen. Gemessen wird, seit es unsere Spezies gibt und auch damit unterscheiden wir uns von allen anderen Lebewesen. Dem paarungswilligen Bonobo ist die Form des Gesichtsschädels oder die Beinlänge seiner Angebeteten völlig egal, Hauptsache sie riecht gut.
Spitzensportler dagegen dokumentieren schon lange ihre Vitalitätswerte und mit der verfügbaren Technik schwappt die Welle nun auch auf uns Normalos über: Tragbare Wearables wie Tracker, Uhren, die Smartphones und neuerdings auch Ringe erheben kontinuierlich unsere Vitalparameter. Allein in Deutschland wurden 2023 über 5,9 Millionen Wearables verkauft und das hat durchaus Einfluss auf Gesundheitsbewusstsein und Prävention. Allerdings geht es meistens um den Blutdruck und den Schlaf, dass sich auch der Blutzucker regelmäßig selbst messen lässt und damit eine sinnvolle präventive Maßnahme sein kann, ist immer noch wenig bekannt.
Bevor wir hier zu vermessen werden, verabschieden wir uns fürs wohlverdiente Wochenende. Der Sommer ist da, genießen Sie ihn!
Es grüßen herzlich,
Dieser Artikel erscheint als Teil des wöchentlichen Letters zu hochaktuellen Entwicklungen im Bereich Diabetes Technologie. Nutzen Sie das nebenstehende Formular um sich für den diatec weekly Newsletter anzumelden!
Mit freundlichen Grüßen