„bytes4diabetes-Award“ – das ist der Name des Preises, der in diesem Jahr bei DiaTec erstmalig für wegweisende Digitalprojekte in der Diabetologie verliehen wurde.

Ausgeschrieben hatte den Award die BERLIN-CHEMIE AG gemeinsam mitführenden Diabetes-Experten, die Mitglieder des „zukunftsboard digitalisierung“ sind. Dieses hat zum Ziel, den Digitalisierungsprozess in der Diabetologie weiter voranzutreiben und den konstruktiven Austausch zwischen den Akteuren zu fördern.

Insgesamt 32 Start-ups, Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Universitäten und Diabeteszentren haben Bewerbungen für den bytes4diabetes-Awards 2020 eingereicht. Die Bandbreite der Bewerbungen reichte von Apps über neuartige Datenbanktechnologien, Virtual Reality-Training für Patienten, „intelligente“ Verbände, innovatives Kinderspielzeug bis hin zu Forschungsvorhaben und Automated Insulin Delivery-Systemen (AID). Die große Herausforderung für die Jury bestand daraus, aus dieser spannenden Vielzahl vier wegweisende Projekte auszuwählen. Maßgebend für die Auswahl war, digitale Lösungen mit einer gewissen Bandbreite zu definieren, die zukünftig die Patientenversorgung essentiell verbessern.

Hier stellen wir Ihnen die Gewinner vor:

  1. Preis für SNAQ – Nährwertanalyse per Foto

Mit dem Smartphone eine fertig zubereitete Mahlzeit fotografieren und in der App sofort die enthaltene Kohlenhydratmenge sowie die nötige Insulindosis angezeigt bekommen – so unkompliziert könnte bald der Alltag von Menschen mit Diabetes sein. SNAQ heißt die smarte Lösung des gleichnamigen Schweizer Start-ups. Die App erkennt automatisch die Lebensmittel auf dem Teller und zeigt ihre Namen auf dem Bildschirm an. Der Nutzer kann dies noch manuell korrigieren oder Mahlzeitenbestandteile ergänzen. Mittels 3D-Modellen berechnet die App nun das Volumen der Nahrungsmittel und schließt daraus auf ihr Gewicht. Nach dem Abgleich mit einer Nährwert-Datenbank wird eine Nährwertanalyse angezeigt. Wenn die angestrebte Zulassung als Medizinprodukt erfolgt ist, errechnet die App auch die benötigte Insulindosis. „Als Betroffene weiß ich, wie lästig es ist, ständig Broteinheiten zu recherchieren und zusammenzurechnen. SNAQ kann den Alltag vieler Menschen mit Diabetes enorm erleichtern“, betonte Projekt-Patin und Jury-Mitglied Lisa Schütte, Kassel. Auch das innovative technische Konzept von SNAQ habe die Jury beeindruckt.

  1. Preis geht an Graphs to Fight Diabetes – Zusammenhänge erkennen

Weltweit erforschen zahlreiche Arbeitsgruppen den Diabetes. Doch bislang werden die dabei erhobenen Daten unstrukturiert in separaten Datenbanken gespeichert, die kaum miteinander verknüpft und nur schwer durchsuchbar sind. Diesen Datenschatz zu heben, ist Ziel des Projektes Graphs to Fight Diabetes“ des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung. Forschungsdaten aus heterogenen Quellen sollen zusammengeführt, strukturiert und u.a. mithilfe Künstlicher Intelligenz analysiert werden. Zum Einsatz kommt dabei die „Graph-Technologie“. Im Gegensatz zu relationalen Datenbanken bilden Graph-Datenbanken auch die Beziehungen von Einzel-Daten untereinander ab. Dies ermöglicht es, wichtige Querverbindungen aufzudecken, die neue Erkenntnisse liefern können. „Graphs to Fight Diabetes ist High-End- Forschung auf höchstem Niveau und zeigt, welches Potenzial Digitalisierung und Big Data im Bereich der Wissenschaft haben,“ sagt Projektpate und Jurymitglied Dr. Hansjörg Mühlen, Duisburg. Mittels Graph-Technologie können zukünftig, wichtige Erkenntnisse und Hypothesen für eine personalisierte Prävention und Therapie generiert werden.

  1. Preis für AdviceDevice – Therapie-Navi für Patienten mit Insulinpumpen

Wieviel Insulin zugeführt werden muss, ist von vielen Einflussgrößen abhängig – Essen, Bewegung, verschiedene Resistenzen, Stress, andere Medikamente und vieles mehr. Das macht die Dosisberechnung äußerst komplex. Hier unterstützt die Therapiesoftware AdviceDevice (AD), die von der Diabetes-Dorf Althausen GmbH und der SINOVO GmbH & Co. KG speziell für Patienten mit Typ-1-Diabetes mit Insulinpumpe entwickelt wurde. „Just in time“ gibt AD individuelle Ratschläge – auch wenn beispielsweise kurzfristig ein üppiges Abendessen mit Weinbegleitung ansteht oder eine Cortison-Therapie verordnet wird. Das „Therapie-Navi“ entlastet so Pumpenpatienten und nimmt ihnen Ängste, in einer konkreten Situation falsch zu entscheiden. „AdviceDevice ist ein geniales System für die vielen Typ-1-Diabetiker mit Insulinpumpe. Das Risiko für Hypo- oder Hyperglykämien sinkt – gleichzeitig steigt die Lebensqualität, das hat uns überzeugt“, so fasst Projektpate und Jurymitglied Dr. Winfried Keuthage die Entscheidung der Jury zusammen.

Dann gab es noch einen Sonderpreis: Smartphone-Based Tele-Ophthalmology – um Menschen in Indien vor Erblindung zu bewahren

Der Mangel an Augenärzten in den Slums von Indien führt dazu, dass bei vielen Indern mit Diabetes die Netzhaut nicht untersucht wird und sie durch die diabetische Retinopathie erblinden. In einem neuen Screening-Verfahren, das die Universitätsklinik Bonn entwickelt hat, kann die Untersuchung von örtlichem Hilfspersonal per Smartphone-Kamera durchgeführt werden. Bilder werden über das Internet an ein Telemedizin-Zentrum gesendet, wo Augenärzte nahezu live eine Diagnose stellen. „Diabetes ist ein weltweites Problem, auch Schwellenländer sind betroffen. Mehr als ein Sechstel der Weltbevölkerung lebt in Indien, wo die Prävalenz von Diabetes mittlerweile westliches Niveau erreicht hat. Das zeigt die große Dimension und Bedeutung, die ein telemedizinisches Projekt wie Smartphone-Based Tele-Ophthalmology für die Versorgung der betroffenen Menschen vor Ort hat. Dieses Engagement wollen wir mit einem Sonderpreis würdigen“, sagt Projektpate und Jurymitglied Dr. Andreas Lueg, Hameln.

Neben den vier Preisträgern hatten im Rahmen der Preisverleihung sieben weitere Projekte die Gelegenheit, sich vor dem Fachpublikum des DiaTec zu präsentieren. Sie alle waren von der Jury auf eine Favoritenliste gewählt worden:

  • meala App – die persönliche Mahlzeiten-Assistentin: Standortabhängig werden von anderen bereits erfassten Mahlzeiten mit ihren Nährwerten angegeben oder vom Nutzer per Bilderkennung selbst erfasst. Drei Stunden nach dem Essen analysiert die App die Kohlenhydrat- und die Spritz-Ess-Abstand-Schätzung und zeigt an, ob der Zielbereich erreicht wurde.
  • OPEN diabetes – Forschungsprojekt zu Do-it-yourself Automated Insulin Delivery Systemen (AID): Hier arbeiten Patienten selbst an einem Open-Source-Algorithmus und entwickeln durch Fernsteuerung von Insulinpumpen ihre eigenen Hybrid-Closed-Loop-Systeme.
  • iFoot – intelligenter Verband schützt Füße von Diabetes-Patienten: Ein mit Sensoren ausgestatteter Verband, der seine Messdaten ans Smartphone sendet, soll Menschen helfen, die am Diabetischen Fußsyndrom leiden – einer Folgeerkrankung des Diabetes. Entwickelt wird der Verband derzeit an der Hochschule Niederrhein in Krefeld.
  • Troy – interaktives Diabetes-Spielzeug: Durch Internet-Anbindung wird das interaktive Diabetes-Spielzeug zum aufmerksamen Begleiter für Kinder mit Diabetes. Die Spielfigur visualisiert Blutzucker-Daten kindgerecht, sie motiviert und mahnt.
  • diafyt App – Künstliche Intelligenz berechnet optimale Insulindosis: Messergebnisse und Lebensumstände elektronisch zu loggen ist für viele Menschen mit Typ-1-Diabetes heute bereits selbstverständlich. Der nächste Schritt ist die Entwicklung von Algorithmen unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz, um die korrekte Insulindosis vollautomatisch und sicher zu berechnen. Damit befasst sich das deutsche Start-up diafyt.
  • hedia App – der intelligente Diabetes-Assistent: Der innovative Ansatz der Diabetes-App hedia liegt in der hinterlegten Künstlichen Intelligenz, die nicht nur eine Bolus-Empfehlung abgibt, sondern durch den täglich wachsenden Datenpool die optimale Insulindosis fortlaufend optimiert.
  • Virtual Reality Patiententraining – Heimdialyse virtuell trainieren: Viele Diabetespatienten werden im Laufe der Erkrankung nierenkrank, sodass eine Dialyse notwendig wird. Diese ist oft auch zu Hause möglich, allerdings muss jeder Handgriff sitzen, um sie gefahrlos durchführen zu können. Die praktische Handhabung können Patienten jetzt auch in der Virtual Reality trainieren.

Die BERLIN-CHEMIE AG wird den bytes4diabetes-Award auch in diesem Jahr wieder für 2021 ausschreiben, um Projekte zu identifizieren, die dabei helfen, die Versorgung von Menschen mit Diabetes in Deutschland zu verbessern.

Unser Fazit: Alle eingereichten Projekte zeigen, dass die Digitalisierung in der Diabetologie stetig voranschreitet. Viele der eingereichten Apps befinden sich im Zulassungsverfahren zum Medizinprodukt und in diesem Jahr ist mit einem großen Innovationsschub zu rechnen. Besonders bemerkenswert ist, dass die Förderung nicht nur aus einem Geldpreis besteht, sondern auch Unterstützung in Form von Mentoring und die Option zum Networking anbietet.

DiaTec weekly – Jan 31, 20