Ende Mai 2022 legte ich die für mich neue t-slim X2-Insulinpumpe an und verwendete weiterhin zur Auffüllung des Reservoirs Fiasp, das ich zuvor in meiner Paradigm-IP (Fa. Medtronic) benutzt hatte. Bereits in der Anfangsphase kam es zu wiederholten, unerklärlichen Hyperglykämien tags und nachts. Es bestand kein Fieber, keine Infektionssymptome. Die „Autosoft 90“-Insulinkatheter (Teflon) wechselte ich regelmäßig alle 2(-3) Tage, gelegentlich auch früher. Die Injektionsstellen der Katheter waren immer unauffällig.
Von Woche zu Woche wurde die Stoffwechselsituation immer kritischer. ich befand mich zunehmend in einer Dauer-Hyperglykämie zw. 220 und 300 mg%, öfters über 300, gelegentlich bis 400 mg%. Da ich der neuen Insulinpumpe nicht mehr „traute“, injizierte ich zuletzt über ca. 10 Tage „adjuvant“ insgesamt 300 I.E. Fiasp mit meinem Fiasp-Flex-Touch-Pen bei deutlichen Hyperglykämien – doch auch diese zusätzlichen Injektionen konnten die Hyperglykämien nur eingeschränkt senken!
Am letzten Tag dieser anhaltenden hyperglykämischen Stoffwechsellage wechselte ich von dem o.g. Teflon-Katheter auf den „TruSteel“-Insulinkatheter mit Stahlkanüle. Die Folge war am selben Tag ein 2maliger Occlusions-Alarm mit 2 nacheinander angelegten „TruSteel“-Kathetern! In der letzten Woche traten zunehmend Symptome wie Abgeschlagenheit, schnelle Erschöpflichkeit, Muskelschmerzen und Übelkeit auf.
Aufgrund der ähnlichen Erfahrungen eines anderen Insulinpumpenträgers mit der gleichen Kombi t:slim X2 und Fiasp (s.Anhang!) legte ich nach den beiden Occlusions-Alarmen noch am selben Abend (13. Juni) die t:slim-IP ab und meine „alte“ Paradigm-IP wieder an – das Fiasp behielt ich bei. Daraufhin waren die Hyperglykämien innerhalb eines halben Tages deutlich rückläufig!
Nachdem ich am Folgetag das Fiasp in der t:slim X2-IP durch NovoRapid ausgetauscht und diese wieder angelegt hatte, blieb meine BZ-Einstellung bis zum heutigen Tag (17.Juli 2022) kalkulierbar, und unerklärliche Hyperglykämien traten nicht mehr auf.
P.S. In der über 300-seitigen Gebrauchsanleitung der t:slim X2 habe ich nur auf Seite 86 folgenden Warnhinweis gefunden: „Nur für U-100 Humalog und NovoRapid wurde in Tests die Eignung für die Verwendung mit der Pumpe nachgewiesen.“
Kein für den Anwender auffälliger Warnhinweis, dass Fiasp mit der t.slim-IP möglicherweise inkompatibel ist und dies zu schweren hyperglykämischen Stoffwechselentgleisungen führen kann! Obwohl dies der Firma VitalAire bekannt ist, wie mir die Hotline der Firma bestätigte!
Dr. med. Hanke Wrede
Arzt für Allgemeinmedizin
Hirtenweg 106
38259 Salzgitter
DiaTec weekly – September 9, 22
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Mit freundlichen Grüßen
So leid mir die persönliche Erfahrung des Kollegen aus meiner Nähe tut, so ist es doch leider selbst verschuldet.
Zum einen schrieb der Kollege nichts von einer Schulung durch den Hersteller, wo der Hinweis auf die Insuline immer Bestandteil ist.
Weiterhin ist von jeder medizinischen Fachkraft zu erwarten, dass sie sich über Produkte, die sie verordnet oder selber nutzt, sich informiert. Der Hinweis auf das richtige Insulin findet sich in der Gebrauchsanweisung direkt auf S.22 unter Verwendungszweck. Ebenso auf der Hersteller-Homepage. Weiterhin war es auch in der Vergangenheit schon in der Diskussion eines dieses Newsletters erwähnt.
Und diese vom Kollegen hier geschilderten Erfahrungen sind in dieser Form bereits mehrfach von Kollegen aus den USA öffentlich geschildert worden.
Daher ist der hier geschilderte Fall, so ärgerlich er ist, vollkommen vermeidbar und nicht dem mangelnden Informationsangebot des Herstellers anzulasten.
Daher muss ich an dieser Stelle auch kritisieren, dass diesem so eine große Bühne hier im Newsletter geboten wird.
LG
Jedem Menschen, vor allem aber einem Mediziner, sollte bewusst sein, dass man medizinische Hilfsmittel nur nach eingehender Schulung und/oder Durchsicht der Gebrauchsanweisung/Handbuch nutzen sollte. Die Pumpe wird nur ausgehändigt, wenn schriftlich bestätigt wurde, dass eine Schulung durch geeignetes Personal erfolgt ist. Sollte also, entgegen aller Wahrscheinlichkeit die Pumpe ohne Schulung genutzt werden, liegt die Verantwortung allein beim Nutzer, da dieser dann wohl auf die Schulung verzichtet hat. Sollte in der Schulung nicht erwähnt worden sein, dass eben nur 2 explizit genannte Insuline für die Nutzung zugelassen sind, liegt die Verantwortung bei der schulenden Person. Aber definitiv nicht beim Hersteller der Pumpe!
Zudem muss ich dazu sagen, dass man sich doch vor Anschaffung eines solchen Hilfsmittels ausgiebig mit dem System befasst und eben alle relevanten Informationen zusammensucht. Dazu gehört auch die Information welches Insulin geeignet ist. Selbst mir als Leihe, und lediglich Mutter eines Kindes mit Diabetes Typ1 ist dies bewusst und ich hätte niemals ein Hilfsmittel eingesetzt, bei dem ich nicht alle Details kenne.
Mir ist das auch völlig unverständlich. Sowohl der verordnende Arzt als auch die einweisende Fachkraft müssen wissen, dass die t:slim aufgrund der anderen Reservoirkonstruktion nicht für alle Insuline zugelassen ist. Wenn man sich offenbar selbst offlabel rezeptiert, wäre es zumindest ratsam, die Anleitung zu lesen – mindestens aber, hier nicht den Eindruck zu erwecken, die medizinischen Probleme seien der Pumpe geschuldet.
Können sie erläutern warum die Reservoirkonstruktion das Insulin FIASP ausschließt?
Der Anwender hat es jetzt sehr umfangreich beschrieben und mir tut es auch sehr leid, dass er diese Erfahrung machen musste. Aber hieraus kann man wieder klar ableiten, wie wichtig technische Einweisung und besonders die Schulung ist. Wir wurden sehr intensive von unserem Außendienst von VitalAire,darauf hingewiesen, dass Fiasp und Lyumjev nicht genutzt werden sollen in der tslim ! Dies geben wir auch sehr genau in der Schulung an den Patienten weiter ! Bei Katheterproblemen wenden die Patienten sich an uns, ihr Beratungsteam, und wir überprüfen, ob es Anwendungsprobleme gibt, Wechselintervall, Stellen etc. Und entscheiden dann gemeinsam, ob evtl. ein anderer Katheter probiert wird.
Ich bitte die Patienten natürlich sich auch mit der Gebrauchsanleitung zu beschäftigen, aber das ist nicht die wichtige Schulung !
Leider findet man bei Facebook und Co immer wieder „kluge“ Aussagen darüber was alles geht und das die Diabetologen*innen und Diabetesberater*innen da halt oft zu „vorsichtig“ oder unwissend sind, aber auch Facebook ist keine Schulung, sondern eine zusätzliche Informationsquelle, die Austausch bedeutet, aber auch immer wieder kritisch überprüft werden sollte.
Hatte der Autor/Arzt eine Schulung ?
ich habe seit 40 Jahren Diabetes und trage seit 30 Jahren Insulinpumpe. Bei Diagnosestellung war ich eine junge Frau mit 3 Kleinkindern, 1,3,und 5 Jahre alt, mit einmal Tägl. Monotard und einer Rolle gelber Urinteststreifen wurde ich entlassen. in einer Selbsthilfegruppe sammelte ich Erfahrung, und merkte schnell, dass da noch mehr geht, auf Diabetiker Tagen sammelte ich Informationen. Unterstützung hatte ich von meinem Hausarzt und mein Engagement im Verein DDV brachte mir viele Kontakte. 2 Wochen Schulung in einer Diaklinik und schon hatte ich eine Einstellung auf ein Intensiviertes Insulinprogramm mit Protaphan und Actrapid. und systematische Protokollierung. bald kam meine erste Insulinpumpe H-Tron mit H-Tronin. Alles lief super. Dann hatte ich das ungeheure Glück bei Disetronic in der Kundenbetreuung einzusteigen. dann erschien Lispro auf dem Markt, mein Diabetologe war selbst Pumpenträger nahm mich in die Studie, alles lief super. Humalog in die Pumpe. durch meine Arbeit lernte ich auch andere Pumpen kennen, Dahedi und D-Tron. DieH-Tron wurde auch immer weiterentwickelt, verschiedene neue Katheter. Alles, wirklich alles hat bei mir funktioniert. ich hatte weder mit Kathetern noch mit den neuen Technologien Messsystemen noch mit den Pumpen irgendwelche Einbrüche. natürlich musste ich meine Insulinmengen und Basalraten, BEFaktoren immer wieder neu justieren, habe mir das aber immer selbst erarbeitet, allerdings auch häufig Schulung, Reha Kurkliniken besucht. bis heute, bis zu Ihrem Artikel habe ich gedacht, dass die Empfehlung zu einem bestimmten Insulin in einer bestimmten Pumpe ein Marketing bezw. Werbeaussage ist. ich bin jetzt 74 Jahre alt, trage seit vielen Jahren die Roche Pumpe jetzt Combo, seit einem Jahr mit dem Insulin Lyumjev, mit dem Flexlink, selten mehr als 30 IE tägl.., Basalrate 13,5. Freestyle libre 2. alles läuft super. ich habe einen HbA1c von 6,1 und bin überwiegend mit 82 % im TIR ohne Loop. natürlich informiere ich mich schon über alle Weiterentwicklungen, denn bald ist ja auch ein Pumpenwechsel notwendig. jetzt kommt meine Frage an Sie : Warum hat eine bestimmte Pumpe oder ein bestimmter Katheter Einfluss auf die Insulinwirkung. Warum funktioniert ein Bestimmtes Insulin und einanderes nicht? das verstehe ich nicht. Wer kann mir das erklären? Danke fürs Zuhören und Mitlesen. Elisabeth S.
Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, dass auch Ich nicht vom Schulungspersonal auf diesen Umstand aufmerksam gemacht wurde. Ich nutze Lyumjev. Ich bewerte den Hinweises in der Anleitung als keine explizite Warnung im Sinne der MDR. Ich gehe davon aus, dass der Arzt selbst Patient ist und in Betreuung eines Diabetologen befindet. Der Zulassungsprozess von Tandem und der Verordnungsstelle erlaubt es garnicht anders.
Die Risikominimierung durch schriftliche Hinweise stellt mit Blick auf MDR und ISO 14971 (Risikomanagement) keine ausreichende Risikominimierung dar. Denn offensichtlich wird das Risiko eben nicht „so weit wie möglich“ reduziert. Auch wenn die Schulung durch das Fachpersonal von Tandem als Teil des Risikominimierung angesehen werden würde, so hat es doch im beschriebenen Fall und in meinem eigenen Fall nicht gegriffen und ist damit zumindest teilweise ineffektiv.
Wenn der behandelnde Diabetologe und Schulungspersonal dies nicht berücksichtigen fällt es mir schwer den Fehler bei dem Endanwender zu suchen. Das ist eine veraltete Ansicht, die mal wieder versucht dem Patienten oder Endanwender die Schuld zuzuschieben als würde dieser dies fahrlässig mit seiner Gesundheit umgehen. Wieso sollte er auch die Anleitung lesen wenn er geschult wird? Würde ich für jedes Medizinprodukt die Anleitung durchlesen könnte ich mir ja nichtmal mehr ein Pflaster aufkleben.
Was mich in dem Erfharungsbericht besonders irritiert ist der Umgang der Firma nach Kontakt des Patienten. Für mich stellt der Patientenbericht einen klaren Vigilanzfalls aufgrund eines „unintended mis-use“ mit hoher Sicherheitsrelevanz dar. Dieser gehört, sofern sich der Fall bestätigt, an betreuendes Fachpersonal und Patienten kommuniziert. Das Risiko müsste dann neu bewertet werden. So zumindest meine Meinung als Risikomanager in der Medizin-Geräte Branche.
Nochmal ein anderer Punkt: Häufig werden Risiken von den behandelnden Ärzten wissentlich akzeptiert wenn die Vorteile insgesamt als Vorteilhaft bewertet werden. So auch behandelnde Diabetologen, die Ihre Patienten mit DIY System betreuen. Eventuell wurde in diesem Fall das Risiko aktiv hingenommen? Der Erfahrungsbericht und der Abdruck in dem Newsletter kann jetzt aber behandelnden Ärzten helfen im Falle von Fiasp aufmerksamer zu werden. In diesem Sinne besten Dank!
Wer bis zum Mai 2022 – noch dazu als HCP – nicht mitbekommen hat, dass Fiasp in der t:slim bei Nutzungsdauer von zwei oder mehr Tagen im Reservoir eine Kontraindikation ist hat einiges verpasst.
Oder informiert sich halt nicht vor der Nutzung des Systems in voller Breite, auch online in Nutzerforen.
Wer über Tage ansteigende Werte bei Symptomen einer Ketoazidose nicht als Anlass zur Sorge wahrnimmt – zumal ja bei Reservoirwechsel erstmal „trotz Fiasp“ kein Problem vorliegen dürfte – erschließt nicht die möglichen Zusammenhänge.
Die Anleitung gibt darüberhinaus Aufschluss über zugelassene Insuline. Und wenn ich entgegen der zugelassen Möglichkeiten agiere muss ich doch besonders umsichtig sein. Als Nutzer und als Arzt.
Dass dieser meiner Meinung nach einseitig anklagenden Schrift dann hier auch noch ein Plenum geboten wird verstehe ich nicht 🤔
Absolut vermeidbare Erfahrung.
Alternativen sind ja gegeben.
Was ich nicht verstehe ist, dass Energie aufgewendet wird um dazulegen, dass keine öffentliche Diskussion geführt werden soll.
a) Als Anwender bin ich sehr sehr dankbar über solche Erfahrungsberichte
b) die Warnhinweise sind sehr uneindeutig. Es wird von Stoffwechselproblemen bei veränderter Konzentration gesprochen – aber FIASP ist auch ein U100 Insulin.
Und wie der Betrag 4 erwähnte, war ein Umstieg bei der sehr alten Accu Chek Combo von Humalog/NovoRapid auf FIASP problemlos möglich bei gleichem Equipment.
Wenn überhaupt hätte ich ein Problem mit der t:slim Software vermutet, die speziell nicht mit ultrawirksame Insulinen umgehen kann.
Aber hier deutet sich ja ein anderes Problem an. Wie Beitrag 4 würde mich der Grund auch interessieren.