Teilgenommen haben insgesamt 24 internationale CGM- und AID-Experten, aus Deutschland dabei waren Guido Freckmann und Lutz Heinemann. Nach intensiver Diskussion der verschiedenen relevanten Aspekte wurden die Aussagen in einer Art Leitlinien-Publikation, die immerhin 30 Seiten (!) beträgt, in der US-Fachzeitschrift Journal of Diabetes Science and Technology unter der Headline “Continuous Glucose Monitors and Automated Insulin Dosing Systems in the Hospital Consensus Guideline” publiziert.
Die Leitlinien behandeln insgesamt fünf Themenkomplexe:
- Weiterführung von CGM nach dem Aufenthalt im Krankenhaus
- Start der Nutzung von CGMs im Krankenhaus
- Fortführung der Nutzung von AID-Systemen im Krankenhaus
- Logistik und praktischer Einsatz von CGM-Systemen sowie AID-Systemen bei Patienten im Krankenhaus
- Daten-Management bei CGM- und AID-Systemen im Krankenhaus
Basierend auf einer Durchsicht der Literatur haben die Panelteilnehmer drei Arten von insgesamt 78 Empfehlungen für jedes Thema aufgesetzt, die sich an verschiedene Gruppen richten: (i) für die klinische Praxis, (ii) für die Forschung und (iii) die Gesundheits-/Krankenhauspolitik. Die Panelteilnehmer haben über die Wichtigkeit der Empfehlungen abgestimmt. Erhielten die Empfehlungen ≥80% aller Stimmen, werden sie als „starke“ Empfehlungen bezeichnet, während diejenigen, die 60-79% der Stimmen erhielten, als „schwächere“ Empfehlungen bezeichnet werden. Bei weniger als 60% der Stimmen werden die Empfehlungen damit nicht als „Konsens-würdig“ bezeichnet und haben sich nicht für die Empfehlungen des Gremiums qualifiziert.
Hauptaussage ist die Forderung nach mehr Forschung zum Einsatz von CGM- und AID-Systemen im Krankenhaus, insbesondere hinsichtlich der Genauigkeit der Glucosemessung der Systeme, den Einsatzpraktiken, des Datenmanagements und des erreichbaren Outcomes. Das Experten-Gremium ist der Ansicht, dass die aktuell verfügbaren CGM-Systeme die kapilläre Blutglukosemessung im Krankenhaus durchaus generell ersetzen können. Dabei war – was kein Wunder ist – die Haltung der Experten zum Einsatz von CGM- und AID-Systemen im Allgemeinen positiv, denn sie sind davon überzeugt, dass CGM-Systeme in einer Vielzahl von Situationen bei Patienten im Krankenhaus eingesetzt werden können.
Dem entgegen steht, dass die Nutzung von CGM- und AID-Systemen möglicherweise eine erhöhte Belastung für die Mitarbeiter im Krankenhaus bedeuten kann. Bei Patienten mit Ketoazidosen oder schweren Hypoglykämien sollte man sich nicht alleine auf die CGM-Daten verlassen, sondern parallel die bewährte Blutglukosemessung verwenden.
Darüber hinaus betonten die Podiumsteilnehmer die Notwendigkeit von klaren Prozessen für die Aufnahme von Patienten, die bereits ein CGM- und AID-System benutzen und dies natürlich auch während ihres Aufenthalts im Krankenhaus weiterhin tun wollen. Dafür müssen klare Kriterien entwickelt werden, insbesondere für Situationen, in denen eine klinische Indikation für Intervention erfolgt. Als ausgesprochen wichtig betrachtet wird auch die Entwicklung von innovativen und sicheren Datenintegrationsplattformen, um die CGM-Daten in die Datenbanken der Krankenhäuser aufzunehmen, denn nur ein Register liefert belastbare Aussagen zur Sicherheit und Sinnhaftigkeit des Einsatzes von CGM im Krankenhaus. Dabei geht es um Fragen wie:
- Verbessert die Verfügbarkeit und Nutzung von CGM-Daten die Patientenbetreuung und das Behandlungsergebnis?
- Welche Medikamente interferieren mit der CGM-Messung? Welchen Einfluss haben (rasche) Flüssigkeitsverschiebungen im Körper auf die Messwerte?
- Welche Ergebnisse sind im Krankenhaus von Bedeutung? TiR? Liegedauer?
- Wie steht es mit Aufwand, Verfügbarkeit von Schulungsmaterial und Kosten?
- Kann / muss der Patient sein Einverständnis geben (bedingt durch seine aktuelle Erkrankungssituation)?
Fazit: Ob und wann die Nutzung von CGM-Systemen im Krankenhaus zum Standard der Versorgung wird, bleibt aber abzuwarten, denn die größte Hürde ist bislang die mangelnde Qualitätssicherung. Insgesamt also nicht nur ein spannendes, sondern auch ein wirklich relevantes Thema. Wir bleiben dran!
DiaTec weekly – Oktober 16, 20
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