Bigfoot Biomedical ist ein Unternehmen, das die Diabetesversorgung für Menschen mit insulinbedürftigem Diabetes durch die Entwicklung einer umfassenden digitalen Plattform für die Arzneimittelabgabe verändern möchte. Einer der Gründer von Bigfoot ist Lane Desborough, er hat nun eine neue Firma mit dem Namen Nudge BG gegründet. Der Begriff „Nudge“ bezieht sich auf ein Buch von Richard H. Thaler (Wirtschaftswissenschaftlers der Universität Chicago) und Cass R. Sunstein (Professors an der Harvard Law School), das erstmals 2008 veröffentlicht wurde, es geht in dem Buch um Verbesserungen bei Entscheidungen über Gesundheit, Wohlstand und Glück. Ziel dieses neuen Start-Ups ist deshalb die Entwicklung eines einfacheren Algorithmus für AID-Systeme.
Eine wichtige Motivation für Lane Desborough war und ist die Diabetes-Diagnose bei seinem Sohn im Jahr 2009. Lane Desborough war maßgeblich beteiligt an der DIY AID-Bewegung, die Nightscout im Jahr 2013 ins Leben gerufen hat. Nach seiner Zeit bei Bigfoot konzentrierte sich Lane wieder mehr auf Algorithmen für eine breitere Gruppe von Nutzern mit dem Schwerpunkt auf deren Implementierung im gesamten Ökosystem, das für die Diabetestherapie notwendig ist. Dafür müssen alle Komponenten eine ausreichende Interoperabilität aufweisen.
Die Idee von Lane ist nun, einen Algorithmus zu entwickeln, der – ähnlich wie bei Notebooks der Mikroprozessor („Intel Inside“) – in ganz verschiedenen AID-Systemen zum Einsatz kommt. Nach Ansicht von Lane brauchen die bei DIY AID-Systemen verwendeten Algorithmen zu viel Input vom Nutzer (Input, der mehr für die Diabetes-Profis machbar ist) und zu viel Aufmerksamkeit im Alltag. Der neue Algorithmus soll auch für Patienten nutzbar sein, die keine Insulinpumpe verwenden. Das Prinzip dabei ist – vergleichbar mit dem Ansatz von Abbott beim FreeStyle Libre: „Einfacher ist besser“. Ein weiteres Prinzip lautet, es dem Nutzer zu überlassen, welches Maß an Engagement er aufbringen will. Der Algorithmus von Nudge BG soll gleichzeitig einen vollständig geschlossenen Regelkreis ermöglichen, der von der FDA eine Freigabe als interoperabler „iController“ bekommt. Dieser soll keine Eingabe des Nutzers bei Mahlzeiten oder körperlicher Bewegung benötigen, wie dies bei aktuellen AID-Systemen der Fall ist.
Bisher wurde dieser neue Algorithmus nur in-silico getestet, d.h. im Computer, was allerdings eine von der FDA vollständig akzeptierte Herangehensweise ist, die auch bei kommerziellen AID-Systemen vielfach zum Einsatz gekommen ist und weiterhin viel genutzt wird. Der Nudge-Algorithmus kann so an „Hunderttausenden Patiententagen“ getestet werden, ohne dass ein Patient einem Risiko ausgesetzt wird. Die in-silico-Daten sprechen dafür, dass mit diesem Algorithmus eine beachtliche Verbesserung bei der Glucosekontrolle möglich sind, sowohl bei engagierten Nutzern, deren Hb A1c von 7% auf 6% reduziert wurde, als auch bei – vielleicht noch wichtiger – weniger engagierten Nutzern, den HbA1c von >8% in den 7%-Bereich“ zu bringen. Nudge BG arbeitet bereits mit einer Reihe von Firmen im AID-Bereich zusammen, um dieses Ziel („Intel Inside“) wahr werden zu lassen.
Fazit: Es gibt ihn also immer noch, diesen Spirit von Firmengründern hier in Kalifornien. Ja, es ist auch das Gesamtlebensgefühl und die Bereitschaft, auch mal „verrückte“ Dinge zu machen, was hier einfach ausgeprägter ist als in Deutschland. Lanes Erfahrungen (er war früher in leitender Funktion bei Medtronic angestellt) und seine vielfältigen Kontakte in die verschiedenen Forschungsabteilungen von Unternehmen sowie Regulierungsbehörden werden dabei vermutlich sehr hilfreich dabei sein. Ob Lane Desborough tatsächlich die AID-Welt völlig verändern wird bleibt abzuwarten, aber vielleicht ist diese Aussage auch schon wieder eine typisch deutsche „Bedenkenträgererei“…
DiaTec weekly – Mai 23, 20
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