Zur Erinnerung: Das iLet Bionic Pancreas-System verwendet eine Insulinpumpe mit sichtbarem Katheter, hat ungefähr die Größe einer Kreditkarte und nutzt ein Dexcom G6-CGM-System und ein Smartphone oder ein Handheld. Das System erfordert nur minimale Eingaben wie eine Angabe zum Gewicht, wenn man das Gerät zum ersten Mal einschaltet. Außerdem müssen keine konkreten Abschätzungen des Kohlenhydratgehaltes von Mahlzeiten gemacht werden, es reichen grobe Einstellungen für das Glukoseziel (normal, niedriger oder höher), für die Art der Mahlzeit (Frühstück, Mittag- oder Abendessen) und deren Größe (normal, weniger oder mehr).
An der Studie haben 440 Patienten (165 Kinder / Jugendliche und 275 Erwachsene) teilgenommen. Zu Beginn der Studie verwendeten bereits 88% der Teilnehmer ein CGM-System und 31% ein AID-System. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in eine von drei verschiedenen Behandlungsgruppen eingeteilt: Gruppe 1 setzte die Standard-Insulinverabreichungsmethode fort, Gruppe 2 verwendete Humalog- und Novolog-Insulin und Gruppe 3 verwendeten ein ultraraschwirkendes Insulin (Fiasp, nur erwachsene Teilnehmer)
Im Vergleich zu Teilnehmern, die ihre Standard-Insulinverabreichungsmethode fortsetzten, sank bei den Erwachsenen, die das AID-System mit Humalog und Novolog nutzten, der HbA1c-Wert nach 13 Wochen um im Mittel 0,5% ab, im Vergleich zu 0,1% bei denjenigen in der Kontrollgruppe. Bei 43% dieser Teilnehmer sank der HbA1c um >0,5% und bei 23% um >1,0%. Bereits nach einem Tag Nutzung dieses AID-Systems wurde eine Verbesserung der TiR (Time in Range) um im Mittel 11% beobachtet. In der Erwachsenengruppe, die Fiasp verwendeten, waren die Ergebnisse fast identisch mit der anderen Erwachsenengruppe. Der einzige relevante Unterschied bestand darin, dass die Zahl der Teilnehmer, die eine TiR von >70% erreichten, geringfügig zunahm (58% mit Fiasp und 47% mit Humalog/Novolog).
Bei den jugendlichen Teilnehmern waren die Ergebnisse ähnlich: Diejenigen mit iLet erreichten eine mittlere Senkung des HbA1c-Wertes um 0,5%, während in der Gruppe mit Standardbehandlung keine Verbesserung eintrat. Wie in anderen Studien auch hatten diejenigen, die die Studie mit einem höheren HbA1c-Wert begannen, die größten Verbesserungen. Selbst im Vergleich zu Teilnehmern, die bereits vor Studienbeginn ein AID-System verwendeten, wurden signifikante Verbesserungen beim HbA1c und der TiR beobachtet. Es traten auch nur wenige schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auf.
Die hier vorgestellte Version des iLet Bionic Pancreas verwendet nur Insulin, nicht auch Glucagon, ist damit also kein bi-hormonelles System. Dieser weiterführende Ansatz wäre in Hinsicht auf eine Marktzulassung deutlich komplexer und langwieriger gewesen. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Aussagen und Forderungen einer führenden Diabetologin und Fachfrau für AID-Systeme Jennifer Sherr in einem begleitenden Editorial. AID-Systeme bieten einen „physiologischen Ansatz für das Diabetesmanagement“ und obwohl auch dies hier untersuchte AID-System keinen vollständig geschlossenen Kreislauf bietet, erlaubt die Einfachheit der Nutzung dieses Systems den klinischen Einsatz bei einer breiten Gruppe von Menschen mit Typ-1-Diabetes. Mrs. Sherr schließt ihren Leitartikel mit der Feststellung, dass der Zugang zu AID-Systemen entscheidend für eine breite Akzeptanz ist. Vorurteile darüber, wer ein „idealer“ Kandidat für AID-Systeme ist, sollten abgebaut werden.
Fazit: Ob und in welchem Ausmaß die nun in absehbarer Zeit wohl anstehende Einführung eines weiteren AID-Systems in den USA einen Einfluss auf die deutsche Situation haben wird, bleibt abzuwarten, noch gibt es wohl keine Pläne für eine Zulassung in Europa. In Anbetracht der recht beachtlichen Konkurrenzsituation und der nicht wirklich besseren Ergebnisse im Vergleich zu anderen AID-Systemen stehen die Chancen für die „Boston Boys“ nicht besonders gut. Es bleibt zu hoffen, dass der anstehende erste Schritt es ihnen ermöglicht die Entwicklung ihres bi-hormonellen AID-Systems weiter voranzutreiben und damit erfolgreich zu sein. Beta Bionics hat einen neuen CEO, eine solch wichtige Publikation (mit Editorial) erzeugt massives Interesse an diesem Unternehmen. Mal schauen, ob sie versuchen werden, allein Erfolg zu haben oder ob sie sich mit einem anderen Hersteller zusammentun.
DiaTec weekly – Dezember 9, 22
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