Es gibt tatsächlich noch akademische Zentren, die eigenständig und intensiv an der Entwicklung von neuen Insulinen arbeiten. So berichtete Prof. Dr. Michael Weiss, ein Biochemiker von der Universität in Indianapolis in Indiana, beim DTM von seinen Arbeiten an thermostabilen Insulinen, die bei Raumtemperatur gelagert werden können, ohne dass es zu Einbußen an biologischer Wirkung kommt. Natürlich hat Prof. Weiss auch gleich eine Firma passenden Namen „Thermalin“ gegründet.

Er erläuterte zunächst, woran er genau arbeitet, dies sind:

  1. Ultra-stabile und ultra-konzentrierte (U-500 bis U-1000) rasch-wirkende Insulinanaloga für miniaturisierte Insulinpumpen
  2. Ultra-wärmestabile Basalanaloga für die Nutzung in Entwicklungsländern
  3. Ultra-potente Insulinanaloga zur Senkung der Kosten von Insulinformulierungen
  4. „Smarte“ Insulinanaloga, die in passender Relation zur Glukosekonzentration im Körper aus einem Depot freigesetzt werden (… und damit AID-Systeme überflüssig machen würden).

Mit der Entwicklung einer Insulinpumpe in Briefmarkengröße („StampPump“) soll auch eine neue Option zur Insulintherapie zur Verfügung stehen. Dabei soll diese vorgefüllte und mit einer stabilen Insulinlösung gefüllte Patch-Pumpe über sieben Tage hinweg genutzt werden können, durch Anbindung an ein CGM-System soll perspektivisch auch der Einsatz bei AID-Systemen möglich sein. Die geringe Größe der Pumpe ist jedoch nur dann möglich, wenn ein hochkonzentriertes Insulin (U500 oder U1000) verwendet wird.

Als eigenständiges Produkt für die kleine Insulinpumpe entwickelt Thermalin neuartige Insuline, die nur eine Aminosäurenkette aufweisen. Insulin besteht üblicherweise aus zwei Aminosäurenketten, die miteinander verbunden sind. Durch eine weitere Verknüpfung der Enden der beiden Ketten wird ein ein-kettiges Insulin erreicht. In präklinischen Studien weisen diese Insuline eine ausgeprägte Thermostabilität auf, die sich über ein Jahr hält; allerdings haben sie bei subkutaner Verabreichung in Tiermodellen keine ultraschnelle Wirkung gezeigt.

Bei Änderungen in der Aminosäurenstruktur von zweikettigem Insulin liegt die Herausforderung darin, eine stabile und hochkonzentrierte Formulierung zu erreichen, ohne dass es zur Bildung von Hexameren und Dimeren kommt. In euglykämischen Glukose-Clamp-Studien mit Schweinen zeigten diese zweikettigen U500-Insulinformulierungen Wirkungsprofile, die mit Fiasp vergleichbar sind.

Unser Fazit: All diese Ziele klingen ausgesprochen attraktiv! Allerdings sind die realen Fortschritte, die Thermalin in den letzten Jahren gemacht hat, nicht so recht einschätzbar. Aufwand und Kosten für solche Entwicklungen sind nun mal dermaßen hoch, dass nach unserer Einschätzung die notwendigen und größeren klinischen Studien de facto ohne einen „großen Bruder“ nicht möglich sind.

DiaTec weekly – Dec 6, 19