In einer US-Fachzeitschrift wurde aktuell ein Vergleich der mit CGM gemessenen „Time-in-Range“ (TiR; definiert als 70-180 mg/dL) mit der „Time-in-Tight-Range“ (TiTR; definiert als 70-140 mg/dL) publiziert [1]. Ziel war es, die Beziehung zwischen der TiR und der TiTR zu untersuchen. Dafür wurden diese Parameter aus CGM-Daten berechnet, die mit verblindeten oder unverblindeten CGM-Systemen von Dexcom in neun Studien (unter anderem war die HypoDE-Studie aus Deutschland dabei) mit 912 Teilnehmern mit Typ-1-Diabetes (T1D) und zwei Studien mit 184 Teilnehmern mit Typ-2-Diabetes (T2D) registriert wurden. Die TiR:TiTR-Beziehung wurde insgesamt bewertet und stratifiziert nach Variationskoeffizient (CV) und nach der Zeit unterhalb des Bereich von <70 mg/dL (TBR) für:
- Teilnehmer mit T1D, die ein AID-System verwenden,
- Teilnehmer mit T1D, die kein AID-System verwenden und
- Teilnehmer mit T2D, die kein AID-System verwenden
(keine Teilnehmer mit T2D verwendeten ein AID-System).
Wie nicht anders zu erwarten, gibt es eine starke positive Korrelation zwischen TiR und TiTR – sie betrug 0,94, eine TiR von 70% entspricht einer TiTR von 45%. Die TiTR war bei einer bestimmten TiR für Patienten mit T2D höher als für diejenigen mit T1D. Nach Korrektur für Unterschiede in CV oder TBR, die beide bei Patienten mit T1D höher waren als bei denjenigen mit T2D, waren die Unterschiede allerdings minimal.
Die Beziehung zwischen TiR und TiTR war nichtlinear, wobei mit steigender TiR ein höheres Verhältnis von TiTR zu TiR beobachtet wurde, das von 0,42 bei einer TiR von 20% bis 0,66 bei einer TiR von 80% reichte. Ebenso nahm das Verhältnis TiR:TiTR mit steigendem TiTR ab und reichte von 2,6 bei einem TiTR von 10% bis 1,3 bei einem TiTR von 70%. Das Verhältnis zwischen TiR und TiTR variierte je nach CV und TBR, d. h. je höher der CV oder je höher der TBR, desto größer war der TiTR bei einem bestimmten TiR.
Fazit: Bei einer von den ATTD-Organisatoren organisierten Diskussion zu dieser Publikation (die öffentlich zugänglich ist) veranschaulichte Richard Bergenstal die klinischen Anwendungen von TiTR mit einem klassischen Bild der AGP-TiR und stellt dann eine modifizierte Version davon vor, bei der die TiTR durch ein (willkürliches) Ziel ersetzt wird: >50% für TiTR und eine erweiterte Zeit oberhalb dieses Zielbereiches. Er sprach an, dass die TiTR ein Mehr an Komplexität für Patienten und medizinisches Fachpersonal mit sich bringt. Anschließend wurde intensiv diskutiert, ob die TiTR ein besserer Prädiktor für Komplikationen sein könnte als die TiR. Das „Bauchgefühl“ von Roy Beck, dem Autor der hier besprochenen Studie, besagt, dass die TiTR wahrscheinlich nicht effektiver ist, da die beiden Messgrößen stark korreliert sind. Darüber hinaus betonte er, dass das Risiko für Komplikationen bei denjenigen, die in der DCCT-Studie einen HbA1c-Wert von 7% aufwiesen, weitgehend gleichblieb.
Beck merkte zudem an, dass Glucosewerte zwischen 140 und 180 mg/dL nicht signifikant zum Komplikationsrisiko beitragen, aktuell läuft dazu wohl eine Computersimulationsstudie in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe von Boris Kovatchev. Der US-Diabetologe Viral Shah aus Denver schlug vor, mikrovaskuläre und makrovaskuläre Komplikationen innerhalb dieser Analyse zu trennen, um zu klären, ob die TiTR und die TiR mit dem Risiko für bestimmte Komplikationen zusammenhängen. Ein weiterer bekannter US-Diabetologe, Satish Garg stellte die Frage, ob es vorteilhaft wäre, den empfohlenen glykämischen Bereich für die Schwangerschaft zu überarbeiten, um ihn an die TiTR anzupassen – dieser Zielbereich liegt aktuell bei 63-140 mg/dL. John Pemberton aus UK schließlich äußerte Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von TiTR auf das Hypoglykämierisiko und den täglichen Handhabungsaufwand. Seiner Ansicht nach kann der Fokus auf TiTR das Hypoglykämierisiko erhöhen und eine zusätzliche Belastung darstellen., TiTR ist für diejenigen, die dieses Ziel mit ihrer Diabetestherapie gut erreichen, positiv, möglicherweise ist es aber nicht für jeden gut.
- Beck RW, Raghinaru D, Calhoun P, Bergenstal RM. A Comparison of Continuous Glucose Monitoring-Measured Time-in-Range 70-180 mg/dL Versus Time-in-Tight-Range 70-140 mg/dL. Diabetes Technol Ther. 2023. Epub 20231013. doi: 10.1089/dia.2023.0380. PubMed PMID: 37870460.
diatec weekly – November 10, 23
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