Genau wie die Aufrechterhaltung eines normalen Blutzuckerspiegels sind Menstruationszyklen das Ergebnis einer komplizierten Reihe von Hormonsignalen. Frauen mit Diabetes haben häufig längere Zyklen, stärkere Blutungsphasen und mehr Menstruationsbeschwerden als stoffwechselgesunde Frauen. Deshalb sollte der Menstruationszyklus auch als ‚fünftes Vitalzeichen‘ gelten, nach Blutdruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz und Temperatur.
Bei den meisten Frauen – ob mit oder ohne Diabetes – tritt die monatliche Periode alle 21 bis 35 Tage auf und dauern zwei bis sieben Tage. Abgesehen davon, dass die Periode bei jeder Frau anders ist, können die Zyklen uneinheitlich sein, insbesondere zu Beginn des Menstruationszyklus und wenn sie sich der Menopause nähert.
Frauen mit Diabetes haben häufig ein höheres Risiko für Menstruationsstörungen, dazu gehören beispielweise, dass es keinen Eisprung gibt (Anovulation). Auch unregelmäßige Perioden (mit mehr als drei Monaten Pause) oder die Zeit vor der Menopause gehören zu den Störungen. Der Grund dafür ist, dass ein paar Tage vor der Regelblutung der Östrogen- und Progesteronspiegel ansteigen, was bei vielen Mädchen und Frauen zu höheren Glucoseverläufen führt. Frauen, die unter dem so genannten prämenstruellem Syndrom leiden, haben wegen der starken hormonellen Schwankungen kurz vor der Periode oft einen besonders ausgeprägten „Rollercoaster“ in ihren Glucoseverlauf, während andere Frauen ein oder zwei Wochen vor Beginn der Periode Heißhunger auf bestimmte Nahrungsmittel haben, was dann zu hohen Glucosewerten führt. Auch untergewichtige Frauen mit Typ-1-Diabetes können unregelmäßige oder starke Perioden haben, die fünf bis sieben Tage andauern oder mehrmals in einem Zyklus auftreten. All dies sollte unbedingt mit dem Diabetes-Team besprochen werden.
Neben Diabetes gibt es natürlich auch andere Ursachen für Menstruationsstörungen, dazu gehören die Schwangerschaft, die Stillzeit, Gewichtszu- oder -abnahme, aber auch andere Gesundheitszustände können dazu führen, dass der Körper den Eisprung stoppt und keine Periode bekommt. Jüngere Frauen mit Typ-2-Diabetes leiden häufiger an Fettleibigkeit, was häufig mit dem polyzystischen Ovarialsyndrom einhergeht. Auch hier ist ein häufiges Symptom die unregelmäßige Periode, was zu Problemen mit der Empfängnis führen kann.
Umgekehrt kann die Menstruation auch den Blutzucker beeinflussen. Kurz bevor die Periode kommt, schnellt plötzlich Blutzucker in die Höhe oder der Körper hat Heißhunger nach bestimmten Nahrungsmitteln. Wird eine Insulinpumpe verwendet, muss eventuell die Basalraten zwei bis drei Tage vor Beginn der Periode erhöht werden, um höhere Blutzuckerwerte abzudecken. Manchmal der Blutzucker zu Beginn der Periode auch niedriger als normalerweise, dann sollte der Basalbedarf an Insulin für ein bis zwei Tage gesenkt werden.
Wer Schwierigkeiten hat, in ihrem monatlichen Zyklus einen stabilen Glucosespiegel aufrechtzuerhalten, sollte eine Zeit lang ein Menstruationstagebuch führen. Dazu gibt es entsprechende Apps, man kann aber auch Stift und Papier verwenden, um Trends zu notieren und diese dem Menstruationszyklus zuordnen. Wenn dann nach drei Monaten Tracking die Glucoseverläufe nicht in vorhersehbaren Intervallen auftreten, sollte dies unbedingt mit dem Diabetes-Team besprochen werden.
Fazit: Wir wissen insgesamt immer noch viel weniger über die weibliche Biologie als über die männliche und noch immer sind Frauen in klinischen Studien unterrepräsentiert. Das hat zur Folge, dass der weibliche Körper und seine Erkrankungen so behandelt werden, als wären sie biologisch männlich, was zu Fehldiagnosen, falscher Behandlung oder gar keiner Diagnose führen kann. So ist bislang wenig oder gar nicht untersucht worden, wie sich die AID-Systeme auf die monatlichen Schwankungen im Hormonhaushalt einer Frau einstellen.
Die gute Nachricht ist jedoch: Je enger der Glucoseverlauf im Zielbereich gehalten werden kann, umso leichter wird der Körper einer Frau auch mit den Schwankungen bei den anderen Hormonen fertig.
DiaTec weekly – Juni 2, 23
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