Ein Mitarbeiter der amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat in einer der Fachzeitschriften der US-Mediziner einen Kommentar publiziert und damit eine gewisse Aufmerksamkeit erzielt: Tomes M. Identification and Market Removal of Risky Medical Devices, JAMA Internal Medicine 180:1426-1427, 2020). Es geht dabei um das mühsame Thema der Erfassung von „unerwünschten Ereignissen“ bei Medizinprodukten. Nicht nur in den USA, sondern auch bei uns in Deutschland ist hiermit ein massives „Under reporting“ verbunden, denn vermutlich wird nur ein Bruchteil der in Wirklichkeit auftretenden Ereignisse bei den entsprechenden Behörden gemeldet – in Deutschland ist dies die BfArM.
Nun sucht die zuständige Abteilung innerhalb der FDA schon lange nach besseren Wegen, um Daten hierzu nach dem Inverkehrbringen von Medizinprodukten zu erfassen, was zu einem effektiven Erkennen von „Signalen“ führt, d.h. der Identifikation von Problemen, die bei definierten Medizinprodukten gehäuft auftreten. In den USA werden solche Ereignisse in einer Datenbank mit dem Namen MAUDE (Manufacturer and User Facility Device Experience) erfasst“, wobei nicht klar definiert ist, wer was in die Datenbank eingeben kann. Manche Firmen berichten ganz viele Ereignisse, andere Firmen wiederum, die möglicherweise einen wesentlich größeren Marktanteil haben, deutlich weniger. Pro Tag gehen ca. 3.500 solcher Reports in der Datenbank ein. Dies führt dazu, dass in dieser Datenbank jährlich auch Tausende von Berichten zu unerwünschten Ereignissen bei Diabetes-Technologie-Produkten erfasst werden. Eine sinnvolle Auswertung ist aber nur sehr bedingt möglich ist.
Im Vergleich zu Arzneimitteln erkennt man, dass die FDA erfolgreich ein entsprechendes Erfassungs- und Auswertungs-System dafür etabliert hat: das Sentinel-System. Hier wird eine Kombination aus Meldungen und elektronischen Patientendaten verwendet. Im Gegensatz zu der MAUDE-Datenbank sind die Daten in diesem System allerdings nicht öffentlich zugänglich, und die Wartezeit für Datenanfragen kann mehrere Monate betragen. Das Erkennen von unerwünschten Ereignissen ist bei Arzneimittel auch deshalb leichter, da in den USA der Nationale Arzneimittelkodex ein Medikament eindeutig identifiziert, so dass es direkt mit dem Bericht verknüpft werden kann.
Im Gegensatz dazu wiesen im Jahr 2019 weniger als 2% der 1,3 Millionen Berichte über unerwünschte Ereignisse bei Medizinprodukten eine eindeutige Gerätekennung (Unique Device Identifier, UDI). Es ist also schwierig, Berichte einen bestimmten Medizinprodukt zuzuordnen, auch weil es noch verschiedene Gerätegenrationen und -versionen gibt, was die Zuordnung zusätzlich erschwert. Außerdem wird die UDI von der FDA oft ganz oder teilweise geschwärzt, weil es für die Behörde schwierig ist festzustellen, was aus Datenschutzgründen zu schützende Gesundheitsinformationen sind. Eigentlich würde es reichen, nur die Seriennummer des Medizinproduktes zu schwärzen. Wenn diese nicht verfügbar ist, wird die Überwachung der Medizinprodukte nach dem Inverkehrbringen schwierig, da sämtliche Methoden, auch die von Regierungsbehörden, Krankenhäusern, Geräteregistern und Versicherungsgesellschaften etc. entwickelt wurden, sich auf die UDI stützen. Erst wenn die FDA es schafft, dass bei jedem Bericht über unerwünschte Ereignisse die UDI gelistet wird, hat sie eine Chance zu erkennen, ob Patienten Medizinprodukte erhalten, bei denen Probleme vorliegen. Eine weitere Option wäre, wenn die FDA entsprechende Berichte direkt von den Ärzten erhalten würde und nicht wie bisher, wo fast alle Berichte zunächst beim Hersteller eingereicht werden.
Fazit: Ob sich in Europa etwas an der Situation beim Reporting von unerwünschten Ereignissen durch die Einführung der neuen Medical Device Regulation (MDR) ändert, bleibt abzuwarten. Bedingt durch die COVID-Pandemie wurde das Datum, zu dem diese Gültigkeit bekommt, vom Sommer dieses Jahres auf das nächste Jahr verschoben.
DiaTec weekly – November 13, 20
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