Herzlich willkommen beim diatec weekly,

keine Sorge, dies soll jetzt kein kulinarischer Newsletter werden, obwohl das auch spannend wäre. Außerdem ist Ihnen sicherlich längst die Doppeldeutigkeit bei der Überschrift aufgefallen.

Es geht uns mit unseren heutigen Freitagsgedanken viel mehr darum, wie wir uns auf die aktuelle politische Lage einstellen können und wie wir die Balance in diesen Krisenzeiten behalten oder auch wiederfinden, denn es ist angerichtet. Das Auseinanderbrechen der Ampelregierung und die neuen politischen Verhältnisse hier in USA tragen nicht dazu bei, dass wir uns entspannt zurücklegen können und weitermachen wie immer, nach dem Motto: „Ett hätt ja noch immer jut jegange“ (Hochdeutsch: Alles wird gut)!

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass die Frage nach der allgemeinen Lebenssituation und dem eigenen Befinden von den meisten Menschen positiv beantwortet wird: Ja, das eigene Leben ist gut, die eigene wirtschaftliche Situation ebenfalls, so der Glücksatlas 2024. Etwas differenzierter wird es bei der Frage nach den Erwartungen für die Zukunft: Die meisten Menschen wünschen sich Fortschritt, Sicherheit und Orientierung, getriggert durch eine Mischung aus Hoffnung, Sorge und dem Streben nach Lösungen. Tatsache ist aber: Der Bruch der Ampelkoalition, ein zweites Trump’sches Amerika und das Gefühl, in Deutschland abgehängt zu sein von den globalen wirtschaftlichen Entwicklungen, die unser Land doch über so viele Jahre begünstigt haben, all das gibt Anlass zur Sorge.

Wie lösen wir die Spannungen auf, die damit einhergehen? Wie finden wir zurück in unsere Balance? Allgemeine Tipps gibt es zuhauf und von allen Seiten: Von der Einschränkung des Medienkonsums über Achtsamkeit bis hin zu kreativen Hobbys und täglichen Spaziergängen ist ein ganzer Baukasten dabei. Ob aber Meditation, Yoga oder bewusstes Atmen für ein entspanntes Weiterleben sorgen wird? Wir können die Welt ja nicht ausblenden oder nach Neuseeland ziehen, jedenfalls gilt das für die meisten von uns. Wie also finden wir den Ausgang durch das Dickicht der unberechenbaren Wege? Wie schaffen wir es, trotz aller Hiobsbotschaften entspannt zu bleiben und zuversichtlich in die Zukunft zu blicken?

Leider steht uns evolutionshistorisch im Wege, dass wir auf einen Negativ-Bias konditioniert sind. Dieser Mechanismus hat tiefe Wurzeln in unserer Entwicklungsgeschichte und diente ursprünglich unserem Überleben, als es wichtiger war, den Säbelzahntiger oder eine tödliche Schlange wahrzunehmen als sich an einem schönen Sonnenuntergang zu erfreuen. Auch hatten diejenigen, die Gefahren besser wahrnehmen konnten, höhere Überlebenschancen und konnten ihre Gene häufiger weitergeben. Daraus resultiert, dass unser Gehirn immer noch negative Reize schneller und intensiver verarbeitet als positive und auch, dass negative Erfahrungen länger im Gedächtnis bleiben, weil sie mit einer stärkeren emotionalen Reaktion verbunden sind. Neurowissenschaftliche Studien haben dies nachgewiesen.

War der Negativ-Bias auch evolutionär von Vorteil, so ist es in der heutigen Welt wichtig, ihn bewusst auszugleichen. Wenn wir wissen, dass unser Gehirn automatisch zum Negativen neigt, hilft es uns, eine ausgeglichenere Perspektive einzunehmen. Wir können unsere Denkweise aktiv trainieren und lernen, eine bessere Balance zwischen Vorsicht und Optimismus zu finden. Dabei helfen Gespräche, z.B. mit Menschen aus dem Freundeskreis und der Familie. Auch ein sachlich geführter Diskurs lässt Ängste gleich viel weniger bedrohlich aussehen. Aus Freud‘schen Zeiten kennen wir den Begriff der „Redekur“, so hieß das übrigens damals tatsächlich. Heute müssen wir uns zwar nicht mehr auf die Couch legen, aber wir müssen das Gespräch wieder ernst nehmen. Wir müssen dem anderen zuhören und versuchen, seine Argumente zu verstehen, ohne ihn direkt in die Ecke zu stellen. Demokratie ist ein Gespräch, sagt Harari und meint damit, dass jedes Gespräch die Voraussetzung dafür ist, um Einigungen zu erzielen. Was er sicher nicht meint, ist das derzeit populäre Geschrei, indem niemand mehr dem anderen zuhört.

Auch ein Blick in die Vergangenheit hilft. Zwar zeigt uns die Geschichte nicht, was wir tun sollen, aber sie zeigt uns, wie die Welt und unsere Denkmuster entstanden sind. Das hilft, die Gegenwart besser zu verstehen und dieses Verständnis befähigt uns, klügere Entscheidungen für die Zukunft zu treffen und Verantwortung für die Welt von morgen zu übernehmen. Der Blick zurück macht an vielen Stellen deutlich, dass es nicht immer so schlimm gekommen ist wie erwartet.

Was können wir noch tun? Jede und jeder Einzelne von uns kann sich in seinem kleinen Umfeld engagieren für soziale oder politische Aufgaben. Indem wir wieder mehr Eigenverantwortung übernehmen, hören wir auf mit der antrainierten Konsumhaltung gegenüber dem Staat, auch wenn alles so schön bequem war in den letzten Dekaden. Wir können unsere Mitmenschen auch einfach mal anlächeln und wir müssen endlich verstehen, das alte weiße Männer es nicht richten werden. Wir alle werden es richten müssen.

Dies ist unsere Strategie für die aktuelle Situation: Wir wollen uns nicht darüber ärgern oder aufregen, wir wollen es uns anschauen und begreifen und verstehen und vielleicht, vielleicht ist es ja auch ein Weg, der trotz allem ins Gute führt. Krisenzeiten haben häufig das Beste in den Menschen hervorgebracht, deshalb gibt es vielleicht tatsächlich mehr Fortschritt, mehr digitale Transformation und glücklichere Menschen. Wer weiß.

Die Themen der Woche und da haben wir einen Bericht von DiabetesMine, das kürzlich hier in San Diego stattgefunden hat, dann stellen wir DERMIS vor, eine Studie, die neue Erkenntnisse zu Vorgängen in der Haut liefert und zum Schluss berichten wir über eine sinnvolle Kooperation zwischen EUDF, einer politschen Unterorganisation der EASD und MedTech Europe, denn beide haben eine Kooperation vereinbart. Auf geht’s!

Wie in jedem Jahr fand auch in diesem Herbst wieder das Meeting DiabetesMine von Amy Tenderich in San Diego statt und repräsentierte eine Sammlung von Menschen und Firmen, die an Innovationen im Diabetes-Technologie-Bereich interessiert sind. Dabei sind es bei DiabetesMine insbesondere die Patienten mit Diabetes, die Innovationen im Austausch mit den Herstellern vorantreiben. Ein kurzer Bericht von:

DiabetesMine – d-data-exchange – Innovation Summit

Amys Meeting findet alljährlich in einer wunderbaren Umgebung statt und hat etwa 130 Teilnehmer, mehr als die Hälfte lebt mit Typ-1-Diabetes und fast alle vertreten irgendeine der einschlägigen Organisationen, auch dedoc war vor Ort. Das Programm wird weitgehend von Patienten bestritten, was jedoch bei einigen eher zu einer Selbstdarstellung und weniger zu Innovationen führte, die sie eigentlich vorantreiben wollen. Daher wurden auch eher wenige reale Neuigkeiten und Daten vorgestellt und es gab in diesem Jahr auch weniger Sponsoren (Dexcom, Lilly Diabetes, embecta, Omnipod und MannKind). Dabei ist DiabetesMine ein gutes Meeting, um interessante Menschen zu treffen und neue Aspekte kennenzulernen.

Die kontinuierliche subkutane Insulininfusion, auch CSII oder schlicht Pumpentherapie wird bei Patienten mit Typ-1-Diabetes immer häufiger eingesetzt. Dabei kommt es häufiger vor, dass die Pumpe versagt, gleichzeitig ist aber über Hautveränderungen durch die Verwendung einer Pumpe wenig bekannt. Eine aktuelle Studie hat nun mithilfe nichtinvasiver optischer Kohärenztomographie (OCT), OCT-Angiographie (OCTA) und Hautbiopsien Hautveränderungen durch „chronische“ Insulininfusion untersucht:

DERMIS – eine Studie liefert neue Erkenntnisse zu Vorgängen in der Haut

Der bekannte US-Diabetologe Irl Hirsch berichtete beim diesjährigen Diabetes-Technologie-Meeting aktuelle Erkenntnisse aus der DERMIS-Studie. Eine ganze Gruppe von Forschern wird von dem Helmsley-Charitable-Trust finanziell unterstützt, um sich mit diesem wichtigen Thema zu beschäftigen. Untersucht werden eine Reihe von Aspekten, insbesondere solche, die für die Insulinpumpentherapie von Bedeutung sind, z.B., welche Veränderungen an den Hautstellen auftreten, wo die Katheter der Infusionssets eingestochen werden.

Es macht neugierig, wenn vom politischen Ableger des EASD, dem EUDF, und der europäischen Vereinigung der Hersteller von Medizinprodukten, MedTech Europe, zu einem gemeinsamen Webinar eingeladen wird. Der Titel der Veranstaltung lautete „Unlocking Access: Accelerating Digitally Enabled Care for Type 2 Diabetes“ (frei übersetzt: „Zugang freigeben: Beschleunigung der digital unterstützten Behandlung von Typ-2-Diabetes“) und diskutiert wurde nicht weniger als ein gemeinsamer Forderungskatalog:

EUDF und MedTech Europe vereinbaren eine Kooperation!

In ihrem Eingangsstatement haben Bart Torbeyns von EUDF als Moderator und Slobodan Radumilo, der Leiter der Diabetesgruppe innerhalb von MedTech Europe, auf die aktuelle Situation in Europa hingewiesen. Mit 60 Millionen Diabetes-Patienten und einem weiterhin starken Anstieg wird es höchste Zeit, gegenzusteuern, hierin liegt auch der wesentliche Grund für die Kooperation.

Who wants to live forever? So hieß mal ein Song von Queen und das passt ganz gut zu Thema Longevity, also Langlebigkeit. Alt werden und dabei gesund bleiben, so heißt ein aktueller Trend und dazu gibt es immer mehr Bücher und Vorträge und im kommenden Jahr auch gleich ein ganzer Kongress in Berlin. Wann ist man denn eigentlich alt? Mit 60? Oder mit 70? Ab 80? Oder wenn man sich so fühlt? Wer sagt einem das, die Blicke der Anderen? Bemerkungen wie: Du siehst doch noch ganz gut aus – für Dein Alter!

Es gibt tatsächlich eine Grenze, die irgendwo unter 60 oder knapp darüber liegt. Überall im Körper findet ein beschleunigter Abbau statt, die Muskulatur schwindet und das Gleichgewicht, alles wird langsamer, die Nervenleitgeschwindigkeit und die Sinneswahrnehmung wie Sehen und Hören. Man braucht Hilfsmittel und Unterstützung von der Familie, die aber inzwischen nicht mehr unter demselben Dach lebt, sondern irgendwo in einer deutschen Großstadt oder in Australien.

Was also tun, damit man lange lebt und dabei fit und gesund bleibt? Kann man überhaupt „gut“ altern? Ja, kann man, sagt Helmuth Luft, ein 100-jähriger Arzt und nennt Strategien dafür.

Nach seiner Pensionierung hat er sich intensiv mit Altersforschung beschäftigt und verschiedene Prinzipien dafür ausgemacht. Gute Gene sind wichtig, aber nicht unbedingt nötig, sagt er. Das nächste ist: Man muss Glück haben. Glück in dem Sinne, nicht schon vorzeitig durch ein Unglück oder Unfall oder eine schwere Krankheit aus dem Verkehr gezogen zu werden. Auch hier sieht er durchaus ein Mitspracherecht: Gebe ich dem Glück eine Chance oder nicht? Die dritte Weisheit lautet: Man muss vermeiden, vorher zu sterben. Da wären wir jetzt auch draufgekommen, aber Helmuth Luft nennt vier konkrete Beispiele: Laufen, Lernen, Lachen, Lieben. Jeder Mensch, der altert, muss sich täglich fragen: Bewege ich mich genug? Bin ich neugierig, interessiere ich mich für etwas? Oder brüte ich dumpf vor mich hin und gucke in die Glotze? Lache ich genug, mit Freunden, mit Gleichgesinnten? Lieben ist ganz allgemein aufzufassen im Sinne von: finde ich heute etwas, woran ich Freude habe? Habe ich genügend Sozialkontakte? Vielleicht noch einen Partner/Partnerin an meiner Seite? Gemeinsame Ausflüge, Singen im Chor oder Theaterbesuche sind ebenfalls wichtig und nicht zuletzt die Frage: Bejahe ich das Leben, oder gebe ich auf?

Aufgeben ist für Helmuth Luft durchaus eine Option, und irgendwann ist die auch dran, sagt er. Aber solange man noch Reserven und Vitalität hat, sollte man etwas daraus machen.

Das ist doch ein schönes Statements für das Wochenende. Machen Sie etwas daraus und behalten Sie die Zuversicht.

Es grüßen herzlich,

der wöchentliche Newsletter zu aktuellen Entwicklungen zum Thema Diabetes und Technologie.

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Dieser Artikel erscheint als Teil des wöchentlichen Letters zu hochaktuellen Entwicklungen im Bereich Diabetes Technologie. Nutzen Sie das nebenstehende Formular um sich für den diatec weekly Newsletter anzumelden!

Mit freundlichen Grüßen