Eine weltweit agierende Gruppe von ausgesprochen aktiven Patienten mit Typ-1-Diabetes (vermutlich einige 10.000 Patienten) nutzen solche DIY AID-Systeme und optimieren sie permanent weiter für ihre Bedürfnisse. Je nach Land gibt es unterschiedliche Varianten davon, eine Übersicht würde deshalb hier keinen Sinn machen. Erstmalig liefert nun eine im hoch angesehenen New England Journal of Medicine publizierte Studie (plus Editorial dazu!) mit dem Namen CREATE Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit eines solchen Systems. Eine Publikation in diesem Journal kommt in einem gewissen Sinne der Verleihung eines Adelstitels nahe und hebt diesen Therapieansatz auf eine andere Akzeptanzebene. Hinzu kommt, dass diese Studie von keiner Herstellerfirma gesponsert wurde, sondern über einen Neuseeländischen Forschungstopf.
Im Rahmen einer multizentrischen, offenen, randomisierten, kontrollierten Studie wurde bei 97 Kindern und Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes ein „Typ“ von DIY AID-Systemen eingesetzt und in Hinsicht auf eine Reihe von Parametern mit einer Sensorunterstützten Insulinpumpentherapie verglichen. Das DIY AID-System verwendete den OpenAPS-Algorithmus und eine proprietäre Insulinpumpe (DANA-i) sowie CGM-System (Dexcom G6 CGM). Das User-Interface war eine App, die auf einem Smartphone läuft.
44 Teilnehmer verwendeten ein DIY AID-System (OpenAPS mit einem modifizierten AndroidAPS) und 53 waren in der Kontrollgruppe). Primärer Outcome war die Zeit im Zielbereich (TiR; 70 to 180 mg per deciliter [3,9 bis 10,0 mmol/l]) während der letzten 2 Wochen in der Studie. Alle Patienten verwendeten bereits für mindestens 6 Monate eine Insulinpumpe und wiesen einen Ausgangs-HbA1c-Wert <10,5% auf. Sie wurden zufällig der Verwendung des DIY AID-System oder der Kontrollgruppe zugewiesen, die Studiendauer betrug 24 Wochen. Bei den allermeisten der anderen klinischen Studien mit AID-Systemen gab es keine Kontrollgruppe.
Die mittlere Dauer der TiR war bei Verwendung des DIY AID-Systems mit 3 Stunden und 21 Minuten signifikant höher im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Time-in-Range stieg bei Nutzung des DIY AID-Systems von 63% auf 71% und sank in der Kontrollgruppe von 58% auf 55%, mit einer „adjusted difference“ von 14% und einem 95% Konfidenzintervall von 9,2 to 18,8; P<0,001). Diese Vorteile wurden sowohl bei den Kindern wie auch den Erwachsenen gesehen. In keiner der beiden Patientengruppen wurde eine schwere Hypoglykämie oder eine diabetische Ketoazidose beobachtet. Nebenwirkungen, die auf das DIY AID-Systeme zurückgeführt wurden, traten in 10 Fällen auf, in der Kontrollgruppe gab es 8 solcher Fälle.
Fazit: Kritisch anzumerken ist, dass Teilnehmer im Rahmen einer klinischen Studie mehr Unterstützung erhalten als im alltäglichen Leben. Die von den Teilnehmern in der Kontrollgruppe verwendete Sensor-unterstützte Insulinpumpentherapie verfügte nicht über eine automatische Vorhersage von niedrigen Glucosewerten oder einer Unterbrechung der Insulinzufuhr, wie sie von den modernsten solcher Systeme angeboten werden. Schon zu Beginn der Studie verwendeten viele der Teilnehmer Insulinpumpen und CGM-Systeme, dies wird nicht in jedem Land der Fall sein, d.h. die beobachten Ergebnisse sind nicht für alle Patientengruppen generalisierbar.
In dem begleitenden Editorial von einer US-Diabetologin, die an einer Reihe von klinischen Studien mit kommerziellen AID-Systemen beteiligt war und ist, wird auf den mittlerweile beachtlichen Entwicklungs- und Evidenzgrad dieser Systeme abgehoben, aber auch darauf, wo es noch Verbesserungspotential gibt. Insbesondere die Individualisierbarkeit der Algorithmen auf die speziellen Bedürfnisse des Nutzers und seiner aktuellen Situation sind hier noch ein Thema. Hier haben offene Ansätze, die eine permanente Optimierung ermöglichen, deutlich mehr Möglichkeiten als kommerzielle Ansätze, die wegen der regulatorischen Vorgaben eingeschränkter sind in dieser Hinsicht. Die mit den verschiedenen kommerziellen AID-Systemen in klinischen Studien und unter Real-World-Bedingungen erreichten TiR-Werte liegen ja auch bei >70%.
DiaTec weekly – September 16, 22
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