Beim Füllen des Infusionssets nach dem Wechseln der Insulin-Cartridge müssen Nutzer darauf achten, dass keine Luftblasen im Schlauch sind und falls doch, muss so lange Insulin vorgepumpt werden, bis diese entfernt wurden. Der Sinn davon ist, eine Unterbrechung der Insulinzufuhr durch Luftblasen zu vermeiden, was insbesondere bei niedrigen Infusionsraten (Kinder und insulinsensitive Patienten) zu Problemen führen kann. Als Faustregel gilt, dass eine 10 cm lange Luftblase einer Einheit Insulin entspricht!
Luftblasen können die Insulinzufuhr aber nicht nur verhindern, sondern im Prinzip können sie bei ihrer Entstehung auch das Insulin in dem Infusionsschlauch verdrängen und es kann dadurch zu einer unbeabsichtigten Insulinzufuhr kommen. Dies hängt auch davon ab, wie hoch der Gegendruck im Gewebe ist.1 Vermutlich gibt es weitere Einflussfaktoren die einen Einfluss auf die Luftblasenbildung haben, wie z.B. der Innendurchmesser der Infusionsschläuche, Temperatur und Art des Insulins, Typ der Insulinpumpe etc.
Zur Bildung von Luftblasen kann es kommen, wenn die Insulin-Cartridge vorher im Kühlschrank gelagert wurde. Durch das Erwärmen der Flüssigkeit in der Pumpe kommt es zu einem Ausgasen von darin gelösten Gasen und damit zur Bildung von Luftblasen. Wenn das Insulin sich vor der Nutzung auf Zimmertemperatur erwärmen konnte, ist es schon zu einer möglichen Ausgasung gekommen. Dann kann durch geschicktes Handhaben dafür gesorgt werden, dass die Luftblasen nicht in das Infusionsset eintreten. Da das Insulin sich bei einer am Körper anliegenden Pumpe weiter erwärmt – Insulin in den Cartridges hat eine Temperatur von ca. 30°C bei normalen Umgebungstemperaturen – kann es zu einem weiteren Ausgasen kommen.
Welche Menge an Insulin in der Praxis der Insulintherapie tatsächlich durch diese Luftblasenbildung appliziert werden und ob dies eine klinische Relevanz hat, dazu gibt es eher wenige Untersuchungen. Der Suchbegriff „air bubbles insulin pumps“ bei PubMed führt zu genau sechs (!) Hits, von denen nur zwei zu dieser Fragestellung passen:
In einer Studie wurde evaluiert, wie häufig Luftblasen in den Insulinpumpenschläuchen auftreten und es wurden Faktoren identifiziert, die zu klinisch relevanten Luftblasen führen.2 Dazu wurden 53 Kinder und Jugendliche mit Diabetes rekrutiert und die Infusionssets angeschaut. Die Länge aller beobachteten Luftblasen wurde gemessen und in eine Zeit ohne Insulinzufuhr bei der niedrigsten Basalrate umgerechnet. Es wurden 45 Luftblasen gefunden (d.h. bei ca. >70% aller Patienten), wobei fünf Patienten Luftblasen hatten, die zu einer Zeit ohne Insulinzufuhr von >60 Minuten führten. Die Größe der Luftblasen variierte von <0,5 mm bis 312,0 mm, mit einem Mittelwert von 14,5 mm (SD 27,9 mm), was einer Menge an verschobenem Insulin von <0,01 U bis 3,92 U (Mittelwert 0,27 U, SD 0,66 U) entspricht. Die Größe der Luftblasen war invers mit der Zeit seit dem Wechsel des Infusionssets korreliert (p<0,001) und korrelierte direkt mit dem Alter des Patienten (p = 0,049). Mehr Luftblasen wurden kurz nach dem Wechsel des Infusionssets beobachtet, was mit der Temperatur des verwendeten Insulins zusammenhängen dürfte und dass mehr Luftblasen bei älteren Menschen mit Diabetes (MmD) beobachtet wurde, wird auf die verwendete Technik des Befüllens der Insulinpatrone und des Schlauches zurückgeführt.
Bei der zweiten Studie wurden die Mechanismen untersucht, die zur Bildung von Luftblasen beitragen: Temperaturschwankungen, Änderungen des atmosphärischen Drucks und Vibrationen.3 Hierbei wurden fünf Animas 2020 Pumpen mit 2 mL Kartuschen und Inset II-Infusionssystemen, fünf Medtronic Paradigm-Pumpen mit 1,8-mL-Kartuschen und Quickset sowie drei Roche Accu-chek Pumpen mit 3,15 mL Patronen verwendet. Die Insulinpumpen wurden einer Temperaturänderung von 4°C bis 37°C ausgesetzt, sowie auf eine Höhe von 300 m gebracht und heftigen Vibrationen ausgesetzt. Eine Blasenbildung wurde bei Änderungen der Temperatur und des atmosphärischen Drucks beobachtet, aber nicht bei Vibrationen.
Fazit: Die Luftblasenbildung ist also eine Komplikation bei der Insulinpumpentherapie und damit auch beim Einsatz von AID-Systemen. Generell ist deshalb zu empfehlen, dass der Nutzer die Pumpe so trägt, dass die Luftblasen in der Cartridge bleiben und nicht nach oben in das Infusionsset eintreten können. Daher sollte der Ausgang der Cartridge auch nicht nach oben zeigen. Die meisten Pumpenträger rücksichtigen dies wohl, so dass Probleme wegen Luftblasen im Alltag bei den meisten Nutzern anscheinend kein Problem darstellen.
Nichtsdestoweniger ist es immer wieder interessant zu sehen, wie viele verschiedene Faktoren einen Einfluss auf eine „erfolgreiche“ Diabetestherapie haben können, was es alles zu beachten gilt und wie wenig wir oftmals über deren Relevanz bei der praktischen Insulintherapie wissen. Physikalische Faktoren, wie Luftdruck und Temperatur, aber auch elektromagnetische Felder interagieren in vielfältiger Weise mit den Medizinprodukten, die für die Diabetestherapie eingesetzt werden. Dabei treten insbesondere im beruflichen Umfeld und bei medizinischen Untersuchungen Situationen auf, wo die Funktionssicherheit von CGM-Systemen oder Insulinpumpen nicht mehr sicher gewährleistet ist. Eine aktuelle Übersichtsarbeit hierzu betrachtet die verschiedenen Situationen, wo dies eine klinische Relevanz haben kann.1
Literatur
- Thomas A, Heinemann L. External Physical and Technical Influences on Medical Devices for Diabetes Therapy. J Diabetes Sci Technol 2022: 19322968221080160.
- Knoll MM, Vazifedan T, Gyuricsko E. Air occlusion in insulin pumps of children and adolescents with type 1 diabetes. J Pediatr Endocrinol Metab 2020; 33(2): 179-84.
- Lopez PE, King BR, Goss PW, Chockalingam G. Bubble formation occurs in insulin pumps in response to changes in ambient temperature and atmospheric pressure but not as a result of vibration. BMJ Open Diabetes Res Care 2014; 2(1): e000036.
DiaTec weekly – März 11, 22
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