Das Insulin, welches in Insulinpumpen verwendet wird, unterscheidet sich nicht von demjenigen, welches in Insulinpens verwendet wird oder mit Spritzen aus einem Fläschchen aufgezogen wird. Da eine blutglucose-senkende Wirkung möglichst rasch nach der Infusion in das subkutane Fettgewebe erreicht werden soll, wird ein Insulin verwendet, welches auch möglichst schnell ins Blut absorbiert wird. Bei den ersten Generationen von Insulinpumpen wurde ein sogenanntes „Normalinsulin“ verwendet, wie es bei einer „Spitzentherapie“ zur Abdeckung des Insulinbedarfs bei Mahlzeiten verwendet wird. Insulin ist eine wässerige Flüssigkeit, mit einer definierten Menge an Protein Insulin und einigen anderen Substanzen darin.
Um eine raschere Absorption des Insulins aus dem Depot um die Spitze des Infusionskatheters in der Haut zu erreichen, werden heute sogenannte raschwirkende Insulinanaloga verwendet, die sich dadurch unterscheiden, dass sich die Insulinmonomere nicht so fest zu Hexameren zusammenlagern wie bei Humaninsulin. In den letzten Jahren wurden dann ultraschnell-wirkende Insulinanaloga entwickelt, bei denen die Absorption ins Blut durch Zumischung bestimmter Substanzen noch rascher erfolgt.
Für eine sichere und effektive Nutzung von Insulinpumpen ist es wichtig, dass die intendierte Menge an Insulin von der Pumpe auch wirklich in den Körper hinein infundiert wird. Dies klingt erstmal trivial und man könnte annehmen, dass es kein Problem darstellt, eine wässerige Flüssigkeit zu pumpen. Wie so häufig steckt auch hier der Teufel im Detail.
Wie beschrieben unterscheiden sich bei den verschiedenen Insulin-Präparaten die Insulinmoleküle in einem gewissen Ausmaß in ihrer Primärstruktur und den beigefügten weiteren Substanzen, den sogenannten Excipients. Diese erfüllen eine Reihe von Aufgaben, unter anderem sollen sie das Insulin stabilisieren, insbesondere hinsichtlich chemischer Degradierung. Wichtig ist auch, dass sie das Insulin davor bewahren, als willkommene Proteinquelle von Bakterien genutzt zu werden.
Hinsichtlich seiner Stabilität machen es die Nutzungsbedingen in der Pumpe dem Insulin allerdings ausgesprochen schwierig. Es wird nicht mehr im Kühlschrank aufbewahrt, sondern das Insulin erreicht Temperaturen >30°C, wenn die Pumpe am Körper des Nutzers getragen wird. Dazu wird es noch kräftig bewegt, ideale Bedingungen für eine Zusammenlagerung der einzelnen Insulinmoleküle zu längeren Insulinketten, auch Fibrillen genannt. Sie weisen nicht nur eine reduzierte blutglucose-senkende Wirkung auf, sondern können auch zu Verstopfungen in dem Flüssigkeitskanal auf dem Weg vom Insulinreservoir in der Pumpe durch den Insulinschlauch bis hin zur Katheterspitze in der Haut führen. Insbesondere an den Koppelstellen der verschiedenen Komponenten, aber auch an „Knicken im Schlauch“ kann es zum Ausfallen dieser Fibrillen kommen, die dann den Flüssigkeitstransfer blockieren. Bis solche Okklusionen entweder über einen Druckanstieg im System oder vom Nutzer durch eine sich verschlechternde Glucosekontrolle erkannt werden, können Stunden vergehen. Daher gilt es, die Entwicklung von Insulinfibrillen/Okklusionen zu vermeiden. Unter Laborbedingen kann eine Fibrillenbildung durch eine auftretende Trübung des Insulins erkannt werden oder durch die Messung der Anzahl und Größe von Partikeln. Dies sind Untersuchungen, die die Hersteller von Insulinpumpen im Rahmen des Entwicklungs- und Zulassungsprozesses systematisch durchführen müssen. Es gilt hierbei strenge Auflagen zu erfüllen, damit Probleme beim praktischen Einsatz von Pumpen vermieden werden.
Insgesamt betrachtet weisen die verschiedenen Insulinformulierungen, die für den Einsatz in Insulinpumpen in Betracht kommen (wobei dies de facto eine eher überschaubare Anzahl von Produkten sind), solche Unterschiede in ihren Eigenschaften auf, dass jede einzelne gründlich untersucht werden muss. So erfüllt das eine Insulinpräparat die Vorgaben möglicherweise in einem Pumpentyp mit einem gegebenen Infusionsset (s.u.), muss dies aber nicht unbedingt in einer anderen Pumpe oder mit einem anderen Infusionsset tun, was diese Story gelinde gesagt komplex macht.
Die Interaktion des Insulins mit den verschiedenen Plastikmaterialien (oder auch Glas) im Reservoir, im Schlauch und im Katheter ist eine weitere Ursache dafür, dass es zu Änderungen des Insulinpräparats kommen kann, z.B. zu einer Reduktion des Insulingehaltes in der Flüssigkeit, was für die Funktion von Bedeutung ist. Dies liegt an den Eigenschaften des Proteins Insulin, wo geladene Teile dieses Moleküls mit anders geladenen Plastikmolekülen an der Oberfläche – z.B. des Schlauches – interagieren, was zu einer Bindung von Insulinmolekülen führen kann. Wie groß der „Insulinverlust“ durch diese Anhaftung ist, ist nicht eindeutig klar. Zumindest in den Anfängen der Pumpentherapie war er aufgrund der damals verwendeten Plastikmaterialien aber signifikant. Weiterhin können bestimmte Excipients durch das Plastikmaterial hindurchdiffundieren. Solche Verluste können einen Effekt auf das Insulinpräparat haben und deren Eigenschaften verändern, während es durch den Schlauch zur Katheterspitze hinwandert. Durch Einsatz von anderen Plastikmaterialien oder auch einer Kombination verschiedener Materialien in geschichteten Schläuchen wird versucht, den verschiedenen Anforderungen an solchen Schläuchen gerecht zu werden und die beschriebenen Probleme zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für Infusionssets, die über längere Zeit, also mehr als 3 Tage hinweg, genutzt werden sollen.
Eine „Folterkammer“ für das Insulinpräparat ist der Pumpmechanismus, hier kommen eine ganze Bandbreite von verschiedenen Mechanismen zum Einsatz. Um sich nur mal kurz die Anforderungen an die Pumpe vor Augen zu führen: Relativ kleine Flüssigkeitsmengen (insbesondere bei Kindern oder insulinsensitiven Patienten) sollen hochpräzise während der Infusion der Basalrate in der Zeit zwischen den Mahlzeiten und während der Nacht gepumpt werden, während zu den Mahlzeiten vergleichsweise große Insulinmengen (1.000-fach) in einer möglichst kurzen Zeit gepumpt werden müssen, um den dann anfallenden Bedarf geeignet abdecken zu können. Gleichzeitig soll der Pumpmechanismus noch andere Eigenschaften aufweisen, z.B. dauerhaft stabil funktionieren, kostengünstig herzustellen sein etc. Beim Transfer des Insulins durch die Pumpe soll das Protein weder unverhältnismäßig erwärmt oder gequetscht werden, denn beides kann die biologische Funktion des Insulins verschlechtern.
Im Gegensatz zu dem, was das Wort „kontinuierliche“ Insulininfusionstherapie suggeriert, wird das Insulin auch nicht wirklich kontinuierlich gefördert, sondern es wird je nach Ansatz der jeweiligen Herstellerfirma in regelmäßigen Zeitintervallen etwas Insulin gepumpt – oder in längeren Intervallen die Insulinmenge, die gerade verabreicht werden soll. Dies führt dazu, dass das Insulin mehr oder weniger lange an einer Stelle im Gesamtsystem verharrt, was die Effekten im oben angesprochenen Sinne verstärken kann.
Bei AID-Systemen sieht die Situation übrigens anders aus: Hier passt die Trennung zwischen Basalrate und Bolus eigentlich nicht mehr, sondern die Pumpe verabreicht aktuell die Insulindosis, die der Algorithmus für adäquat hält und der Nutzer ruft den Bolus ab, der seiner Einschätzung nach zur Abdeckung der Mahlzeit richtig ist.
In Summe führen alle diese Einflussfaktoren dazu, dass es eben keine sichere Angelegenheit ist, wenn bei der Entwicklung von Insulinpumpen verschiedene Insuline getestet werden. Je nach Kombination der diversen Faktoren, die hierbei eine Bedeutung haben – und deren Anzahl ist eben beachtlich groß – kann eine Pumpe mit einer oder mehreren Insulinen gut funktionieren, mit einem anderen eben nicht. Die Ergebnisse solcher (Labor-)Untersuchungen, die die Hersteller durchführen müssen, fließen in die Unterlagen für die jeweilige Pumpe ein und müssen dem Nutzer selbstverständlich mitgeteilt werden, damit diese nicht ein ungeeignetes Insulin in der Pumpe verwenden.
Soweit – so gut. Wie deutlich die Hersteller die für ihre Pumpe geeigneten Insuline in den Bedienungsanleitungen darstellen und dies auch bei der Schulung/technischen Einweisung den Nutzern vermittelt wird, ist zumindest verbesserungsfähig. Auf den Nutzer einer Insulinpumpe, insbesondere, wenn dieser erstmalig solch ein komplexes Produkt nutzt, „prasseln“ in kurzer Zeit viele verschiedene Informationen ein.
Auch wenn eine Insulinpumpe unter Laborbedingungen oder in klinischen Studien mit einem gegebenen Insulin ausreichend gut funktioniert hat – dies ist noch keine Garantie dafür, dass im alltäglichen Leben unter besonderen Bedingungen nicht trotzdem Probleme dabei auftreten können. Sei es unter berufsbedingten Bedingungen, die nicht oder nicht ausreichend evaluiert wurden, oder in Nutzergruppen, die solche Pumpen in großer Hitze (wie in diesem Sommer) oder Höhe (wie beim Skifahren) nutzen. Dann kann es zu Problemen kommen, die die Nutzer an die Hotlines der Hersteller melden Es stellen sich aber auch ganz andere Fragen, z.B. ob die Hersteller solche Probleme wirklich in ganzer Fülle rückgemeldet bekommen oder wie gut sie die systematischen Schwierigkeiten, die berichtet werden, erkennen oder ob sie erkannte Probleme an die Behörden melden, – etwas wozu sie verpflichtet sind. Auch wenn ein bestimmtes Insulin nur bei einem Teil der Nutzer aus irgendwelchen Gründen Probleme macht, gilt es diese zu erkennen und im Nachgang öffentlich zu machen.
Es gibt kaum oder auch gar keine unabhängige Forschung zu solchen Fragestellungen, bedingt durch die nicht unerheblichen Kosten, die mit solchen wissenschaftlichen Aktivitäten verbunden sind. Daher wird sich an dieser Situation wohl nichts ändern, auch wenn dieses im Prinzip sehr wünschenswert wäre. Für die Hersteller stellen Insulinpumpen (und deren Verbrauchsmaterialien) zwar ein attraktives Geschäft dar, dabei sind die Umsätze von der Größenordnung her immer noch überschaubar (im Vergleich zum Pharmageschäft), was die Bereitschaft der Hersteller in Forschung zu investieren, begrenzt. Da es um die Interaktion eines Medikamentes (Insulin) mit Plastikmaterialien in dem Infusionsset und der Pumpe (wobei dies meistens zwei getrennte Hersteller sind) geht, ist es vielfach gar nicht einfach zu sagen, wer beim Auftreten von Problemen eigentlich zuständig ist! Es können einfach viele Faktoren sein und die Zuordnung zu einem bestimmten Faktor ist meistens nicht möglich.
Wenn der Nutzer nun, um eine möglichst gute Glukosekontrolle zu erreichen, eine für ihn unter verschiedenen Gesichtspunkten beste Insulinpumpe auswählt und dazu das seiner Vorstellung nach ideale Insulin, dann kann es eben passieren, dass er nicht darauf achtet, dass dieses Insulin in der gewählten Pumpe nicht nutzbar ist. Wünschenswert wäre deshalb eine Übersicht über die verschiedenen Pumpen und die dafür geeigneten Insuline. Da Pumpen und Infusionssets aber keine fixen Entitäten darstellen, sondern von Generation zu Generation relevante Weiterentwicklungen an kritischen Stellen auftreten können, selbst wenn das Äußere der Pumpen (und deren Bezeichnung) unverändert bleiben, müssen solche Tabellen auch immer wieder aktualisiert werden. Jeder Hersteller wird solche Informationen nur zu seinen eigenen Produkten zusammenstellen und es gibt zu meiner Kenntnis keine Stelle, die die Tabellen verschiedener Hersteller zu einer großen Tabelle zusammenfasst.
Fazit: Es ist also möglicherweise nicht die Konstruktion der Insulinpumpe im engeren Sinne, die ein Problem macht, sondern die Summe der verwendeten Kunststoffe und Oberflächenmaterialien und andere Faktoren, die irgendwie mit dem Insulin bzw. den darin enthaltenen Zusatzstoffen interagieren. Wenn dies zu einem verstärkten Zusammenlagern/Ausfällungen von Insulin führt, dann kommt es eben je nach Konstruktion des Reservoirs zu Verstopfungen der Flüssigkeitskanäle und als Folge davon zu Hyperglycämien oder Ketoazidosen beim Patienten mit Diabetes. Es hat in der Vergangenheit immer wieder Bemühungen gegeben, Insulinformulierungen zu entwickeln, die den Bedingungen in Insulinpumpen besser angepasst sind („pump ready“), vielleicht kommen zukünftig solche Insuline tatsächlich mal auf den Markt.
diatec weekly – September 23, 22
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Mit freundlichen Grüßen
Hallo,
Es gibt eine Tabelle mit Übersicht unter der Internetseite „pumpencafe“ von DiaExpert im Downloadbereich.
Die Liste beinhaltet leider nicht alle Pumpen, die TSlim fehlt.
Liegt wahrscheinlich daran das sie DiaExpert nicht vertreibt.
Danke für die tollen Newsletter.
Herzliche Grüße, Svenja Holzamer
Hallo zusammen,
vor 2,5 Jahren ist meine Tochter vom PEN auf die Omnipod Pumpe umgestiegen. Wir hatten das Insulin Apidra weiter benutzt. Es gab damals keinen Hinweis, dass das Insulin nicht für die Pumpe geeignet wäre. Die Pumpen hielten nie länger als zwei Tage, da sie dann verstopft waren. Jede Pumpe wurde von mir bei Omnipod reklamiert. Ich wurde auch gefragt welches Insulin verwendet wird. Aber auch da war noch nicht bekannt, dass Apidra mit der Pumpe nicht 72 Stunden einwandfrei funktioniert. Wir stiegen dann auf Fiasap um und seit dem gibt es keine verstopften Pumpen mehr. Inzwischen ist der Hinweis, dass Apidra max 48 Stunden in der Omnipod Pumpe verwendet werden kann, im Handbuch aufgenommen. Vielen Dank für eure Arbeit und den tollen Newsletter.