Als Resümee einer Teilnahme an einem virtuellen Konsensus-Meeting zu Thema Glukosemonitoring im Krankenhaus, das im Vorfeld zu einer „Digital Hospital Diabetes“-Konferenz in der letzten Woche stattfand und bei dem fast ausschließlich US-Teilnehmer aktiv waren, tauchte bei uns ernsthaft die Frage auf:
Warum erfährt das Thema Glukosemonitoring (GM) im Krankenhaus (KH) in Deutschland so wenig Aufmerksamkeit? Oder fällt Ihnen auf Anhieb ein ärztlicher Kollege ein, der sich in Deutschland wissenschaftlich mit dem Einsatz von kontinuierlichem Glukosemonitoring (CGM) beschäftigt? CGM wird von vielen klinischen Kollegen ständig genutzt, aber kaum jemand publiziert die eigenen Daten. Gibt es Gründe dafür, dies nicht zu tun? Ist z.B. die Arbeitsbelastung so hoch – auch gerade aktuell – dass in einer Zeit, in der jede Minute zählt, die praktischen Anforderungen alles andere zur Seite drängen? Es gab auch schlicht keine Reaktion auf die aktuelle Publikation einer Stellungnahme der AGDT / KLD zu diesem Thema in einer deutschsprachigen Fachzeitschrift.
Vielleicht muss dies im Einklang mit der eher schwachen Repräsentanz der Erwachsenen-Diabetologie in Krankenhäusern gesehen werden, denn im Bereich der Pädiatrie sieht das Thema anders aus, hier gibt es anerkannte Zentren, die Forschung dazu betreiben. Im Erwachsenenbereich liegt der Fokus der Arbeit der Kliniken eher auf der Akutversorgung der Patienten.
Aktuell darf die Glukosemessung mit CGM-Systemen im KH nicht für therapeutische Entscheidungen durch das Klinikpersonal verwendet werden, denn dafür gibt es keine Qualitätskontrollen nach Rili-BÄK (Richtlinien der Bundesärztekammer). Die CGM-Systeme verschiedener Hersteller haben bei Messungen im gleichen Probanden beachtlich Unterschiede gezeigt; auch gilt es den Einfluss von Kalibrationen (oder dem Fehlen derselben) Rechnung zu tragen.
Unserer Wahrnehmung scheint dies ein Bereich der Diabetestherapie zu sein, für den sich kaum jemand interessiert. Es scheint offenbar auch niemanden in der KH-Welt zu geben, der sich in einem mehr generellen Sinne beschäftigt, z.B. mit rechtlichen Belangen. Damit tut sich ein Graubereich auf, indem jeder vor sich hinarbeitet, ohne sich tiefgreifender mit dem Ergebnis zu beschäftigen, vor dem Hintergrund einer zunehmenden Nutzung von CGM-Systemen: Nicht nur Patienten mit Typ-1-Diabetes kommen zunehmend damit ins Krankenhaus, auch immer mehr Patienten mit Typ-2-Diabetes nutzen solche Systeme. Dort treffen sie sowohl beim Pflegepersonal, aber auch bei den Ärzten häufig auf eine mehr oder weniger ausgeprägte Unkenntnis, was dazu führen kann, dass das CGM-System entfernt wird und die – rechtlich ausschließlich zulässige – konventionelle Blutzuckermessung als Grundlage für alle therapeutischen Entscheidungen genutzt wird.
All diese Aspekte hängen sehr stark davon ab, in welcher Station / Abteilung der jeweilige Patient mit welcher Erkrankung aufschlägt. Diese ausgeprägte Heterogenität der Situation erschwert generelle Aussagen und Einschätzungen. Im nächsten Schritt gilt es auch die Situation im Pflegebereich zu betrachten, hier gelten im Prinzip andere rechtliche Vorgaben.
Vielleicht hilft es ja, wenn in absehbarer Zeit die Publikation der Konsensus-Gruppe zum Thema publiziert wird, dann gibt es ja zumindest etwas, worauf wir uns in der Diskussion beziehen können, auch wenn es gilt die Besonderheiten des US-Systems in vielerlei Hinsicht zu berücksichtigen. Es ist bedauerlich, dass es hierbei keine Aktivitäten auf europäischer Ebene gibt.
DiaTec weekly – Apr 30, 20
Ihr Lieben,
eine mögliche Erklärung ist, dass Diabetes stationär finanziell schlecht abgebildet ist und deshalb das Interesse generell versiegt ist.
Damit wirst Du bestimmt Recht haben Matthias, trotzdem wundert mich dies, halte es für eine wichtige Option bei einer optimalen Patientenbetreuung.
LG
Lutz