Der Kollege Sultan Meo aus Saudi-Arabien stellte eine Studie vor, die erst kürzlich, im Oktober 2022 veröffentlicht wurde und Daten aus dem „Environmental Performance Index (EPI)“ aus dem Jahr 2020 verwendete. Dieser Index ordnete jedes Land in eine der Kategorien mit „stark begrünten Flächen“, „mäßig begrünten Flächen“ oder „weniger begrünten Flächen“ ein [1]. In diesem Environmental Performance Index (EPI) werden Grünflächen so definiert, dass sie Luftschadstoffe und rasche Klimaveränderungen minimieren und gleichzeitig für frische und saubere Luft sorgen. Der EPI weist nun jedem Land eine Punktzahl zu, die auf dessen ökologischer Vitalität wie z.B. Artenvielfalt, Ökosystem, Verschmutzungsproduktion, Luftqualität, Schwermetallbelastung, Wasserqualität und Abfallwirtschaft basiert.
Als Datenbasis für die Prävalenz von Diabetes in den einzelnen Ländern verwendeten die Forscher Daten aus dem Diabetes-Atlas 2021 der IDF.
In die Studie einbezogen wurden insgesamt 43 europäische Länder, von diesen wurden 11 (26%) als sehr grün (=EPI-Wert >75), 24 (55%) als mäßig grün (=EPI-Wert 50-75) und acht (19%) als weniger grün (=EPI-Wert <50) eingestuft. Die altersbereinigte Prävalenz von Typ-2-Diabetes war in Ländern mit wenig Grünfläche höher als in Ländern mit mäßiger oder hoher Grünfläche (p=0,028). Aufgeschlüsselt nach Kategorien betrug die mittlere altersbereinigte Diabetesprävalenz 8%, 7% bzw. 6% für Länder mit wenig, mäßigem bzw. hohem Grünflächenanteil. Allerdings war ohne Altersbereinigung der Unterschied in der mittleren Prävalenz von Typ-2-Diabetes statistisch nicht signifikant (p=0,095).
Als Schlussfolgerung vermutete der Referent, dass die Luftverschmutzung sowie der Mangel an Raum für körperliche Betätigung zu der höheren Prävalenz von Typ-2-Diabetes in Ländern mit weniger Grünflächen beitragen.
Fazit: Das Thema ist schon spannend, denn es steht ja auch die grundsätzliche Frage im Raum: Wie kann es sein, dass sich die Zahl der Menschen mit Typ-2-Diabetes seit den 1960er-Jahren von einem Prozent der Bevölkerung bis heute verzehnfacht hat? An den Genen kann es nicht liegen, die verändern sich nicht so schnell. Es liegt also buchstäblich in der Luft, dass es noch andere Faktoren geben muss und die Bedeutung der Umwelt bei der Diabetesprävalenz muss bei der aktuellen Diskussion zum Klimawandel viel mehr berücksichtigt werden. Dabei darf natürlich die Rolle von verschiedenen „confounding factors“, nicht übersehen werden: Eine hohe Bevölkerungsdichte sowie ein mangelndes Bewusstsein für die Bedeutung von Ernährung und regelmäßiger Bewegung und dessen Auswirkung und ein höheres Maß an Existenzkampf mit mehr täglichen Arbeitsstunden führen eben auch dazu, dass sich weniger Grünflächen, Parks oder Naherholungsgebiete in einem Land befinden.
Der vermutlich wichtigste Aspekt bei diesem Vortrag ist, sich nochmal in Erinnerung zu rufen, durch wie viele Faktoren, und dazu gehören eben auch Umweltfaktoren, die Entstehung von Diabetes beeinflusst wird. Zum Thema „Environmental Pollution and Diabetes“ führt der Such Term zu 4.299 Hits, es gibt also tatsächlich eine zunehmende Anzahl von Publikationen zu diesem Thema.
- Meo SA, Al-Khlaiwi T, Aqil M. Impact of the residential green space environment on the prevalence and mortality of Type 2 diabetes mellitus. Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2022;26(10):3599-606. doi: 10.26355/eurrev_202205_28856. PubMed PMID: 35647842.
DiaTec weekly – November 25, 22
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