Mitte Dezember letzten Jahres hat die Europäische Kommission in einer Verlautbarung zur Umsetzung der Medical Device Regulation (MDR) angeregt, die aktuell in der MDR vorgesehene Übergangsfrist für Produkte, die gemäß der Richtlinie über Medizinprodukte (MDD) und der Richtlinie über aktive implantierbare medizinische Geräte (AIMDD) zertifiziert sind, durch eine legislative Änderung der Übergangsbestimmungen der MDR zu verlängern. Dies klingt erstmal sehr trocken und wenig relevant, hat aber in der Praxis erhebliche Bedeutung und Auswirkung für die Verfügbarkeit von CGM-Systemen, Insulinpumpen und AID-Systemen. Die angedachte Verlängerung des Übergangszeitraums würde in Form eines gestaffelten Ansatzes auf der Grundlage der Risikoklassifizierung der Produkte erfolgen. Produkte, die gemäß der MDD und der AIMDD zertifiziert wurden, sollen auch nach Ablauf der derzeit geltenden Übergangsfrist im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf dem Markt bleiben können.
Der bisher in der MDR vorgesehene Übergangszeitraum sieht vor, dass die Frist für die Neuzertifizierung von Medizinprodukten am 26. Mai 2024 endet, danach dürfen Medizinprodukte die nicht neu zertifiziert wurden, nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. In Anbetracht der Tatsache, dass die Neuzertifizierung der Tausenden von Medizinprodukten wesentlich langsamer vorangeht als ursprünglich gedacht, ist es nicht überraschend, dass zahlreiche Interessengruppen, insbesondere die Medizintechnikbranche selbst, aber auch viele Benannte Stellen, diesen Zeitplan für nicht realistisch halten und die Europäische Kommission aufgefordert wurde, die Frist für die Neuzertifizierung zu verlängern.
Die Europäische Kommission schlägt die folgenden Gesetzesänderungen vor:
- Verlängerung der in der MDR vorgesehenen Übergangsbestimmungen in Abhängigkeit von der Risikoklasse des jeweiligen Produkts.
- Mai 2027 für Medizinprodukte mit hohem Risiko (Klasse III und Klasse IIb)
- Mai 2028 für Medizinprodukte mit mittlerem und geringem Risiko (Klasse IIa und Klasse I)
- Abschaffung des Verkaufsstichtags 26. Mai 2025 für Medizinprodukte, die bereits auf dem EWR-Markt erhältlich sind, um zu verhindern, dass sichere Medizinprodukte vom Markt genommen werden.
Durch diese Schritte soll verhindert werden, dass für die Betreuung von Menschen mit Diabetes wichtige Produkte plötzlich nicht mehr verfügbar sind. Zusätzlich zu den vorgeschlagenen Änderungen beabsichtigt die Europäische Kommission, bis Mai 2027 eine umfassende Evaluierung der MDR vorzunehmen. Ziel davon ist es, strukturelle Probleme mit der MDR sowie mögliche mittel- und langfristige Lösungen für diese Probleme zu ermitteln. Weiterhin beabsichtigt die Europäische Kommission, ab Anfang 2023 Maßnahmen zur Unterstützung der Umsetzung der MDR im Rahmen des EU4Health-Programms zu finanzieren.
Fazit: Natürlich muss eine hohe Sicherheit bei Medizinprodukten gewährleistet sein. Ob dieses Ziel allerdings mit der MDR wirklich erreicht wird, darf bezweifelt werden. Die Überprüfung basiert primär auf Angaben der Hersteller, die auf unendlichen Mengen von Papier dokumentiert werden müssen, es findet aber keine konkrete Prüfung der Produkte statt. Wer böse Absichten hat, kann sich unter Papierbergen gut verstecken… es gibt aber auch Kritiker zur weiteren Verschiebung und diese äußern die Sorge, dass Hersteller nun immer wieder um Verlängerungen bitten und die neue Richtlinie nie umgesetzt wird.
DiaTec weekly – Januar 6, 23
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