Die Kommission Labordiagnostik in der Diabetologie (KLD) der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Labormedizin (DGKL) wurde wiederholt angefragt, inwieweit die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (Rili-BÄK), die in der Heilkunde Anwendung findet, für die Versorgung von Menschen in Alten- und Pflegeheimen relevant ist. Zum Hintergrund: Betreiber von Medizinprodukten unterliegen den Anforderungen der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV). Diese beschreibt in §9 Vorgaben für ein Qualitätssicherungssystem im Kontext von laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen. Eine ordnungsgemäße Qualitätssicherung wird vermutet, wenn die Rili-BÄK eingehalten wird.
Die KLD hat über die Geschäftsstelle der DDG eine entsprechende Anfrage an die Bundesärztekammer gestellt. Kürzlich erhielt die KLD Auskunft von der Bundesärztekammer dazu. Darin heißt es, dass laboratoriumsmedizinische Untersuchungen, im konkreten Fall Blutglucosebestimmungen, unter die Heilkunde fallen, wenn sie „aufgrund ärztlicher Veranlassung und unter ärztlicher Verantwortung von hierfür qualifizierten Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern der Pflegeeinrichtung mit von der Pflegeeinrichtung betriebenen Messgeräten erfolgen.“ Finden Blutglucosebestimmungen dagegen im Rahmen der Eigenanwendung durch Laien oder Patienten statt, fallen diese Bestimmungen nicht in die Heilkunde und die Messergebnisse dürfen dann nicht für ärztliche (Therapie-)Entscheidungen verwendet werden.
In Alten- und Pflegeheimen muss also unterschieden werden. Wenn die dort betreuten Bewohner die Blutglucosebestimmung selbst durchführen und daraus eigenständig eine Therapieentscheidung ableiten, erfolgt diese Bestimmung außerhalb der Heilkunde und die Rili-BÄK findet keine Anwendung. Führt dagegen qualifiziertes Fachpersonal der Einrichtung eine Blutglucosemessung durch, um eine Therapieentscheidung treffen zu können, handelt es sich um Heilkunde. In diesem Fall sind die Pflegeeinrichtungen gemäß § 9 Abs. 1 der geltenden Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) verpflichtet, ein Qualitätssicherungssystem nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zur Aufrechterhaltung der erforderlichen Qualität, Sicherheit und Leistung bei der Anwendung von in-vitro-Diagnostika sowie zur Sicherstellung der Zuverlässigkeit der damit erzielten Ergebnisse einzurichten und aufrechtzuhalten.
Im Einzelnen darf die Blutglucosemessung nur mit solchen Glucosemesssystemen durchgeführt werden, die für die Verwendung durch medizinisches Fachpersonal zweckbestimmt sind, und die Vorgaben an die Qualitätskontrollen der Rili-BÄK erfüllen. Es wird im konkreten Fall vermutlich vielfach so sein, dass es gilt, für die Alten- und Pflegeeinrichtungen adäquate Messgeräte anzuschaffen. Blutglucosemesssysteme, die dem Bewohner verordnet werden, dürfen dann bei fehlender Zweckbestimmung nicht vom Personal der Einrichtung verwendet werden, und bei geeigneter Zweckbestimmung nur, wenn die Qualitätskontrollen nach Rili-BÄK eingehalten werden.
Desweiteren ist darauf hinzuweisen, dass für Alten- und Pflegeheime keine besonderen Sonderregelungen gelten. Die Vorgaben der Rili-BÄK für die interne Qualitätskontrolle und die Teilnahme an Ringversuchen gelten entsprechend. Falls ein Blutglucosemesssystem mit Teststreifen oder -küvetten verwendet wird, handelt es sich um ein System zur patientennahen Sofortdiagnostik mit Unit-Use-Reagenzien. Für die interne Qualitätskontrolle ist in diesem Fall ggf. ein vereinfachtes Verfahren anwendbar.
Anwendung der Kontinuierlichen Glucosemessung (CGM) in Alten- und Pflegeheimen
Zunehmend mehr Menschen mit Diabetes nutzen zur Verlaufskontrolle Systeme zur kontinuierlichen Glucosemessung (CGM) oder zur automatisierten Insulindosierung (AID), die u.a. ein CGM-System enthalten. Diese sind in der Regel nur für die Eigenanwendung durch Menschen mit Diabetes zweckbestimmt. Bei dieser Zweckbestimmung dürfen in Alten- und Pflegeheimen nur die Bewohner selbst im Rahmen der Eigenanwendung therapeutische Entscheidungen auf Grundlage der CGM-Werte treffen. Insbesondere darf das medizinische Fachpersonal der Einrichtung dann keine therapeutischen Entscheidungen anhand von CGM-Werten treffen. In Fällen, in denen die Therapieführung nicht durch die Menschen mit Diabetes selbst erfolgen kann, wird entsprechend auf Bestimmungen mit Blutglucosemesssystemen zurückgegriffen werden müssen, die dann der Rili-BÄK unterliegen. Eingriffe in ein AID-System dürfen dann auch nicht durch Fachpersonal erfolgen. Gleiches gilt für andere medizinische Einrichtungen, wie Krankenhäuser.
Da CGM-Systeme nicht als in-vitro-Diagnostika klassifiziert werden, findet die Rili-BÄK für diese keine Anwendung. Vorgaben zur Qualitätssicherung ergeben sich aus dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 06.09.2016 B3). Wesentliche Voraussetzungen sind dann, dass es sich um ein zugelassenes Medizinprodukt für die kontinuierliche Real-Time-Glucosemessung (rtCGM) handelt, das von entsprechend qualifizierten Fachärzten verordnet wird und in dessen Anwendung die Nutzer hinreichend geschult werden.
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