Herzlich willkommen beim diatec weekly,

wir alle kennen sie, auch wenn wir es ungern zugeben – diese kleinen, fiesen Unruhen in der Seele, die wir dann mühsam mit logischen Konstrukten zu überdecken versuchen. Die Rede ist von „Befindlichkeitsstörungen“. Sie sind das Gefühl der Stunde, die Modeerscheinung des Jahrzehnts, die Pandemie ohne Impfstoff. Wohin wir auch blicken – Störungen in der Befindlichkeit verbreiten sich wie ein hartnäckiger Computervirus: Sie befallen nicht nur Individuen, sondern auch Institutionen, Systeme und ganze Gesellschaften.

Inzwischen leidet nicht nur das Land, sondern womöglich die gesamte Welt unter akuter Befindlichkeitsstörung. Kein Krankheitsbild im klassischen Sinne, aber definitiv ein Symptom dafür, dass vieles nicht so ist, wie es sein sollte. Man könnte das auch als Sammelbegriff für ein weites Spektrum an diffusen Ängsten, Sorgen und Ungewissheiten betrachten – oder, weniger wohlwollend als eine Art kollektive Nörgeleien.

Manche politischen Entscheidungen scheinen direkt aus der Kategorie „Ich bin beleidigt, also mache ich jetzt irgendwas“ zu stammen. Wladimir Putin, zum Beispiel, dürfte wohl kaum aus rationalen Gründen in die Ukraine einmarschiert sein. Eine echte Bedrohung für Russland gab es nicht, wirtschaftlich lohnt sich das Ganze auch nicht, da bleibt als Erklärung nur eine persönliche, imperiale Laune. Olaf Scholz wiederum entschied am vergangenen Sonntag, ohne den designierten Kanzler Friedrich Merz zum Gipfel nach London zu fliegen – was ebenso wenig sinnvoll erscheint. Ein letzter Triumphzug vor dem politischen Ruhestand? Eine Trotzreaktion? Eine Befindlichkeitsstörung im Endstadium? Wer weiß.

Die FDP hat bewiesen, dass parteipolitische Befindlichkeiten eine funktionierende Regierung ganz wunderbar torpedieren können und kaum sprechen zwei Spitzenpolitiker über Koalitionsstrategien, geht es weniger um zukünftige Wege und Lösungen als um die Fehler der anderen. Und dann hätten wir natürlich noch Donald Trump, den unangefochtenen Weltmeister im Disziplinkampf „Meine Befindlichkeit ist wichtiger als dein Leben“. Kaum jemand schafft es so überzeugend, ein ganzes Land nach seinen Launen tanzen zu lassen – ob aus Rachegelüsten, Narzissmus oder reiner Freude am Chaos.

Selbst Wolodymyr Selenskyj, bei allem Respekt für seine Verdienste, ist seinen Befindlichkeiten auf den Leim gegangen. Ein bisschen diplomatische Zurückhaltung hätte vielleicht nicht geschadet – stattdessen gab’s Kommunikation nach dem Motto: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!“ Man kann es drehen und wenden, wie man will: Politiker aller Couleur pflegen ihre Befindlichkeiten mit Hingabe. Anders ist kaum zu erklären, warum die Ordnung, wie wir sie kannten, zunehmend aus den Fugen gerät. Und während da oben gekränkte Egos an den Hebeln sitzen, wächst hier unten die allgemeine Verunsicherung.

Laut einer Studie der Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen erwarten 63% der Deutschen nichts Gutes für das laufende Jahr – eine Stimmung, die man sonst nur aus Apokalypsen kennt. Die Wahlergebnisse vom 23. Februar haben viele erschüttert, das Vertrauen in Institutionen ist im Keller, und fast die Hälfte der Bundesbürger glaubt nicht mehr an die Demokratie.

Die Gründe dafür? Liegen auf dem Tisch: ungelöste nationale Probleme, wirtschaftliche Unsicherheit, Inflation, Migrationsfragen, Klimawandel, Kriege. Dass die politische Krisenkompetenz aktuell chaotisch erscheint, trägt nicht zur Beruhigung bei. Hinzu kommt eine gestiegene gesellschaftliche Sensibilität – oder anders gesagt: ein Klima, in dem gefühlt jede Meinungsäußerung zur Bedrohung wird.

Kein Wunder, dass wir alle nervös sind. Wie kommen wir da wieder raus? Befindlichkeitsstörungen verschwinden leider nicht über Nacht. Die gute Nachricht aber ist: Wir können etwas tun oder auch lassen, z.B. nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Selbstreflexion hilft, vielleicht sind wir ja Teil des Problems? Gespräche führen, auch und gerade mit Andersdenkenden. Politische Diskussionen nicht in sozialen Medien führen und Zuhören, bevor man urteilt.

Befindlichkeitsstörungen sind nicht der alleinige Ursprung unserer Probleme – aber sie beeinflussen persönliche und politische Entscheidungen weit mehr, als sie sollten. Was wir bräuchten, wären weniger gekränkte Egos und mehr pragmatische Lösungen. Sonst wird das nichts mit einer hoffnungsvollen Zukunft.

Die Themen der Woche starten Eversense 365, ein CGM-System, das über ein Jahr hinweg funktioniert, stellen dann den neuen AID-Algorithmus von Tandem vor und zum Schluss einen spannenden Achtsamkeitskurs für Menschen mit Diabetes, der regelmäßig als Webinar von Mirjam Eiswirth angeboten wird. Auf geht’s!

Angekündigt hatten wir es ja bereits, nun wird es konkret: Ascensia bereitet den Launch von Eversense 365 vor und hat dazu ein Webinar durchgeführt, mit lebhaften Diskussionen zu einer Reihe von Aspekten bei der Messtechnik. Wie der Name schon sagt funktioniert dieser implantierbare Sensor über 365 Tage hinweg (One year – one CGM) und wird damit wettbewerbsfähig:

Eversense 365 ein ganzes Jahr CGM

Der Hersteller des Eversense-CGM-Systems, die US-Firma Senseonics, und sein europäischer Vertriebspartner Ascensia, haben kürzlich ein Webinar durchgeführt, bei dem das „Eversense® 365“-CGM-System vorgestellt wurde. Dafür wurde aktuell eine CE-Kennzeichnung beantragt und der Launch in der EU wird bereits vorbereitet. Über 45 Minuten hinweg stellten zunächst der „Präsident CGM“ B. Hansen von Ascensia sowie die medizinische Leiterin von Senseonics Francine Kaufman die technischen Eigenschaften des CGM-Systems vor und zeigten die Ergebnisse einer aktuellen Studie, die gerade publiziert wurde [1]. Die Zuhörerschaft bestand aus führenden europäischen Diabetologen, sieben der Teilnehmer kamen aus Deutschland und alle hatten bereits Interesse am Vorläufer dieses CGM-Systems.

Tandem Diabetes Care, ein amerikanisches Medizintechnikunternehmen mit Sitz inSan Diego, Kalifornien, hat sich auf die Entwicklung innovativer Insulinpumpensysteme spezialisiert. Mit der t:slim X2-Insulinpumpe und Technologien wie Control-IQ und Basal-IQ für automatisierte Insulindosierung lässt sich der Glucoseverlauf stabil halten und Hypoglykämien reduzieren. Nun wird ein:

Neuer AID-Algorithmus bei Typ-1- und Zulassung für Typ-2-Diabetes getestet

Wie gewohnt legt man bei Tandem großen Wert auf Benutzerfreundlichkeit und Konnektivität, weshalb ihre Pumpen mit CGM-Systemen von z.B. Dexcom kompatibel sind. Das Unternehmen gilt als Vorreiter in der Diabetes-Technologie und bietet regelmäßige Software-Updates, um die Therapieoptionen für Menschen mit Diabetes kontinuierlich zu verbessern.

Jeder dritte Mensch mit Typ-1-Diabetes, der Ihnen in der Praxis gegenübersitzt, fühlt sich durch seinen Diabetes stark belastet! Die ständige Selbstkontrolle, die Insulingaben und die permanenten Ernährungsplanungen können auf Dauer zu Diabetes-Distress führen. Dafür gibt es nun Online-Achtsamkeitskurse, um Strategien um Umgang mit dieser Belastung zu finden:

Diabetes und Distress: Wenn die Krankheit zur Belastung wird

Eine aktuelle Studie von Canha et al., gerade erschienen in BMJ Open Diabetes Research Care, mit 1.220 Teilnehmenden zeigt, dass der Diabetes Distress bei über der Hälfte der Befragten hoch ist – und zwar unabhängig davon, ob sie ein AID System nutzen oder ihre Therapie mit Pumpe und Sensor oder mit Pen und Sensor durchführen.

Zum Schluss noch wie immer das Letzte

Ausgerechnet Ameisen 🐜 🐜 🐜 sollten uns als Vorbild diesen, wenn es um Effizienz und Effektivität in Organisationsstrukturen geht?

Warum auch nicht, sie gehören schließlich zu den erfolgreichsten Lebewesen auf dem Planeten Erde. Seit 200 Millionen Jahren gibt es sie schon und es wird sie aller Voraussicht nach noch mal so lange geben. Es gibt unendlich viele von ihnen, geschätzt sind es um die 20 Billiarden oder 2,5 Millionen pro Mensch. Sie leben in Kolonien und bauen Nester, kleinere werden von ein paar hundert Tieren bewohnt, während sich die größte zusammenhängende Kolonie auf der Erde mehr als 6.000 Kilometer entlang der Mittelmeerküste von Italien über Frankreich und Spanien bis nach Portugal zieht.

Wo wir Menschen mit Bürokratie, Egoismen und Fehlkommunikation kämpfen, agieren Ameisen als hochfunktionale Superorganismen, die ihre Ressourcen optimal nutzen. Befindlichkeitsstörungen kennen sie übrigens auch nicht. Jede einzelne Ameise hat eine feste Aufgabe: Arbeiterinnen sammeln Nahrung, manche Arten betreiben sogar „Landwirtschaft“, indem sie Pilze züchten oder Blattläuse melken. Soldaten verteidigen die Kolonie und die Königin sorgt für Nachwuchs. Keine von ihnen stellt seine eigene Position infrage oder streitet um Macht, weil das Gemeinwohl immer an erster Stelle steht.

Sie kommunizieren über Pheromone, die klare und unmissverständliche Signale senden: Gefahr, Nahrungsquelle oder neue Nestplätze. Das funktioniert in atemberaubender Geschwindigkeit ohne Reibungsverluste, derweil bei uns oft genug fehlgeleitete Kommunikation herrscht und Missverständnisse oder bewusste Manipulation unsere Entscheidungsprozesse verlangsamen.

Ameisen brauchen auch keine Anführer, die alles bestimmen. Entscheidungen entstehen durch kollektive Schwarmintelligenz, um auf Herausforderungen zu reagieren. Hierarchische Strukturen, die ineffizient sind und Innovation ausbremsen, gibt es bei den Ameisenvölkern nicht. Sie verschwenden auch keine Ressourcen, Nahrung wird optimal verwertet und Wege werden durch natürliche Algorithmen ständig verbessert, ein Prinzip, das mittlerweile sogar in der Informatik (Ameisenalgorithmen) genutzt wird.

Alle Mitglieder einer Kolonie tragen zur Stabilität bei. Überproduktion, Umweltzerstörung und ineffizienter Ressourcennutzung kommen nicht vor und sie verschwenden keine Zeit: Blitzschnell reagieren sie auf Veränderungen in ihrer Umgebung. Keine Ameise beharrt auf dem Gewohnten, während wir Schwierigkeiten haben, uns an Krisen oder neue Situationen anzupassen. Sie haben sogar ein Gesundheitssystem, und zwar eins, das dem unserem in Sachen Fortschritt und Hygiene kaum nachsteht. Ihre Nester sind klimatisiert und verfügen über Toilettenanlagen, Wildpinkeln ist unerwünscht. Mit eingebrachten Harztropfen wird desinfiziert, sterbende Ameisen müssen nach draußen, um den Bau nicht zu verseuchen. Frisch- und Abluft erfolgen über angelegte Schlote und für den Ernstfall gibt es ein Notrufsystem: Stößt eine verletzte Ameise einen chemischen Alarm aus, wird sofort ein Rettungsteam aktiviert und versorgt Wunden mit antiseptischem Speichel. Selbst Amputationen von Gliedmaßen kommen vor.

Nun sind wir aber keine Ameisen, sondern Menschen und verfügen über individuelle Urteilskraft und nicht über Schwarmintelligenz. Können wir trotzdem etwas von den Ameisen lernen? Wir können! Ameisen zeigen uns, dass klare Aufgabenverteilung, effiziente Kommunikation, kollektive Intelligenz und Ressourcenbewusstsein der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg sind. Wir müssen nur bereit sein, unsere persönlichen Egos zu überdenken und ineffiziente Strukturen begraben – klingt easy und ist doch schwerer als wir glauben.

Das war’s wieder für die Woche und das verdiente Wochenende naht. Vielleicht sollten wir alle einmal über unsere eigenen Befindlichkeiten nachdenken und die eine oder andere Störung ausmachen. Vielleicht nutzen wir aber auch die freie Zeit zu einem schönen Frühlingsspaziergang und bewundern die ersten Frühblüher, die schon da sind. Hier in Düsseldorf blüht gerade das Blaue Band am Rhein mit Millionen von Krokussen und es ist so wunderschön wie in jedem Frühjahr.

Was auch immer Sie vorhaben, wir wünschen Ihnen viel Freude dabei.

Es grüßen herzlich

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Mit freundlichen Grüßen