Herzlich willkommen beim weekly,
nun ist sie schon wieder Geschichte, die diesjährige und bereits 14. diatec, die am vergangenen Wochenende in Berlin stattfand. Für uns war es wieder das Highlight des Jahres und das gleich im ersten Monat. Immer noch sind wir überwältigt von der Vielzahl an gut gelaunten Menschen, den schönen Gesprächen in den Pausen und den vielen kleinen Details, die sich am Rande der eigentlichen Veranstaltung ergeben haben. Ja, es gab spannende Symposien mit erstklassigen Vorträgen und gut vorbereiteten Referenten, es gab praxisnahe Seminare und Workshops, die interessante Inhalte vermittelt haben, es gab einen wunderbaren ‚Besonderen Vortrag‘ von zwei Menschen mit Diabetes und es gab großartige Angebote von unseren Industriepartnern. Das gilt übrigens auch alles für den t1day, der sich gleich am Sonntag an die diatec angeschlossen hat.
Das wirklich Besondere an diatec aber waren für uns die Menschen, die nach Berlin gekommen waren, um sich zu informieren, sich auszutauschen und zu lernen, auch voneinander! In diesen schwierigen Zeiten voller Gemeckere über alles und jedes war es geradezu eine Wohltat, in lächelnde Gesichter zu blicken und auf die Frage: Wie geht’s? ein von Herzen kommendes „Gut“ zu erhalten. In einer Welt, die immer schneller, digitaler und auch kälter wird und das Miteinander und die Menschlichkeit zunehmend auf der Strecke bleiben, haben uns die Tage in Berlin gezeigt, was das Wesentliche im Leben ist – und das sind nun einmal wir alle als Menschen. Nicht nur in politischen Debatten, im Arbeitsalltag oder im persönlichen Umgang miteinander und auch in der Wissenschaft wird heute allzu oft Effizienz, Fortschritt oder Gewinnmaximierung über das gestellt, was uns eigentlich ausmacht: Empathie, Respekt und ein echtes Interesse am Wohlergehen des anderen. Der Mensch im Mittelpunkt, so sind wir sozialisiert worden.
Blicken wir zurück in unsere Entwicklungsgeschichte als Menschen, war es der Höhepunkt des Jahres, wenn Menschen, die in kleinen und weit verstreuten Gemeinschaften und Stämmen lebten, zu einem besonderen Ereignis zusammenkamen. Oft waren diese Zusammenkünfte verbunden mit wichtigen religiösen oder spirituellen Ritualen wie Sonnenwenden, Erntefeste oder Übergangsrituale, die den Jahreszyklus markierten. Man brachte seine Erzeugnisse mit: Felle, Getreide, Töpferwaren, Metalle, Salz oder andere wertvolle Güter, um sie zu tauschen. Auch neue Ideen, Techniken und Geschichten waren im Gepäck und gemeinsame Tänze, Musik und Geschichten und Speisen sorgten für eine Atmosphäre, die den harten Alltag für eine Weile vergessen ließ. Heilkundige taten ihre Erfahrungen und Weisheiten kund und das Teilen von Wissen und Ressourcen sicherte das Überleben in schwierigen Zeiten. So entstand mit der Zeit ein kollektives Gedächtnis. Für die jungen Menschen waren solche Zusammenkünfte die beste Gelegenheit, potenzielle Partner aus anderen Gemeinschaften zu treffen, entscheidend für die Sicherung der genetischen Vielfalt. Durch Ehen, Allianzen oder Freundschaften wurden Bündnisse zwischen Familien und Clans geschmiedet und die Feste stärkten die gemeinsame Identität und zeigten den Menschen, dass sie Teil eines größeren Ganzen waren.
Obwohl unser Leben heute ganz anders aussieht, haben viele unserer modernen Feste und Traditionen ihre Wurzeln in solchen alten Zusammenkünften. Jahrmärkte, Erntedankfeste, religiöse Feiern, Kongresse und Konferenzen und sogar Großveranstaltungen wie die Olympischen Spiele spiegeln diesen uralten Drang wider, zusammenzukommen, zu teilen und zu feiern. Momente des Zusammenkommens, um Gemeinschaft zu erleben und Verbindungen zu stärken, wo auch immer, in der Familie, der Nachbarschaft und unter Kollegen. Oder eben zu einem Kongress wie die diatec!
Darin liegt auch der tiefere Sinn, warum Menschen sich immer noch auf den Weg machen. Längst könnten wir ja gemütlich zu Hause bleiben und uns Veranstaltungen jedweder Art nur noch auf einem Bildschirm anschauen. Die Technologie ist breitflächig vorhanden und man kann bequem etwas lernen und sogar mitdiskutieren. Doch wir Menschen wollen zusammen sein, weil das einen tiefen Aspekt unserer menschlichen Natur berührt und das grundlegende Bedürfnis befriedigt, uns zugehörig und als Teil einer Gruppe zu fühlen. Während der Pandemiejahre haben wir erlebt, wie schwer es war, sich nicht treffen zu dürfen. Wie sehr haben wir alle danach gelechzt, uns endlich wieder umarmen zu können und uns einfach anzulachen – ohne eine Maske im Gesicht.
Alle, die zur diatec kommen, haben ihr berufliches Leben Menschen gewidmet, die mit einer chronischen Erkrankung leben. Als Arzt oder BeraterIn haben sie viele Rollen: Geduldiger Zuhörer, Problemlöser, Beichtmutter oder -vater, Forscher, Lehrer und manchmal auch Seelsorger. In diesem Beruf muss man das richtige Gespür dafür haben, wie man sich dem jeweiligen Patienten nähert und ihm helfen kann – indem man ihn in den Mittelpunkt stellt.
Gleichzeitig leben wir in einer Zeit, in der es ums Siegen geht, von was auch immer. In der Politik wird viel zu heftig und kontrovers diskutiert, als dass noch irgendwer nach dem kleinsten gemeinsamen sachlichen Nenner sucht. In den sozialen Medien werden mehr Gräben geschaffen als Brücken gebaut und an den meisten Arbeitsplätzen, auch im Krankenhaus, wird der Mensch hinter der Arbeitskraft gerne vergessen, während Zahlen und Daten dominieren. Menschen sind aber keine Ressourcen, auch wenn das gerne so gesehen wird.
„Der Mensch im Mittelpunkt“ muss deshalb unser Leitgedanke bleiben, in guten wie in schlechten Zeiten und sicher nicht als hohle Phrase. Dies ist auch keine naive Wunschvorstellung, sondern eine Haltung, die Veränderungen bewirken kann. Menschlichkeit mag manchmal wie ein idealistischer Wert erscheinen, der im rauen Alltag keinen Platz hat. Doch das Gegenteil ist der Fall: Sie ist die Basis für jede echte, nachhaltige Veränderung. Sie ist der rote Faden, der uns daran erinnert, warum wir als Menschen füreinander verantwortlich sind.
Lasst uns also gemeinsam daran arbeiten, dass „Der Mensch im Mittelpunkt“ nicht nur ein schöner Gedanke bleibt, sondern zur Grundlage unseres Handelns wird – heute, morgen und jeden Tag. Es bedeutet, im hektischen Alltag auch mal innezuhalten, um einem anderen zuzuhören und Lösungen zu finden, die nicht nur den eigenen Vorteil maximieren, sondern das Wohl der Gemeinschaft berücksichtigen. Wenn wir den Menschen in den Mittelpunkt stellen, ist das mehr als nur eine noble Tugend. Es ist der Kitt, der uns als Gesellschaft zusammenhält.
Die Themen der Woche sind heute recht politisch und in der Anzahl reduziert, denn wir haben einen langen Beitrag zur „eCGM“ als einem möglichen europäischen Standard zur Güte der Glucosemessung bei CGM-Systemen und einen kürzeren, der sich mit einem spezifischen Thema bei CGM beschäftigt: Gilt die Rili-BÄK eigentlich auch in den Alten- und Pflegeheimen? Ein rechtlicher Graubereich, der mal ein wenig aufgehellt werden sollte. Auf geht’s.
Die Verwendung von konventioneller Blutglucosemessung zur Überwachung des Glucoseverlaufes bei Menschen mit Typ-1 Diabetes wird zunehmend durch CGM-Systeme zum kontinuierlichen Glucosemonitoring ersetzt. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass CGM-Geräte Genauigkeits- und Leistungsstandards erfüllen, um in einem vernetzten digitalen Ökosystemen sicher und effektiv zu sein, denn eine unzureichende Messgüte kann sonst zu ernsthaften Risiken für die Patienten führen. Nun schlagen einige beim EASD federführende Kollegen einen neuen Ansatz zur Bewertung der Güte von CGM-Systemen in Europa vor:
eCGM – ein neuer Konformitätsstatus für CGM-Systeme
Wenn die Präsidentin der EASD, Chantal Mathieu gemeinsam mit einer illustren Runde europäischer Diabetologen einen Kommentar zu den Mindestanforderungen für die Marktzulassung von CGM-Systemen in Europa (eCGM – Konformitätsstatus) publiziert, dann sollte man einmal genauer hinschauen, was dort drinsteht [1] und das versuchen wir im Folgenden.
Es gibt in der Diabetologie immer noch Themen, die vernachlässigt werden, weil sie weniger im Fokus der Behandler stehen oder Randgruppen betreffen. Eine solcher Randgruppen, wenn auch mit zunehmender Zahl an Mitgliedern, sind die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Nun aber wachsen nach und nach die Boomer in diese Gruppe hinein, das gilt auch für die Autoren dieses Beitrags. Ein guter Grund also für die Kommission Labordiagnostik in der Diabetologie (KLD) der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), sich mit der Relevanz der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen bei der Blutglucosemessung und der Nutzung von kontinuierlichem Glucosemonitoring zu beschäftigen:
Die Rili-BÄK in Alten- und Pflegeheimen
Die Kommission Labordiagnostik in der Diabetologie (KLD) der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Labormedizin (DGKL) wurde wiederholt angefragt, inwieweit die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (Rili-BÄK), die in der Heilkunde Anwendung findet, für die Versorgung von Menschen in Alten- und Pflegeheimen relevant ist. Zum Hintergrund: Betreiber von Medizinprodukten unterliegen den Anforderungen der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV). Diese beschreibt in §9 Vorgaben für ein Qualitätssicherungssystem im Kontext von laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen. Eine
Zum Schluss noch wie immer das Letzte
Sie kam ‚Out of the Blue‘ und sie kam, um zu bleiben: Die chinesische KI DeepSeek! Dieses KI-Modell bietet ähnliche Fähigkeiten wie die fortschrittlichste Version von ChatGPT, jedoch zu einem Bruchteil der Kosten. Innerhalb kürzester Zeit wurde DeepSeek-R1 zur meistgeladenen App und überholte damit ChatGPT. Sie ist kostenlos im US-amerikanischen Apple App Store erhältlich und ihr finaler Code und die technischen Details sind offen zugänglich, was in der Tech-Community auf breite Anerkennung stößt.
Hinter der Entwicklung steckt ein chinesisches Unternehmen für künstliche Intelligenz, gegründet 2023 von Liang Wenfeng in Hangzhou, Zhejiang, ein chinesischer Super-Nerd, der sich auf die Entwicklung von Open-Source-Sprachmodellen spezialisiert hat. Trotz erheblicher Sanktionen der Amerikaner gegen China, die darauf abzielten, die Fähigkeit des Landes zur Entwicklung fortschrittlicher KI-Systeme einzuschränken und deshalb keine Nvidia-Chips lieferten, gelang es DeepSeek, für angebliche 6 Millionen US-Dollar Entwicklungskosten leistungsfähige KI-Modelle zu entwickeln, auch mit weniger leistungsstarken Chips. Das stellt die bisherigen Annahmen über die Notwendigkeit teurer Hardware für fortschrittliche KI in Frage.
Zu Beginn der Woche hat der Erfolge von DeepSeek zu erheblichen Turbulenzen an den US-Technologiemärkten geführt. Erfolgsverwöhnte Unternehmen wie Nvidia und Microsoft mussten massive Kursverluste in Kauf nehmen, die sich mittlerweile aber wieder leicht erholt haben. Auch hat DeepSeek Diskussionen über die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der USA im Bereich der KI ausgelöst und stellt nun die Frage, ob die hohen Investitionskosten amerikanischer Unternehmen in KI-Infrastrukturen tatsächlich notwendig sind. Immerhin hatte der aktuelle amerikanische Präsident noch vergangene Woche vollmundig 500 Milliarden US-Dollar für die weitere Entwicklung von KI-Systemen angekündigt. Das Geld kann er ja nun sinnvoller einsetzen, beispielsweise für ein gutes Bildungssystem.
Trotz der beeindruckenden Fähigkeiten von DeepSeek-R1 gibt es Einschränkungen, insbesondere bei sensiblen politischen Themen in China. Dennoch stellt DeepSeek einen bedeutenden Akteur in der globalen KI-Landschaft dar und könnte die Dynamik im Wettlauf um KI-Innovationen verändern und trotz aller Bedenken sehen die Stakeholder eine effizientere KI-Technologie als Vorteil für die gesamte Branche.
Wer mehr wissen möchte, hier gibt es ein YouTube-Video und eine KI übersetzt auch gleich die Worte des sympathischen jungen Chinesen. Wer sich anmelden möchte, um die KI auszuprobieren, braucht zurzeit Geduld, denn DeepSeek kommt mit den Anmeldungen kaum hinterher.
Und wie sicher ist DeepSeek? Hier ist Vorsicht angebracht, denn schon bei der Anmeldung soll man seine Telefonnummer hinterlegen. DeepSeek sammelt nach eigenen Angaben auch alles, was man in die Plattform eingeben: Texte, Audioeingaben, hochgeladene Dateien, die Chathistorie und sämtliche weiteren Inhalte, angeblich, damit DeepSeek sein Modell weitertrainieren kann. Auch Internet- und Netzwerkinformationen wie IP-Adressen, Cookies werden erfasst und gesammelt und darüber hinaus sogar das Modell und das Betriebssystem des Endgeräts, auf dem die App läuft. Selbst Muster oder Rhythmen der Tastaturbedienung merkt sich das System – nach eigenen Angaben. Gesammelt werden sämtliche Daten auf chinesischen Servern und sie unterliegen dann der chinesischen Zensur.
Wir meinen, dass Vorsicht angebracht ist. Bei allem Datenschutz, der in unserem Land so erbittert verteidigt wird, ist gleichzeitig die Bereitschaft von Menschen, ihre Daten unbedenklich freizugeben, sehr hoch. Anders ausgedrückt: Bereitwillig füttern wir solche KI-Systeme und erhalten dafür – wie einstmals die Indian Natives in Amerika – billige Glasperlen.
Das wars für diese Woche. Falls Sie enttäuscht sind, dass wir nicht mehr zu diatec berichten, das schaffen wir erst in der kommenden Woche. Bis dahin wünschen wir Ihnen ein schönes und entspanntes Wochenende und verbleiben mit unseren besten Grüßen,
Dieser Artikel erscheint als Teil des wöchentlichen Letters zu hochaktuellen Entwicklungen im Bereich Diabetes Technologie. Nutzen Sie das nebenstehende Formular um sich für den diatec weekly Newsletter anzumelden!
Mit freundlichen Grüßen