Dr. Hajo Mühlen, Duisburg
Zum 1. Juli 2023 werden die Ziffern 03355, 04590 und 13360 gekürzt, dies wurde von der KBV angekündigt. Zum Hintergrund: Der GBA hat mit seinem Beschluss aus 2016 die Liste der „Methoden, die als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen“ um die „Kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) zur Therapiesteuerung bei Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus“ ergänzt. Im § 3 Abs. 3 wurde gefordert, dass die Patient*Innen „zeitnah im Zuge der Verordnung und vor der ersten Anwendung des rtCGM hinsichtlich der sicheren Anwendung des Gerätes, insbesondere der Bedeutung der Blutglukose-Selbstmessung und der durch das Gerät zur Verfügung gestellten Trends unter Berücksichtigung des individuellen Bedarfs und eventuell vorhandener Vorkenntnisse geschult werden“. Da es sich um eine bundesweite Regelung im Bereich der GKV handelte, musste eine entsprechende „Schulung“ zeitnah im EBM honoriert werden, was zu der Einführung der Ziffer 03355 (04590, 13360 je nach Fachgruppe) als „Anleitung eines Patienten und/oder einer Bezugsperson zur Selbstanwendung eines rtCGM gemäß § 3 Nr. 3 der Nr. 20 der Anlage I „Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden“ der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses von mindestens 10 Minuten Dauer“ führte.
Obwohl der GBA eine „Schulung“ forderte, wird hiermit im EBM ein neuer Begriff, nämlich „Anleitung“, eingeführt. Wie dieser definiert ist und inwieweit dieser Begriff als „Schulung“ im Sinne des GBA-Beschlusses oder im Verständnis einer Schulung, wie er in der Diabetologie verstanden wird, abgedeckt wird, ist unklar. Ob 100 Minuten „Anleitung“ überhaupt ausreichen, ein so komplexes Thema wie die individuelle Interpretation von CGM-Kurven einem Menschen mit Diabetes nahe zu bringen, ist auch sehr zweifelhaft.
Leider wurde weder die Anforderung an die „Anleitung“ noch die zeitliche Ausstattung der Ziffern mit der Fachgesellschaft oder den Berufsverbänden diskutiert. Bei Verhandlungen mit den Krankenkassen bzgl. der Schulung bei CGM wird gern auf diese Ziffer als „Schulungsziffer“ verwiesen. Oder die durch den Hersteller zu erbringende technische Einweisung wird mit einer Schulung gleichgesetzt. Dies mag auch ein Grund sein, warum bis heute das evaluierte Schulungsprogramm SPECTRUM® von keiner Krankenkasse beim Bundesamt für soziale Sicherung (BAS, früher Bundesversicherungsamt) zur Akkreditierung eingereicht wurde. Erst nach Akkreditierung eines Schulungsprogramms durch das BAS kann das Programm im Rahmen der DMP-Verträge honoriert werden.
Bei nahezu allen neu eingeführten EBM-Ziffern erfolgt nach ein paar Jahren eine Überprüfung durch den Beratungsausschuss und in der Regel eine Abstaffelung bzw. Honorarkürzung, so nun auch mit der Ziffer 03355. Der Text der KBV hierzu:
Konkret geht es um die Gebührenordnungspositionen (GOP) 03355, 04590 und 13360 zur Anleitung eines Patienten oder einer Bezugsperson zur Selbstanwendung eines Real-Time-Messgerätes zur kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung (rtCGM), die je vollendete zehn Minuten angesetzt werden können (72 Punkte / 8,27 Euro).
Der Bewertungsausschuss hat die Abrechnungshäufigkeit von bisher zehnmal auf siebenmal im Krankheitsfall (= aktuelles und die drei folgenden Quartale) reduziert. Zudem wurde der Zeitraum konkretisiert: So sind die GOP nur noch in höchstens zwei aufeinanderfolgenden Quartalen und nur in Zusammenhang mit der ersten Verordnung eines rtCGM-Systems beziehungsweise dem Umstieg auf ein anderes System berechnungsfähig.
Die Ausstellung der Verordnung eines rtCGM-Systems muss nicht im selben Quartal wie die Durchführung und Abrechnung der GOP 03355, 04590 und 13360 liegen. Sie kann auch in dem vorausgegangenen Quartal erfolgt sein. Hintergrund der Änderungen ist, dass die Schulung im Zuge der Verordnung und vor der ersten Anwendung stattfinden soll. Dies regelt die Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses (Nr. 20 der Anlage I „Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden).
Diese Änderung war für Alle überraschend, da auch diese Änderung vom Bewertungsausschuß ohne Rücksprache mit der Fachgesellschaft oder Berufsverbänden beschlossen wurde.
Die Kürzung ist weitreichender, als es vielleicht auf den ersten Blick scheint, da bisher die Ziffer 03355 insgesamt 10 x im Krankheitsfall (sprich innerhalb von 4 Quartalen) abgerechnet werden konnte – und das bei jedem Patienten mit einem CGM (wenn eine entsprechende Beratung gemäß der Leistungslegende durchgeführt wurde). Nun ist die Abrechnungsfähigkeit auf 7 x in 2 Quartalen reduziert worden. Aus bisher 100 Minuten Beratung pro Jahr sind nun 70 Minuten pro Neu- oder Umstellung geworden. Spätestens jetzt muss das Thema Schulung und Beratung bei Anwendung von Diabetes-Technologie neu diskutiert werden und zur Aufnahme der Diabetes-Technologie in die DMP-Verträge führen. Den ersten Schritt dazu hat die AGDT bereits getan und den Begriff „Schulung“ und „Technische Einweisung“ definiert. Auch hier gibt es bei den Krankenkassen und den Entscheidungsträgern erhebliche Missverständnisse der Begriffe und Verwechselungen.
DiaTec weekly – Mai 12, 23
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