Bei dieser Evaluation wurde unter allen vollstationären Behandlungsfällen ≥20 Jahre in der „diagnosis related groups“(DRG)-Statistik in den Jahren 2015–2017 die Häufigkeiten von fünf Diabetestypen (Typ 1, Typ 2, sonstiger/pankreopriver Diabetes, „seltener Diabetes“ ICD-E12 oder E14, Gestationsdiabetes) sowie von Prädiabetes, in allen Hauptdiagnosen (Aufnahmegründe) und Nebendiagnosen anhand der ICD-10-Codes untersucht. Weiterhin wurden verglichen die Verweildauer, die Krankenhaussterblichkeit sowie die Häufigkeit verschiedener Kategorien von Hauptdiagnosen zwischen Fällen mit und ohne Diabetes. In den drei Jahren hatten rund 18% der 16,4 bis 16,7 Millionen stationären Fälle eine Haupt- oder Nebendiagnose Diabetes (2017: Typ- 2-Diabetes 17,1%; Typ-1-Diabetes 0,5%). Im Vergleich zu den Fällen ohne Diabetes lag 2017 der größte Unterschied in der Verweildauer bei Typ-1-Diabetes im Alter von 40–49 Jahren (7,3 versus 4,5 Tage) und in der Krankenhaussterblichkeit bei Typ-2-Diabetes im Alter von 70–79 Jahren (3,7% versus 2,8%). Eine Abschätzung auf der Basis der gesamtdeutschen vertragsärztlichen Abrechnungsdaten durch das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland spricht von einer Prävalenz des Diabetes mellitus für das Jahr 2015 von insgesamt 9,8%. Die hier beobachtete doppelt so hohe Diabetesprävalenz bei den stationären Fällen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung belegt die hohe diabetesassoziierte Morbidität und unterstreicht den erheblichen stationären Versorgungsbedarf von immer älter werdenden multimorbiden Patienten mit Diabetes.
Über drei Millionen stationär behandelte Patienten mit Diabetes pro Jahr bedeuten, dass eine qualifizierte diabetologische Betreuung in Krankenhäusern erforderlich ist. Die besonderen Begleitumstände des Diabetes mit lebensbedrohlichen Hypo- und Hyperglykämien und Komorbiditäten verlangen ein flexibles und individuelles Management im Krankenhaus, das mit der rasanten Weiterentwicklung der technischen Behandlungsmöglichkeiten wie Insulinpumpen, CGM- und AID-Systemen Schritt halten kann. Wird dieser Bedarf nicht berücksichtigt, sind nicht nur negative Auswirkungen für die Behandlung von Patienten mit Diabetes im Krankenhaus absehbar, sondern auch nachteilige ökonomische Folgen für die Krankenhäuser, zum Beispiel längere Liegedauer und höhere Komplikationsraten bei Operationen.
Fazit: Leider liefert diese Evaluation keine Angaben dazu, wie Patienten mit Diabetes konkret im Krankenhaus behandelt werden. Allein die schiere Anzahl von Patienten und deren Verweildauer im Krankenhaus macht aber deutlich, dass das Thema Diabetes-Technologie auch hier von Relevanz ist. Dabei sollte es eine untergeordnete Rolle spielen, ob Patienten mit den von ihnen verwendeten Medizinprodukten als Bestandteil ihrer Diabetestherapie ins Krankenhaus kommen oder ob die Behandlerseite, d.h. die betreuenden Ärzte und das Pflegepersonal, im Umgang mit Diabetes-Technologie vertraut sind.
Vermutlich in massiver Abhängigkeit davon, auf welcher Station, bedingt durch den Grund für die Einweisung ins Krankenhaus, Patienten mit Diabetes landen, werden sie dort auf mehr oder weniger (Un)Verständnis beim Thema Diabetes-Technologie treffen. Falls sie selbst noch in der Lage sind, sich um ihre Diabetestherapie zu kümmern und die von ihnen dafür verwendeten Medizinprodukte zu „verteidigen“, wird ihnen dies gelingen. Nach einer Operation jedoch sind sie auf Unterstützung durch das Behandlerteam angewiesen. Problematisch wird es, wenn in Abhängigkeit von der aktuellen Erkrankungssituation die Diabetestherapie mehr oder weniger vollständig von den Krankenhausärzten sowie dem Pflegepersonal übernommen wird, was in vielen Fällen wohl mit der „Wegnahme“ von unbekannten Medizinprodukten verbunden ist. In den USA gibt es übrigens ein jährliches spezielles Meeting, das sich um das Thema „Einsatz von Diabetes-Technologie im Krankenhaus“ kümmert, etwas Vergleichbares haben wir in Deutschland jedoch nicht. Bei der DiaTec 2022 wird es deshalb am Freitagnachmittag erstmals eine Session geben, bei der sich gezielt Kollegen, die im Krankenhaus arbeiten, zu diesem Thema austauschen können.
DiaTec weekly – Oktober 01, 21
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