Es scheint nicht so zu sein, dass die angemerkten Probleme konkrete und unmittelbare Auswirkungen auf die Nutzer haben, denn Medtronic empfiehlt auf Grundlage des Warnschreibens der FDA „keine Maßnahmen“ für Patienten oder Anbieter. Auch ist die Pumpe, um die es vorrangig geht und die die Serie 600 betrifft, (d. h. die in der MiniMed 670G verwendet wird), nicht mehr aktuell sind, ist hier allerdings weniger von Belang. In einer Pressemitteilung hat Medtronic Mitte Dezember dazu Stellung bezogen und als Ziel dargestellt, auf das Schreiben mit einer Reihe von Korrekturmaßnahmen und Prozessverbesserungen unter der Leitung interner Führungskräfte und externer Experten zu reagieren. Medtronic teilte weiterhin mit, dass das Unternehmen diese Aktivitäten mit der FDA besprechen wird. Mal schauen, ob die FDA die Korrekturmaßnahmen von Medtronic als angemessen erachtet.
Medtronic war nach der Inspektion bereits in einer intensiven Kommunikation mit der FDA, dies scheint die Bedenken der Prüfer aber nicht zerstreut zu haben, sonst wäre nicht das Warnschreiben rausgegangen. Anscheinend erwartet die FDA weitergehende Schritte, um die Probleme insgesamt adäquat zu adressieren. In ihrem Antwortschreiben zeigt Medtronic die Bereitschaft dafür auf, die notwendigen Maßnahmen zeitnah durchzuführen. Die Formulierungen in der Stellungnahme von Medtronic können so interpretiert werden, dass die FDA ziemlich grundsätzliche Änderungen und Anpassungen erwartet.
In dem Warnschreiben der FDA wurde auch erörtert, was die Agentur als ein Versäumnis definiert: Wenn der FDA innerhalb von 30 Kalendertagen nach Erhalt oder anderweitiger Kenntnisnahme von Informationen, die den begründeten Verdacht nahelegen, dass ein vermarktetes Produkt einen Tod oder eine schwere Verletzung verursacht oder dazu beigetragen haben könnte, einen Bericht vorzulegen, wie vorgeschrieben. Konkret wird in dem Warnschreiben ein Szenario beschrieben, in dem eine MiniMed-Insulinpumpe eine „Fehlfunktion“ aufwies, die bei einem Patienten zu einer schweren Hypoglykämie führte. Zu diesem Vorfall schrieb die FDA: „Es gibt keine Informationen in der Beschwerdeakte von Medtronic, die ausschließen, dass das Gerät die erwähnte schwere Hypoglykämie nicht verursacht oder dazu beigetragen hat“, so dass Medtronic der FDA einen Bericht vorlegen musste, was laut der Agentur nicht geschehen ist.
Fazit: Nun haben wir Deutsche ja eher wenig Grund, uns diese Story mit einem gewissen Stirnrunzeln anzuschauen, denn mit dem Dieselskandal haben wir unseren Ruf ja bereits kräftig ramponiert. Es ist aber schon Nachdenkenswert, wenn bei großen Firmen wie beispielsweise dem Flugzeughersteller Boeing ernsthafte Probleme mit dem Qualitätsmanagement bekannt werden, zumal diese sehr konkret Sicherheitsrisiken für Menschen bedeuten.
Nur um dies klarzustellen, auch andere Hersteller von Medizinprodukten aus dem Diabetes-Bereich haben schon Warnbriefe bekommen! Es geht also an dieser Stelle nicht darum, einen Hersteller anzukreiden, sondern um die grundsätzliche Herangehensweise und Problematik, die sich insbesondere beim Blick in die Zukunft ergibt: Wie ist denn die Güte der Zulassungsprozesse von neuen Produkten? Wie wird mit Problemen umgegangen, wenn diese auftreten? Wo liegen die Prioritäten der Hersteller? Medtronic spricht offen in seinem Antwortschreiben an, dass es aus Sicht der Firmenkultur wichtig ist, bei allem, was sie tun, auch weiterhin mit einer patienten- und qualitätsorientierten Denkweise zu arbeiten, um eine Wiederholung dieser Beobachtungen in Zukunft zu verhindern. In diesem Sinne ist sich Medtronic seiner Verantwortung bewusst, zumindest lässt sich dies den Aussagen im Antwortschreiben entnehmen. Interessant wäre es zu wissen, warum in den USA die 780G noch nicht zugelassen ist – damit wird nicht vor dem ersten Halbjahr 2022 gerechnet. In dem vollständigen Warnschreiben der FDA heißt es, dass Anträge auf Vorabgenehmigung für Produkte der Klasse III (was AID-Systeme sind), auf die sich die Mängel des Qualitätssystems beziehen, nicht genehmigt werden, bis die Mängel behoben sind… auch wenn Pumpen der Serie MiniMed 700 (einschließlich der Pumpe für das System MiniMed 780G) wohl nicht (!) in der Anlage in Northridge/California hergestellt werden.
DiaTec weekly – Januar 14, 22
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