In der Industrieausstellung gab es eine ganze Reihe von Messeständen und von der chinesischen Firma Sinocare ein gut besuchtes Symposium. Dabei wurden Details von deren CGM-System vorgestellt, welches ein Sensor-System der 3. Generation beinhaltet und Glucose-Dehydrogenase als Enzym nutzt, während alle anderen CGM-Systeme Glucoseoxidase verwenden. Die Leistungsfähigkeit dieses Systems wurde sowohl in klinischen Studien in China (dort ist dieses System als Produkt auf dem Markt) als auch in einer klinischen Studie in den USA untersucht. Die dabei erreichten Kennzahlen können mit denen etablierter Hersteller von CGM-Systemen gut mithalten.
Im Endeffekt werden alle diese Firmen versuchen, ihre Produkte – und dies sind neben den CGM-Systemen auch Insulinpumpen und AID-Systeme – auf den europäischen Markt zu bringen. Einige der Systeme haben bereits eine CE-Markierung oder erwarten diese in Kürze, was bedeutet, dass sie ihre Genauigkeit und Zuverlässigkeit ihrer Produkte durch geeignete klinische Studien nachweisen konnten. Der angegebene MARD bei den CGM-Systemen liegt in der Tat meistens unter 10%, dabei ist jedoch anzumerken, dass gewisse Zweifel an der Zuverlässigkeit und den Details dieser Studien bestehen. Auch wurden deren Ergebnisse fast immer (bisher?) nicht veröffentlicht und das macht es schwierig, die Güte der Studiendurchführung und die dabei verwendeten Designs und Methoden zu beurteilen.
Fast alle CGM-Systeme haben vergleichbare Eigenschaften: Eine Nutzungsdauer von 10 bis 15 Tagen, es ist keine Kalibrierung erforderlich und die Daten werden an eine zugehörige App auf ein Smartphone gesendet. Deshalb wird im Endeffekt wohl der Preisunterschied zu den CGM-Systemen der etablierten US-Hersteller (Abbott, Dexcom und Medtronic) der größte Unterschied sein.
Überblick über einige asiatische CGM-Systeme
Aktuell kam die Information, dass die chinesische Firma Sibionics eine CE-Markierung für sein „GS1“-CGM-Sytem bekommen hat, was den Weg für die Verbreitung und Nutzung dieses Systems auf dem europäischen Markt vorbereitet. Sibionics wurde 2015 gegründet und ist laut eigener Aussage die drittgrößte CGM-Marke weltweit, verfügt über eine Belegschaft von über 700 Mitarbeitern, von denen über 40% aktiv an Forschung- und Entwicklung beteiligt sind. Angeblich haben sie mit 1.600 Krankenhäusern bei der Einführung des GS1 CGM für die stationäre Behandlung zusammengearbeitet. Weltweit nutzen wohl über 600.000 Nutzer dieses CGM-System für ihre Diabetestherapie, wobei nicht klar erkenntlich ist, ob diese Nutzer primär in China lokalisiert sind oder auch anderswo. Mit einer Produktionskapazität von 6 Millionen Einheiten pro Jahr und einem konstant niedrigen MARD-Wert von 8,8% für jede Charge ist Sibionics zuversichtlich, einen noch größeren Kundenstamm bedienen zu können.
Die MARD-Angabe basiert auf einer multizentrischen Studie zur Bestimmung der Genauigkeit des GS1 CGM, die im August 2022 im „International Journal of Diabetes in Developing Countries“ veröffentlicht wurde. Verglichen wurden die mit dem CGM-System gemessenen Glucosewerte mit denen von venösen Blutglucosemessungen, die MARD-Werte wurden durch den Vergleich von CGM- und venösen Glucosemessungen für insgesamt mehr als 1.960 übereinstimmenden Datenpaaren im Bereich von 40-400 mg/dL berechnet. Diese Paare wurden analysiert, um den Prozentsatz der Paare innerhalb von ±20/20 zu ermitteln (= Anteil der CGM-Werte innerhalb von 20 mg/dL der venösen Glucosewerte bei <100 mg/dL und innerhalb von 20% bei >100 mg/dL). Beim Tragen am Oberarm lag die ±20/20-Übereinstimmungsrate bei 92%. Der Prozentsatz der A+B-Zonen des Clarke- und des Konsensus-Fehlerrasters lag bei 99,2% bzw. 99,9%.
Das GS1-CGM-System bietet den Nutzern ein kalibrierungsfreies, 14-tägiges kontinuierliches Glucosemonitoring mit Transfer der Daten alle 5 Minuten an Überwachungsgeräte oder mobilen Anwendungen (SiBionics CGM App; App Store, Play Store), auch zur Erstellung von professionellen AGP-Berichten. Das CGM verfügt über eine einstündige Aufwärmzeit, ist nach IPX8 zertifiziert (kann also bis zu einer Stunde lang in 1 m tiefes Wasser getaucht werden) und verwendet eine 5-mm-Mikrofilamentnadel zur Messung der Glucosekonzentration in subkutaner interstitieller Flüssigkeit. GS1 unterstützt nicht nur den Datenaustausch mit Freunden und Familie, sondern integriert auch die sogenannte „ProView“-Fernzugriffsplattform.
Fazit: Die Ausbietung des GS1-Systems in Europa soll wohl stufenweise erfolgen. Es wird vermutlich insbesondere von den Kosten des Systems abhängen, ob es sich (oder vergleichbare Systeme anderer Anbieter) auf dem gut etablierten Markt gegen die Konkurrenz behaupten kann. Bisher ist auch wenig bekannt darüber, ob das CGM-System mit Insulinpumpen/AID-Systemen kommunizieren kann oder wie gut die App funktioniert oder wie die Messgüte über die Nutzungsdauer hinweg und im niedrigen Glucosebereich ist. Sibionics hat auch ein KS1 „Continuous Ketone Monitoring System“ (CKM) als Produkt entwickelt, jedoch nicht für den europäischen Markt.
diatec weekly – November 10, 23
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