Diese Frage haben sich holländische Kollegen (Mitarbeiter bei Diabeter) gestellt und haben aktuell eine Übersichtsarbeit zur Häufigkeit der Beendigung der Nutzung einer Insulinpumpe und die Gründe dafür systematisch analysiert [1].
Ausgehend von der Tatsache, dass die Nutzung von Insulinpumpen einen flexibleren Lebensstil ermöglicht und im Vergleich zu einer mehrfachen täglichen Injektion (MDI; multiple daily injections) von Insulin bei vielen Patienten zu einer besseren glykämischen Kontrolle und zu mehr Lebensqualität führt, stellt sich die Frage, warum trotzdem eine gar nicht so kleine Anzahl von Menschen mit Typ-1-Diabetes wieder zu MDI zurückkehren.
Zur Beantwortung dieser Frage wurden aktuelle Publikationen in Hinsicht auf die Gründe für den Abbruch und die damit verbundenen Faktoren ausgewertet. Zur Identifikation dieser Publikationen wurde eine systematische Literaturrecherche in folgenden Datenbanken durchgeführt: Embase.com, MEDLINE (über OVID), PsycINFO und CINAHL. Die Titel und Zusammenfassungen der in Frage kommenden Veröffentlichungen wurden gesichtet und die Ausgangsdaten, Merkmale der eingeschlossenen Studien (zwischen den Jahren 2000 und 2020 publiziert), außerdem wurden Variablen im Zusammenhang mit der Verwendung von Insulinpumpen extrahiert. Die Daten wurden zu definierten Themenblöcken zusammengefasst: Indikationen für die Nutzung einer Insulinpumpe und berichtete Gründe und Faktoren, die mit dem Absetzen der Insulinpumpe in Zusammenhang stehen.
Insgesamt wurden 826 geeignete Publikationen identifiziert, die Daten von 67 Publikationen wurden in den systematischen Review eingeschlossen. Der Prozentsatz der Abbrüche reichte von 0% bis 30% (Median 7%). Die von den Nutzern angegebenen Gründe für den Abbruch der Insulinpumpennutzung wurden 140mal in 34 Veröffentlichungen genannt.
Die mit Abstand am häufigsten genannten Gründe (29%) waren nutzungsbedingte Probleme, diese waren in den einzelnen Studien zwar recht unterschiedlich, aber als Hauptthemen wurden unter anderem das ständige Anbringen eines Geräts am Körper genannt sowie Beeinträchtigungen bei täglichen Aktivitäten wie Sport, aber auch das Tragen von weniger praktischer Kleidung am Strand oder auf Reisen im Sommer wurden ebenso genannt wie ein beeinträchtigtes Körperbild.
Die am zweithäufigsten genannten Gründe standen im Zusammenhang mit einer mangelnden Verbesserung der glykämischen Ergebnisse (hohe Glukosewerte, hoher HbA1c-Wert) oder sogar einer Verschlechterung der Glucosekontrolle (14%). Motivationsprobleme wie z. B. eine allgemeine Abneigung gegen die Pumpe oder suboptimale Befolgung der Behandlungsempfehlungen, zu viel Freiheit) und Eingriffe in das Leben durch die Sichtbarkeit der Pumpe, eine verstärkte Konfrontation mit dem Diabetes oder Alarme machten jeweils 9% der Gründe für die Beendigung der Pumpennutzung aus.
17% der Gründe für den Abbruch der Pumpentherapie waren technische Probleme mit der Insulinpumpe, z.B. Probleme mit den Kathetern (Abknicken oder Verstopfungen des Infusionssets, oder Leckagen), Verbindungsprobleme mit der Pumpe, Probleme beim Einsetzen der Kanüle, Adhäsionsprobleme und fehlerhafte oder defekte Geräte. Weniger häufige Gründe für den Abbruch waren Arbeitsbelastung (6%), Nebenwirkungen (6%), Kosten (4%), Vertrauen (4%) und Schwangerschaft (1%). Weitere mit dem Abbruch zusammenhängende Faktoren waren der HbA1c (17%), Probleme mit der Einhaltung der Behandlungsempfehlungen (14%), Alter (11%), Geschlecht (9%), Nebenwirkungen (7%) sowie komorbiditäts- und komplikationsbezogene Faktoren (6%).
Trotz der zahlreichen Weiterentwicklungen bei der Insulinpumpentechnologie in den letzten Jahrzehnten sind die Abbruchraten und die von den Nutzern angegebenen Gründe und Faktoren, die zum Abbruch der Nutzung einer Insulinpumpe führen, bei neueren Studien vergleichbar mit denen, die in früheren Übersichtsarbeiten/Meta-Analysen angegeben wurden.
Fazit: Das Resümee der Autoren ist, dass die Fortführung einer Insulinpumpenbehandlung sehr von einem sachkundigen und motivierten Diabetes-Team und der engen Abstimmung mit den Wünschen und Bedürfnissen der Nutzer abhängt. In einer Tabelle werden 13 Empfehlungen aufgelistet, wie das Risiko des Abbruchs der Nutzung einer Insulinpumpe minmiert werden kann.
Zum Abschluss merken die Autoren an, dass nach den Ergebnissen dieses systematischen Reviews die große Mehrheit der Nutzer (ca. 95%) bei der Nutzung einer Insulinpumpe bleibt. Ihrer Ansicht nach ist dies bemerkenswert, da heutzutage eine recht heterogene Gruppe von Menschen mit Diabetes von einer heterogenen Gruppe von HCPs behandelt wird, mit heterogenen klinischen Problemen zu tun hat, verglichen mit der hochselektierten Gruppe von Nutzern, die in spezialisierten Zentren zu Beginn der Insulinpumpenbehandlung vor mittlerweile einigen Jahrzehnten behandelt wurden.
- Dekker P, Aanstoot HJ, Sas T, de Vries M, Birnie E, Mul D, et al. Prevalence of and Reasons for Discontinuation of Continuous Subcutaneous Insulin Infusion in People with Type 1 Diabetes: A Systematic Review. Diabetes Technol Ther. 2023. Epub 20230602. doi: 10.1089/dia.2023.0038. PubMed PMID: 37053533.
diatec weekly – Juni 23, 23
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