An der Studie nahmen 319 Teilnehmer aus 21 Gesundheitszentren in den USA und Kanada teil. Alle wurden mit einer Basalbolus-Insulintherapie betreut und nach dem Zufallsprinzip (2:1) ausgewählt, um auf eine Tandem t:slim X2-Insulinpumpe mit Control-IQ+-Technologie (= AID-Gruppe) umzusteigen, die in Verbindung mit einem Dexcom G6-Sensor und Insulin Aspart von Novo Nordisk verwendet wird, oder um mit ihrem bestehenden Insulintherapieplan und einem nicht verblindeten Dexcom G6-Sensor (= CGM-Gruppe) fortzufahren. Der primäre Endpunkt der Studie war die Veränderung des HbA1c-Wertes gegenüber dem Ausgangswert. Die Anwesenheit einer Kontrollgruppe ermöglicht die Bestimmung des Studien- – gegenüber dem Behandlungseffekt; die Vortragenden betonten die Bedeutung des erstmaligen Charakters der Studie als groß angelegte RCT von AID für T2D.
Der mittlere HbA1c-Wert sank in AID-Gruppe um 0,9 % von 8,2 % zu Studienbeginn auf 7,3 % nach 13 Wochen, verglichen mit einer Senkung um 0,3 % in der CGM-Gruppe von 8,1 % zu Studienbeginn auf 7,7 %. Der Behandlungseffekt war bei einem höheren Ausgangs-HbA1c-Wert größer, mit einer durchschnittlichen Veränderung von -2,3 % gegenüber dem Ausgangswert bei einem HbA1c-Wert von ≥9,0 % im Vergleich zu keiner durchschnittlichen Veränderung bei einem HbA1c-Wert von <7,0 %. Die Zeit im Zielbereich (TiR; 70-180 mg/dl) verbesserte sich um 16 % (+3,8 Stunden/Tag) in der AID-Gruppe von 48 % zu Studienbeginn auf 64 %, bei einer geringfügigen Veränderung der TiR in der CGM-Gruppe (51 % zu Studienbeginn auf 52 % bei der Nachuntersuchung). Ähnliche Vorteile wurden auch bei der Zeit im engen Bereich (TiTR; 70-140 mg/dL), der Zeit >180 mg/dL, der Zeit >250 mg/dL, der Zeit >300 mg/dL, bei verlängerten Hyperglykämie-Ereignissen, bei AUC180 und beim hohen Blutzuckerindex beobachtet. Ein Hauptziel des neuen AID-Algorithmus ist die Reduktion der Hyperglykämie, bei denjenigen, die den Algorithmus verwendeten, wurde eine durchschnittliche Reduzierung von 16 % für Zeit >180 mg/dL, 9,7 % weniger Zeit >250 mg/dL und 5,1 % weniger Zeit >300 mg/dL beobachtet. Auch das Risiko von Hypoglykämien wurde reduziert, wobei die größte Reduzierung bei denjenigen mit dem niedrigsten Ausgangs-HbA1c-Wert zu verzeichnen war. Bei Patienten mit einem HbA1c-Wert <7,0 % wurde eine durchschnittliche Reduzierung der Zeit <70 mg/dL um 0,5 % festgestellt. Da viele Patienten mit T2D Angst vor einer Hypoglykämie durch Insulin haben, ist dies eine wichtige Beobachtung. Wenn die Nutzer dem AID-System mehr vertrauen, können sie mehr Boli verabreichen, ohne einen Anstieg der Zeit unterhalb des Zielbereichs (TbR) zu riskieren. Während des 13-wöchigen Studienzeitraums wurde nur ein Fall einer schweren Hypoglykämie <54 mg/dL von 15 Minuten oder länger gemeldet, der mit Notfallkohlenhydraten behoben werden konnte. In der AID-Studienkohorte gab es keine DKA, was die Sicherheit dieses AID-Algorithmus belegt.
Die tägliche Gesamtinsulindosis sank um 8 Einheiten pro Tag von 95 Einheiten pro Tag zu Studienbeginn auf 87 Einheiten pro Tag nach 13 Wochen mit dem AID-System, verglichen mit einem Anstieg um 2 Einheiten pro Tag in der CGM-Gruppe von 102 Einheiten pro Tag zu Studienbeginn auf 104 Einheiten pro Tag nach 13 Wochen. Dies ergibt einen bereinigten Unterschied zwischen den Gruppen von 10 Einheiten/Tag zugunsten des AID-Systems. Es wurden alle Bolusstrategien bei Verwendung des AID-Systems als „wirksam“ eingestuft, was bedeutet, dass unabhängig von der Kohlenhydratzählung, der Ankündigung von Mahlzeiten oder anderen Interaktionen mit dem System eine ähnliche HbA1c-Reduktion und TiR-Verbesserung erzielt werden konnten.
Die von den Teilnehmern berichteten Ergebnisse (PROs) waren zwischen den Studiengruppen positiv oder neutral. Der PROMIS-Fragebogen zur schlafbezogenen Beeinträchtigung zeigte bemerkenswerte Unterschiede für die Interventionsgruppe, mit einer durchschnittlichen Reduzierung von 2,8 von 25 Punkten für die Schlafbeeinträchtigung in der AID-Gruppe im Vergleich zu einer durchschnittlichen Reduzierung von 0,2 Punkten für die CGM-Gruppe.
Wichtig ist, dass diese Ergebnisse auch dann zutrafen, wenn sie nach demografischen Merkmalen wie Alter, Dauer des Diabetes, Rasse, Geschlecht, Einkommen und Bildungsniveau stratifiziert wurden. Patienten <50 Jahre zeigten eine mittlere HbA1c-Reduktion von 1,5 %, Patienten im Alter von 50-64 Jahren zeigten eine von -1,0 % und solche mit ≥65 Jahre zeigten immer noch eine Reduktion von 0,6 %. Bei einer Diabetesdauer von unter fünf bis über 20 Jahren zeigten alle Gruppen eine mittlere HbA1c-Reduktion zwischen 0,8 % und 1,3 %. Nicht-hispanische weiße Teilnehmer hatten eine durchschnittliche HbA1c-Reduktion von 0,9 % und alle anderen Rassen eine durchschnittliche HbA1c-Reduktion von -1,0 %. Ähnliche Ergebnisse über Bildungs- und Einkommensniveaus, Versicherungsarten und BMI-Bereiche hinweg zeigten die umfassenden Vorteile eines AID-System. Allerdings wiesen Patienten, die das AID-System verwendeten, im Vergleich zur Kontrollgruppe über die 13-wöchige Studie eine bereinigte Behandlungsgruppen-Differenz von 1,5 kg Gewichtszunahme auf.
Bei einer Kombination der Pumpentherapie mit GLP-1-Rezeptor-Antagonisten und/oder SGLT-2-Inhibitoren wurden ähnliche Verbesserungen des HbA1c-Wertes festgestellt, mit einer durchschnittlichen Verbesserung von 1,2% ohne die Medikamente und einer durchschnittlichen Verbesserung von 0,8 % mit den Therapien.
Das Control-IQ+ ist sowohl mit der t:slim X2 als auch mit der Tandem Mobi kompatibel und bietet im Vergleich zu seinem Vorgänger Control-IQ mehrere Verbesserungen, um die Leistung des Algorithmus an die unterschiedlichsten Patientenbedürfnisse anzupassen: Erweiterte Bereiche für Gewicht (90–200 kg im Vergleich zu 25–140 kg bei Control-IQ) und einen breiteren täglichen Gesamtinsulinbereich (5–200 Einheiten im Vergleich zu 10–100 Einheiten bei Control-IQ), verbesserter verlängerter Bolus und erhöhte Flexibilität bei der temporären Basalrate. Die verzögerte Bolusfunktion kann bei aktivem Control-IQ+ für bis zu acht Stunden aktiviert werden, um das postprandiale glykämische Management zu verbessern. Bisher waren verzögerte Boli bei aktiviertem Control-IQ auf maximal zwei Stunden begrenzt, obwohl verzögerte Boli bei deaktiviertem Control-IQ für bis zu acht Stunden verabreicht werden konnten. Benutzer können jetzt temporäre Basalraten mit aktivem Control-IQ+ aktivieren, um kurzfristige Bedürfnisse wie Sport, Stress und Krankheit zu berücksichtigen. Mit Control-IQ waren temporäre Basalraten nur verfügbar, wenn Control-IQ deaktiviert war. Die Anpassung der Insulinzufuhr erfolgt alle fünf Minuten auf der Grundlage der vorhergesagten Glucosewerte und es gibt eine AutoBolus-Funktion, um Korrekturboli für erkannte Meldungen über ausgelassene Mahlzeiten abzugeben. Alle berechtigten Tandem-Nutzer können über ein kostenloses Remote-Software-Update auf Control-IQ+ upgraden, und Pumpen, auf denen Control-IQ+ bereits vorinstalliert ist, werden ab jetzt an neue Nutzer ausgeliefert.
Ende Mai gab Tandem bekannt, dass es eine CE-Markierung für die Insulinpumpe Mobi mit Control-IQ+ Technologie erhalten hat. Tandem hat diese Pumpe schon im Februar 2024 auf den USA-Markt gebracht. Mobi ist die kleinste AID-integrierte Pumpe und verfügt über eine 200-Einheiten-Insulinkartusche und einen Pumpenknopf für Insulinboli. Die Form der Pumpe ist weniger als halb so groß wie die der t:slim X2-Pumpe. Dies ist die erste neue Pumpenhardware von Tandem seit mehr als sieben Jahren (t:slim X2 wurde im Oktober 2016 eingeführt). Die kommerzielle Verfügbarkeit in einigen europäischen Märkten wird bis Ende 2025 erwartet.
Mitte Juni gab Tandem bekannt, dass es eine kommerzielle Entwicklungsvereinbarung mit Abbott über die Integration des derzeit in Entwicklung befindlichen dualen Glucose-Keton-Monitor von Abbott geschlossen hat. Danach ist der Aktienkurs von Tandem um 11 % gestiegen ist. Abbott hat auf der ATTD 2024 Daten zu seinem dualen Glucose-Keton-Monitor vorgestellt, aber es gibt bisher nur relativ wenige neue Informationen dazu. Die Integration des von Libre 3 Plus-CGM-Systems von Abbott in die t:slim X2 wird für das dritte Quartal 2025 außerhalb der USA erwartet.
Fazit: Es ist erfreulich zu sehen, wie bei einer eher „traditionellen“ RCT der Vergleich der Nutzung eines AID-Systems mit konventioneller Pumpentherapie zu einer beachtlichen Verbesserung bei der Glucosekontrolle von Patienten mit T2D führte. Tandem ist nach Insulet mit dem Omnipod 5-AID-System der zweite AID-Hersteller, der von der FDA die Marktzulassung für die Verwendung bei T2D erhalten hat (Medtronic hat diese ja auch gerade bekommen). Aktuell hat Tandem in den USA das Control-IQ+ auch für Menschen mit Typ-1-Diabetes (T1D) ab zwei Jahren auf den Markt gebracht.
Auch die beiden anderen Ankündigungen zeigen, dass Tandem etwas auf dem europäischen Markt bewegen will. Mal schauen, wie dies in Deutschland gehandhabt wird.
- Kudva YC, Raghinaru D, Lum JW, Graham TE, Liljenquist D, Spanakis EK, et al. A Randomized Trial of Automated Insulin Delivery in Type 2 Diabetes. N Engl J Med. 2025. Epub 20250319. doi: 10.1056/NEJMoa2415948. PubMed PMID: 40105270.
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