Nachdem die Partnerschaft mit Roche Diabetes Care für das Eversense-CGM-System in Europa aufgegeben wurde, scheint sich nun eine Kehrtwende abzuzeichnen, vor allem durch eine bessere Preisgestaltung. In den USA wird die Nachfrage durch Medicare-Abdeckung getriggert (Medicare ist in den USA die automatische Krankenversicherung für alle Bürger ab 65 Jahre). In Deutschland besteht eine größere Herausforderung, denn die ursprüngliche Benutzerbasis von Eversense war eher auf Patienten mit einer Insulinpumpe ausgerichtet. Dort wurde jedoch eine gewisse Abnutzung festgestellt. Größere Chancen sieht man nun bei Patienten mit mehreren täglichen Injektionen.
Ascensia will bis 2027 5% des CGM-Marktes erobern und dafür den weltweiten Eversense-Umsatz auf mehr als 500 Millionen US-Dollar steigern. Dazu hat man wohl einiges in der Pipeline: „Gemini“ soll durch Hinzufügung einer Batterie, die mit dem Sensor implantiert wird, über 365 Tage hinweg genutzt werden können, ein ganzes Jahr also, bevor der Sensor ausgetauscht werden muss. Der NFC-Sender am Sensor braucht nach wie vor einen Empfänger, der direkt über dem Sensor auf der Haut befestigt wird. Das „Freedom“-CGM-System dagegen soll durch die Verwendung von „Bluetooth Low Energy“-Technologie auf diesen Empfänger verzichten können, die Daten werden direkt an das Smartphone geschickt.
Angestrebt wird neben der Verlängerung der Sensorlebensdauer auf ein Jahr und einer Verbesserung der Konnektivität, auch die Reduzierung der notwendigen (Re-)Kalibrierungen von bisher einmal pro Tag auf einmal pro Woche. In den US sollen diese Sensor-Varianten vermutlich schon in 2024 auf den Markt kommen. Diese Entwicklungsschritte sind bestimmt entscheidend dafür, dass Menschen mit Diabetes mehr Interesse an diesem CGM-System entwickeln, bisher fristet es mit einigen Tausenden Nutzern ja eher ein Nischendasein- Dabei ist es attraktiv für Menschen aus bestimmten Berufsgruppen, für die ein anderes CGM-System aus welchen Gründen auch immer nicht in Frage kommt.
Das Hinzufügen einer Batterie zu dem aktualisierten E3-Sensor ermöglicht der Sensor-Version Gemini autonome Messungen und die Speicherung von Langzeitdaten, auch wenn der Patient keinen Empfänger trägt und bietet so eine Datenspeicherung von acht Stunden. Senseonics arbeitet hierbei mit Unternehmen zusammen, die Erfahrung mit implantierbaren Batterien für medizinische Geräte (z. B. Herzschrittmacher) haben, um eine maßgeschneiderte Batterie für das Eversense CGM-System zu entwickeln. Gemini-Benutzer können die Daten abrufen, indem sie den implantierten Sensor mit einem Smartphone scannen, welches über die Hautoberfläche in der Nähe des Sensors geführt wird.
Um die Zielgruppe auszuweiten, plant Senseonics, Gemini sowohl auf Patienten mit intensiver Insulintherapie als auch für solche mit weniger intensiven Insulintherapien anzubieten. Man denkt auch darüber nach, das System Patienten ohne Insulintherapie anzubieten.
Senseonics führt aktuell die ENHANCE-Studie mit 165 Teilnehmern mit dem Eversense E3-System durch, um damit eine iCGM-Zertifizierung durch die FDA zu erlangen. Die Studie untersucht einen aktualisierten E3-Sensor, dieser weist gewisse Modifikationen bei der Mess-Chemie auf, um eine zuverlässige Messung des Sensors über 365-Tage hinweg zu gewährleisten. Dazu kommt eine neue Sensorkonfiguration mit dem Namen ROME, die mehrere Bereiche für die Messung umfasst und die Entwicklung eines Algorithmus ermöglicht, der die Häufigkeit der Kalibrierung auf nur einmal pro Woche reduziert. Diese Variante soll ebenfalls Ende 2024 verfügbar sein.
Fazit: Bisher ist Senseonics in Kooperation mit Ascensia bei seinen kommerziellen Bemühungen nur bedingt erfolgreich gewesen. Mal schauen, ob diese vielversprechende Pipeline daran etwas ändert. Dafür wird es – besonders in Europa – notwendig sein, dass Ascensia sich ausreichend im Markt engagiert, um die Hürden zu überwinden, die mit diesem CGM-System verknüpft sind. Firmen wie Abbott und Dexcom befinden sich bei der Hardwareentwicklung ihrer CGM-Systeme in einem deutlich anderen Stadium als Senseonics. Es wäre für viele Patienten bestimmt attraktiv, Zugriff auf eine zuverlässige implantierbare CGM-Technologie zu haben. Dabei könnte Senseonics durchaus von der Marktvorbereitung seiner Mitbewerber profitieren.
Insgesamt aber schwächelt der Markt für Innovationen, 2022 mussten mehr als 60 Biotech-Unternehmen Entlassungen ankündigen. Auch war die Anzahl von Börsengänge dramatisch niedriger als noch im Jahr zuvor und die Menge an investiertem Venture Capital (Risikokapital) hat sich reduziert: Während Start-ups im Jahr 2020 noch etwa 47 Milliarden US-Dollar einsammeln konnten, lag die geschätzte Gesamtsumme ein Jahr später nur noch bei etwa 16,5 Milliarden US-Dollar.
DiaTec weekly – März 31, 23
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