Mit dem Projekt Liberty soll die Nutzung von AID-Algorithmen über den Einsatz bei Patienten mit Typ-1-Diabetes hinaus auf eine größere Gruppe von Patienten mit Diabetes ausgeweitet werden, was im Klartext insbesondere Patienten mit Typ-2-Diabetes sind. Diese Algorithmen sind für ein vollständig geschlossene AID-System ausgelegt und sollen bei minimaler Benutzerinteraktion einen guten Schutz vor Hypoglykämien bieten. Dieses AID-System benötigt keine Ansagen zu Mahlzeiten, Kohlenhydratmenge sowie Bewegung oder Schlaf und auch nicht, ob die Algorithmus-Funktion mehr oder weniger aggressiv sein soll.
Dabei ist der Business Case dieses Projektes nicht ohne Weiteres klar und auch nicht, was die Unternehmensstrategie ist. Für Dexcom steht an erster Stelle der Verkauf von CGM-Systemen, durch den Verkauf von Softwarelizenzen für AID-Algorithmen wird sich nur bedingt Geld verdienen lassen. Bislang hat Dexcom seine Nicht-CGM-Einnahmen nicht aufgeschlüsselt, da sie für Investoren weitgehend unerheblich sind. Daher verwundert die fortgesetzte Investition von Dexcom in einen AID-Algorithmus der nächsten Generation etwas, insbesondere im Zusammenhang mit den bisherigen Aussagen von Dexcom, dass das Unternehmen nicht daran interessiert ist, sich selbst um z.B. Pumpenhardware oder ähnliche technologische Optionen zu kümmern.
Vielleicht gibt es noch einen anderen Grund für dieses Projekt? Vielleicht werden die Wachstumschancen bei CGM-Systemen als begrenzt betrachtet, auch weil andere Konkurrenten (insbesondere aus Asien) auf den Markt drängen und dies die Marge drückt. Dann macht das Project Liberty Sinn, weil das Unternehmen bereits über ein großes Software-Engineering-Team verfügt, einschließlich Mitarbeitern von TypeZero. Die jüngste Entwicklung auf der Hardware-Seite ist Dexcom ONE, welches die G6-Sensor-Hardware mit einem softwarebeschränkten Funktionsumfang bei einem günstigeren Preis nutzt (System ist in Deutschland nicht auf dem Markt).
Mit dem beim Project Liberty entwickelten AID-Algorithmus für ein Full-AID-System wurde eine erste Studie mit Menschen (n=15) durchgeführt. Dabei reduzierte sich die Zeit im niedrigen (<54 mg/dL) und hohen Glucosebereich (>250 mg/dL) um das Dreifache bzw. Zweifache (TiR +4,6 Std./Tag auf 55%). Das hierbei genutzte AID-System bestand aus drei Komponenten: 1. Einem Dexcom G6-CGM-System; 2. dem Liberty-Algorithmus auf einem Smart-Phone und 3. einer Ypsomed YpsoPump. Diese Studie soll nun mit im Endeffekt 40 Personen an zwei Standorten in Neuseeland durchgeführt werden. Dabei weisen die Teilnehmer nicht nur unterschiedliche Ausgangs-HbA1c-Werte sowie Alter auf, sondern sie sind an entweder Typ-1-Diabetes oder Typ-2-Diabetes erkrankt. Wie bei anderen AID-Systemen auch, waren die Verbesserungen in der nächtlichen Glucosekontrolle am ausgeprägtesten.
Fazit: In diesem Zusammenhang ist interessant darüber zu reflektieren, dass Medtronic – als lange Zeit führende Firma im Bereich CGM – in diesem Bereich kaum noch eine Rolle spielt, bei AID-Systemen aber sehr wohl. Bei diesen drängen aber nun andere Unternehmen wie z.B. Tandem, Insulet oder Ypsomed mit ihren AID-Systemen auf den Markt, wobei diese mit CGM-Systemen von Abbott oder Dexcom funktionieren. Medtronic hingegen ist bestrebt, seine Schwächen beim CGM-System durch das Simplera-System der nächsten Generation zu beheben. Wir werden berichten.
DiaTec weekly – März 17, 23
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