Die FLAIR-Studie (= Fuzzy Logic Automated Insulin Regulation; NCT03040414) stellt einen ersten Kopf-an-Kopf-Vergleich von zwei AID-Systemen aus einer sechsmonatigen randomisierten Cross-Over-Studie dar, deren Ergebnisse aktuell viel Interesse finden.
In der Studie wurde die glykämische Kontrolle von 113 Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes (mittleres Alter 19 Jahr, Bereich 14-29 Jahre) zwischen der MiniMed 670G von Medtronic und einem Advanced Hybrid-AID-System (AHAID; entspricht der 780G) verglichen. Die Studie wurde vom Jaeb-Center in Florida und dem NIDDK gesponsert und von einem beeindruckenden, renommierten, internationalen Team durchgeführt, unter anderem war Thomas Danne aus Hannover beteiligt. Im Ergebnis hat das AHAID-System bei fast allen glykämischen und anderen Ergebnisparametern besser abgeschnitten als die 670G.
Die Teilnehmer wurden an insgesamt sieben Standorten rekrutiert, davon vier in den USA, zwei in Europa und eins in Israel. Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip der 670G oder dem AHAID-System zugeordnet, mit einem Crossover auf das jeweils andere System nach drei Monaten. Die Eingangskriterien für die Studienteilnahme waren relativ weit gefasst: Ein Fünftel (20%) der Teilnehmer führte zu Studienbeginn eine konventionelle Insulintherapie durch, fast zwei Fünftel (38%) nutzten vorher kein CGM-System, 25% hatten einen Ausgangs-HbA1c-Wert zwischen 8,6% und 11% und nur 19% hatten einen Ausgangs-HbA1c-Wert zwischen 7,0% und 7,4%.
Als gemeinsamer primärer Endpunkt wurde die Zeit oberhalb des Zielbereichs (>180 mg/dl) während des Tages (von 6 Uhr morgens bis 23:59 Uhr) und die Zeit mit sehr niedrigen Glukosewerten (<54 mg/dl; über 24 Stunden hinweg) ausgewertet. Dass die Zeit in diesen Bereichen bei einer solchen Studie als primärer Endpunkt verwendet wird und die Studie trotzdem bei Lancet akzeptiert wird, spricht für die zunehmende Akzeptanz solcher Parameter.
Das AHAID-System verfügt über automatische Korrekturboli, einen einstellbaren Zielwert von bis zu 100 mg/dl, was für viele Patienten sehr hilfreich ist, weniger Alarme und eine vereinfachte Benutzerführung. Die 670G verfügt im Vergleich dazu nur über eine Basalratenautomatik und einen festgelegten Zielwert von 120 mg/dl. In der Studie wurden beide Systeme mit der Pumpe 670G und dem Guardian CGM-System verwendet. Die 780G, d.h. die kommerzielle Version des hier untersuchten AHAID-Systems, weist eine Bluetooth-Konnektivität auf, was eine sekundäre Anzeige und drahtlose Daten-Uploads über eine mobile App ermöglicht. In dieser Studie wurde bei Nutzung des AHAID-Systems in den ersten zwei Wochen ein Sollwert von 120 mg/dl verwendet. Später wurde dieser Wert bei 92% (n=103) der Studienteilnehmer auf 100 mg/dl gesenkt, nachdem sich gezeigt hat, dass dieses Vorgehen sicher war. Bei der 670G wurde dagegen immer der Sollwert von 120 mg/dl eingesetzt. Bei dem AHAID-System kann die aktive Insulinzeit nach den ersten zwei Wochen eingestellt werden – sie wurde auf 3-4 Stunden eingestellt.
Bei den primären Endpunkten war die Zeit >180 mg/dl bei Verwendung des AHAID-Systems niedriger als bei der Verwendung der 670G (34% vs. 37%, -43 Minuten/Tag, p<0,0001). Im Vergleich zum Ausgangswert von 42% Time-above-Range sank diese Zeit während des Tages um -1,9 Stunden/Tag ab beim AHAID-System und um -1,2 Stunden/Tag mit der 670G. Die Time-below-range (<54 mg/dl) veränderte sich im Vergleich zum Ausgangswert bei beiden AID-Systemen nicht (0,5% 780G bzw. 0,46% 670G; p<0,0001 für Nicht-Unterlegenheit). Die Time-in-Range stieg bei Verwendung des AHAID-Systems stärker an als bei der 670G; im Vergleich zu dem Ausgangswert von 57% stieg diese um 2,4 Stunden/Tag auf 67% bzw. um 1,4 Stunden/Tag auf 63%. Dabei wurde die meiste Verbesserung während der Nacht beobachtet. Wenn die Auswertung der Studienergebnisse in Hinsicht auf die Ausgangs-HbA1c-Werte, das Alter, der vorherigen Nutzung von CGM-Systemen und der ursprünglichen Randomisierungs-Gruppe stratifiziert wurden, ergaben sich keine Unterschiede.
Der HbA1c-Wert verbesserte sich nach den ersten drei Monaten bei der 670G-Gruppe (n=57) um 0,3% und in der AHAID-Gruppe (n=56) um 0,5%, bei einem Ausgangswert von 7,9%. Die tägliche Gesamtinsulindosis war mit dem AHAID-System höher als mit der 670G, was auf die höhere Gabe von Bolusinsulin zurückzuführen ist. Dabei applizierte das AHAID-System im Vergleich zur 670G fünf Einheiten weniger Basalinsulin pro Tag (25 vs. 20 Einheiten), aber 11 zusätzliche Einheiten Bolusinsulin pro Tag (25 vs. 36 Einheiten). Von dem Bolusinsulin, die mit dem AHAID-System pro Tag abgegeben wurden, wurde etwa ein Drittel (13 U) über die automatische Korrektur-Bolusfunktion abgegeben.
Die Teilnehmer verwendeten bei dem AHAID-System den Automatikmodus häufiger als bei der 670G (86% vs. 75%; p<0,0001). Konkret verließen die Teilnehmer den geschlossenen Regelkreis durchschnittlich 5,7-mal/Woche mit der 670G gegenüber 1,7-mal/Woche mit dem AHAID-System. Dies entspricht grob einmal pro Tag versus einmal alle vier Tage. Mit dem AHAID-System traten etwas weniger unerwünschte Ereignisse auf als mit der 670G (sechs vs. sieben). In der AHAID-Gruppe gab es ein schweres hypoglykämisches Ereignis, welches nicht auf das System zurückzuführen wird, während es bei der 670G keines gab.
Fazit: Insgesamt betrachtet führt die Weiterentwicklung dieses AID-Systems zu beachtlichen Vorteilen bei einer ansonsten nicht einfach zu behandelnden Patientengruppe.
DiaTec weekly – Februar 26, 20
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