Über manche Dinge in der EU kann man nur den Kopf schütteln. Basierend auf der prinzipiell guten und naheliegenden Idee, unerwünschte Nebenwirkungen von Medizinprodukten in einer zentralen Datenbank zu sammeln und damit die Transparenz im Bereich Medizinprodukte zu erhöhen, indem Informationen über Akteure, Produkte und deren Lebenszyklus gesammelt und verarbeitet werden, gab es am 19. April 2010 (kein Tippfehler!) einen Beschluss der Europäischen Kommission, wonach alle EU-Mitgliedstaaten seit Mai 2011 diese Datenbank nutzen müssen.
EUDAMED wurde also bereits vor einer ganzen Reihe von Jahren ins Leben gerufen und ist de facto bis heute noch nicht angekommen! Die Datenbank soll sechs Module umfassen: Akteure (Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure), UDI/Produkte (Unique Device Identification), Benannte Stellen/Zertifikate, Klinische Prüfungen und Leistungsstudien, Marktüberwachung sowie Vigilanz (Erfassung von Nebenwirkungen, Vorkommnissen und Corrective Actions).
Einige Module – etwa Akteure, UDI/Produkte und Zertifikate – sind sogar bereits seit 2021/22 online und freiwillig nutzbar. Die entscheidende Vigilanz-Komponente, also die Erfassung von Nebenwirkungen und Vorkommnissen, gehört jedoch zu den letzten Bausteinen. Nach aktuellem Stand soll EUDAMED bis 2027 komplett funktionsfähig sein und dann verpflichtend genutzt werden. Bis dahin laufen Meldungen zu Nebenwirkungen weiterhin über die nationalen Behörden, in Deutschland beispielsweise über das BfArM.
Aktuell ist es also nicht verpflichtend bzw. auch gar nicht möglich, Nebenwirkungen in dieser Datenbank zu melden. Einige verfügbare Module, wie die Akteur-Registrierung (seit Dezember 2020) und die UDI/Produktregistrierung (seit Oktober 2021), können aber bereits freiwillig genutzt werden, wobei sich die Frage stellt: Wer macht so etwas freiwillig? UDI steht für „Unique Device Identification“, also „Eindeutige Produktkennzeichnung“, ein System, das medizinischen Geräten eindeutige Identifikatoren zuweist, um deren Rückverfolgbarkeit zu verbessern und die Patientensicherheit zu erhöhen.
Die erfolgreiche Umsetzung von EUDAMED erfordert die Bewältigung von Herausforderungen hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit, die Gewährleistung einer angemessenen Unterstützung für die Nutzer und die Schaffung eines Übergangsansatzes mit verlässlichen Zeitplänen. Die Verzögerung bei der vollständigen Umsetzung von EUDAMED ergibt sich unter anderem aus der Komplexität der Entwicklung der Module und der Belastung der Benannten Stellen. Neben diesen Modulen umfasst EUDAMED auch Module für Benannte Stellen und Zertifikate, sowie Funktionen für die klinische Bewertung und die Überwachung von Medizinprodukten.
Damit sind die Daten, die in dieser Datenbank gesammelt werden sollen, dazu zählen auch Konformitätsbescheinigungen oder Daten über klinische Studien, von wesentlicher Bedeutung für die Sicherheit von Medizinprodukten. Der ehemalige Kommissar für Gesundheit und Verbraucherpolitik erklärte bei der Beschlussfassung vor gut 15 Jahren: „Der Beschluss ist eine gute Nachricht für die Patienten in der gesamten EU. Er wird die Patientensicherheit erhöhen, weil die nationalen Behörden künftig rasch auf kritische Daten zugreifen können!“ Noch wird die Patientensicherheit warten müssen.
Fazit: Die vollständige Funktionalität und verpflichtende Nutzung der EUDAMED werden schrittweise eingeführt, wobei die endgültige Frist für die obligatorische Nutzung aller Module bis Q2 2029 erwartet wird – ohne Gewähr natürlich. Ist es nicht erschreckend zu sehen, dass EUDAMED nach all den Jahren immer noch nicht vollständig funktionsfähig ist? Gerade aus dem Gesichtspunkt Patientensicherheit ist dies mehr als ärgerlich – und passt irgendwie auch gut zum Intro.
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