Eine Reihe von bekannten deutschen Autoren hat hochrangig eine Studie zur Frage publiziert, wie die Häufigkeiten von akuten Diabeteskomplikationen bei Nutzung von CGM im Vergleich zur konventionellen Blutglucosemessung (BGM) sind und welche Parameter das Risiko bei jungen Patienten mit Typ-1-Diabetes vorhersagen [1].
In dieser bevölkerungsbasierten Kohortenstudie wurden Patienten aus 511 Diabeteszentren in Österreich, Deutschland, Luxemburg und der Schweiz identifiziert, die im DPV-Register eingeschlossen sind. Mehr als 90% of aller pädiatrischen Patienten mit Typ-1-Diabetes in diesen Ländern werden durch das DPV-Register erfasst. Alle Patienten hatten einen Typ-1-Diabetes mit einer Diabetesdauer von mehr als einem Jahr und waren im Alter von 1,5 bis 25 Jahren. Alle wurden zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 30. Juni 2021 behandelt.
Die Häufigkeit von schweren Hypoglykämien und Ketoazidosen im letzten Behandlungsjahr wurden bei sowohl Patienten mit einem CGM-System als auch bei denjenigen mit konventioneller Blutzuckermessung untersucht. Bei der Anpassung der statistischen Modelle wurden Alter, Geschlecht, Diabetesdauer, Migrationshintergrund, Insulintherapie (Insulinpumpe oder konventionelle Therapie) und der Behandlungszeitraum berücksichtigt. Die Häufigkeit von schweren Hypoglykämien und diabetischen Ketoazidosen wurde anhand mehrerer CGM-Parameter bewertet, darunter der Zeit, die die Glucosewerte unterhalb des Zielbereiches lagen, der glykämischen Variabilität (gemessen als Variationskoeffizient (VK)) und der mittleren Glucosekonzentration.
Von 32.117 Patienten (mittleres Alter 16,8 Jahre [Inter-Quartil-Range (IQR) 13,3 – 18,1 Jahre], 17.056 [53,1%] Männer) verwendeten 10.883 ein CGM-System (im Mittel an 289 Tagen pro Jahr) und 21.234 eine BGM. Die Nutzer von CGM wiesen eine niedrigere Rate an schweren Hypoglykämien auf als diejenigen, die BGM verwendeten (6,74 [95% CI 5,90 – 7,69] pro 100 Patientenjahre gegenüber 8,84 [8,09 – 9,66] pro 100 Patientenjahre; Inzidenzrate 0,76 [0,64 – 0,91]; p=0,0017). Dies gilt auch für das Auftreten von diabetischen Ketoazidosen (3,72 [3,32 – 4,18] pro 100 Patientenjahre gegenüber 7,29 [6,83 – 7,78] pro 100 Patientenjahre; 0,51 [0,44 – 0,59]; p<0,0001). Die Häufigkeit von schweren Hypoglykämien stiegen an mit dem prozentualen Anteil der Zeit unterhalb des Glucosezielbereichs (Inzidenzratenverhältnis 1,69 [1,18 – 2,43]; p=0,0024, für 4,0 – 7,9% vs. <4,0% und 2,38 [1,51 – 3,76]; p<0,0001, für ≥8,0% vs. <4,0%) und der glykämischen Variabilität (VK ≥36% vs. <36%; Inzidenzratenverhältnis 1,52 [1,06 – 2,17]; p=0,022). Die Häufigkeit von diabetischen Ketoazidosen stieg mit der mittleren Glucosekonzentration an (1,77 [0,89 – 3,51], p=0,13, für 8,3 – 9,9 mmol/L vs. <8,3 mmol/L; 3,56 [1,83 – 6,93], p<0,0001, für 10,0 – 11,6 mmol/L vs. <8,3 mmol/L; und 8,66 [4,48 – 16,75], p<0,0001, für ≥11,7 mmol/L vs. <8,3 mmol/L). Es gab keine Assoziation zwischen dem Auftreten von diabetischen Ketoazidosen und der Glykämischen Variabilität: Patienten mit einem VK > 36% wiesen im Vergleich zu denen mit einem von <36% das gleiche Risiko dafür (Inzidenzratenverhältnis 1,03 [0,78 – 1,37], p=0,84), auch nicht bei schweren Ketoazidosen (0,97 [0,49 – 1,92], p=0,92).
Fazit: Diese Ergebnisse zeigen klar, dass die Nutzung von CGM das Risiko von schweren Hypoglykämien und Ketoazidosen bei jungen Menschen mit Typ-1-Diabetes reduziert. CGM kann dabei helfen, Risikopersonen zu identifizieren. Diese Untersuchung hat eine ausreichend große statistischen Power um solche eher seltenen, aber klinisch relevanten Ereignisse zu untersuchen. Die meisten klinischen Studien, die sich bisher solchen Fragestellungen gewidmet haben, waren dafür nicht ausreichend gepowert.
Die beeindruckenden Ergebnisse dieser große Real-World-Untersuchung belegen nachdrücklich den Nutzen von CGM, auch wenn es gewisse Limitationen eines solchen Ansatzes zu beachten gilt. Vermutlich könnte man solch eine Studie jetzt nicht mehr starten, denn gerade bei jungen Patienten ist der Anteil derjenigen, die kein CGM-System nutzen, doch mittlerweile recht klein.
- Karges B, Tittel SR, Bey A, Freiberg C, Klinkert C, Kordonouri O, et al. Continuous glucose monitoring versus blood glucose monitoring for risk of severe hypoglycaemia and diabetic ketoacidosis in children, adolescents, and young adults with type 1 diabetes: a population-based study. Lancet Diabetes Endocrinol. 2023;11(5):314-23. Epub 20230330. doi: 10.1016/S2213-8587(23)00061-X. PubMed PMID: 37004710.
diatec weekly – Juni 9, 23
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