Herzlich willkommen beim diatec weekly,

allein saß sie damals auf der Bühne, bewaffnet nur mit einer Gitarre, die sie wie ein Schutzschild vor sich hielt. Als sie ihr Lied sang, war die Welt zu Tränen gerührt. Und dann gewann die erst 17-jährige Nicole mit ihrem Song Ein bisschen Frieden den Grand Prix, als erste Deutsche überhaupt.
Musikalisch war das sicher keine Weltklasse, und auch der Text war eher schlicht. Und doch rührt das Lied bis heute. Es muss also der Inhalt sein: die Sehnsucht nach Frieden, dieses zutiefst menschliche Bedürfnis, in Harmonie miteinander diesen Planeten zu teilen. Dafür sind wir auf die Straße gegangen, haben Lichterketten gebildet und für den Weltfrieden gebetet.

Nur Frieden schafft die Bedingungen, unter denen Leben gedeihen kann. Nur im Frieden können Gemeinschaften wachsen, Kulturen sich entfalten, Chancen entstehen. Krieg dagegen zerstört nicht nur Häuser, sondern Vertrauen, Beziehungen und Hoffnung. Das wissen wir wohl alle und geraten doch immer wieder in persönliche, gesellschaftliche und politische Konflikte. Als Greta Thunberg sich mit ihrer Freedom Flotilla auf den Weg nach Gaza machte, um neben Hilfsgütern auch ein Zeichen für Frieden zu setzen, gerieten sich die friedensbringenden Aktivisten schon an Bord des Schiffes in die Haare.

Warum fällt es uns so schwer, friedlich miteinander umzugehen, obwohl wir uns doch so sehr danach sehnen? Es gibt viele und vor allem psychologische Gründe und einige davon liegen tief in unserer DNA. Angst und Verletzlichkeit sind uralte Triebfedern: Wer um Leben, Besitz oder Würde fürchtet, reagiert schnell mit Wut oder Aggression und der Konflikt wird zum Mittel der Selbstbehauptung. Wir wünschen uns Frieden und fürchten zugleich, was er von uns verlangt: Vertrauen, Nachsicht, Offenheit. Konflikte sind auch eine Frage der Identität. Ein „Wir“ definiert sich fast immer über ein „die Anderen“. So entstehen Feindbilder, die sorgsam gepflegt werden. Die gesamte Migrationsdebatte ist Ausdruck dieser Dynamik. Und viele Konflikte sind nicht neu: alte Wunden, Traumata und Schuldgefühle wirken über Generationen hinweg fort.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Nahostkonflikt, einer der komplexesten und langlebigsten Konflikte der Moderne. Seine Wurzeln reichen weit über die Staatsgründung Israels 1948 hinaus und sind tief verknüpft mit kolonialen, politischen und religiösen Entwicklungen. Über Jahrhunderte lebten Juden, Christen und Muslime in dieser Region nebeneinander, nicht konfliktfrei, aber ohne dauerhaften Krieg. Erst nach dem Ersten Weltkrieg übernahmen die Briten das Gebiet als Mandat des Völkerbunds. Und machten dabei wirklich keinen guten Job.

Offiziell sollte Großbritannien das Land auf die Unabhängigkeit nach Zusammenbruch des Osmanischen Reichs vorbereiten und tragfähige Strukturen aufbauen. In Wirklichkeit ging es aber um Einfluss, Macht und die Sicherung der Erdölrouten über den Suezkanal. Schon dieser Widerspruch, einerseits Treuhänder für die Weltgemeinschaft zu sein und gleichzeitig Kolonialmacht mit Eigeninteressen, legte den Grundstein für das Scheitern.

Noch während des ersten Weltkrieges hatte London gleich beiden Seiten dasselbe Land versprochen: den Arabern, die dort lebten, einen eigenen Staat und den Juden, die bereits aus den östlichen Gebieten ins Gelobte Land kamen, eine nationale Heimstätte. Dieses diplomatische Doppelspiel ging später als politisches Desaster in die Geschichte ein. Als in den 1920er- und 1930er-Jahren die jüdische Einwanderung stark zunahm, fühlte sich die arabische Mehrheit zunehmend verdrängt und es kam zu Unruhen und Aufständen. Die Briten reagierten darauf widersprüchlich – mal vermittelnd, mal repressiv. Sie wollten Schiedsrichter und Ordnungsmacht zugleich sein und verloren schließlich das Vertrauen beider Seiten. Als sie schließlich drei Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges erschöpft abzogen, hinterließen sie ein Pulverfass. Am Tag ihrer Abreise wurde Israel gegründet, und noch in derselben Nacht begann der Krieg.

So kann es gehen: Großbritannien wollte Ordnung und schuf Chaos, wollte Frieden und säte Misstrauen. Der Glaube, man könne Völker lenken, Identitäten verhandeln und Grenzen ziehen, ohne die Geschichte zu verletzen, war Hybris und ist vielleicht die bitterste Wahrheit dieses Erbes: Frieden lässt sich nicht verwalten. Man kann ihn nur lernen, und zwar gemeinsam.

Nun blickt die Welt gespannt nach Sinai. Inmitten der Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, zeigt sich aufs Neue, dass Frieden kein Zustand ist, den man einfach herbeiwünschen kann. Er verlangt Geduld, Verständnis und den Mut, Vertrauen zu wagen. Noch dauern die Kämpfe an, während verhandelt wird und niemand weiß, ob die Hoffnung stärker ist als die Angst.

Vor diesem Hintergrund ist der Vorstoß des amerikanischen Präsidenten umso bemerkenswerter. Sein 20-Punkte-Plan könnte, wenn er denn trägt, den Weg zu ernsthaften Friedensverhandlungen öffnen. Gelingt es ihm, Brücken zu bauen, wo andere Mauern errichtet haben, dann wäre er den Friedensnobelpreis wohl wert. Und wenn nicht, dann war es, wie schon so oft, wieder einmal „Viel Lärm um nichts!“

Bevor wir zu den Themen der Woche kommen, möchten wir auf eine Umfrage der AG Diabetes, Umwelt und Klima hinweisen. 

Es geht um den Umgang mit abgelaufenem/übriggebliebenem Insulin, gebrauchten Insulin-und anderen Pens, Injektionsnadeln, Stechhilfen, Teststreifen und weiteren Diabetes-Hilfsmitteln.

Nun aber zu den Themen der Woche: Vom EASD berichten wir heute über das Thema AID-Systeme bei Mahlzeiten und stellen vier verschiedene Studien vor, haben danach aktuelle Ergebnisse zur dia link-Frage des Monats September und schließen mit einem guten Überblick zum aktuellen Stand der Dinge bei Diabetes-Technologie mit Schwerpunkt auf Studienergebnisse. Viel Spaß beim Lesen und …Auf geht’s!

Die derzeit verfügbaren AID-Systeme (Automated Insulin Delivery) sind sogenannte hybride geschlossene Regelkreissysteme. Sie passen die Basalinsulinabgabe automatisch an, erfordern jedoch weiterhin manuelle Bolusgaben zu den Mahlzeiten, immer noch eine Belastung für viele Diabetespatienten. Wie weit ist es mit den Fully-Closed-Loop-Systemen und was gab es dazu beim:

EASD 2025: AID-Systeme bei Mahlzeiten

  1. Vergleich von schnell und ultraschnell wirksamem Insulin in einem Fully Closed Loop-System

Nanayakkara (SO 078-864) präsentierte in einer Postersession die Ergebnisse der CLOSE IT-Studie, in der ein Fully-Closed-Loop-System (FCL) getestet wurde, das ohne Mahlzeitenankündigungen auskommt. Grundlage war der Open-Source-Algorithmus „oref1“, der die Insulinzufuhr vollständig automatisiert. Ziel der Erweiterungsstudie war es, die Leistung von schnell wirksamem Insulin Aspart mit der von ultraschnell wirksamem Insulin Aspart + Niacinamid in einem FCL-System zu vergleichen. Die Untersuchung war einarmig und nach dem Vorher-Nachher-Prinzip angelegt. Sie war eingebettet in eine offene, parallele Nichtunterlegenheitsstudie mit insgesamt 73 erwachsenen Personen mit Typ-1-Diabetes (T1D), die ein AID-System mit Open-Source-Algorithmus nutzten.

Die Frage des Monats widmet sich aktuellen politischen, versorgungs- oder behandlungsbezogenen Diabetesthemen. Wie die dia·link-Community die Frage beantwortet hat, können Sie jeweils im Folgemonat in Ihrem Newsbereich einsehen. Hier geht es zu den Ergebnissen der

Frage des Monats September

Ein Kind mit Diabetes zu betreuen, stellt Familien im Alltag oft vor große organisatorische und emotionale Herausforderungen, besonders dann, wenn es um die Betreuung in Schule oder Kindergarten geht. Viele Eltern sorgen sich, ob ihr Kind dort gut versorgt ist, ob das Personal ausreichend informiert ist und ob im Notfall richtig gehandelt wird. Auch für pädagogische Fachkräfte ist der Umgang mit einer chronischen Erkrankung wie Diabetes nicht immer selbstverständlich, und Schulgesundheitsfachkräfte, die sich um die gesundheitliche Versorgung der Schüler*innen kümmern, sind in Deutschland nach wie vor rar gesät. Dabei kann ein unterstützendes Umfeld viel dazu beitragen, dass Kinder mit Diabetes sicher, selbstbestimmt und gut integriert aufwachsen können.

Wir fragen uns immer wieder, ob wir die „wichtigen“ Entwicklungen in der Welt der Diabetes-Technologie auch mitbekommen. Berichten wir in unserem weekly, liebe Leser, auch die wirklich relevanten Dinge? Vor diesem Hintergrund ist es sehr interessant, was ein bekannter Kollege aus San Francisco in einem umfassenden Jahresrückblick als die wichtigsten klinischen und praxisrelevanten Daten bei der Therapie von Menschen mit T1D hervorhebt:

Einblicke in die Welt der Diabetes-Technologie von David Maahs

David Maahs berichtete in einem Vortrag bei der Jahrestagung der Endocrine Society in San Francisco im Juli über die Nutzerzahlen bei CGM- und AID-Systemen, die Überwachung im Frühstadium der Krankheitsentwicklung, das kontinuierliche Monitoring von Ketonkörpern (CKM) und globale Ungleichheiten. Er stellte die bemerkenswerten Fortschritte bei diesen Themen den anhaltenden Defiziten gegenüber, insbesondere beim Zugang zur Diabetes-Technologie.

Das Bild der Woche

Hoffnung auf Frieden –
man könnte es fast für eine weiße Flagge halten, wäre da nicht der blauen Davidstern!

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Zum Schluss noch wie immer das Letzte

Ein großer Schritt für die Immunforschung – und vielleicht ein noch größerer für die Zukunft von Diabetes: Das ist die diesjährige Verleihung des Nobelpreises für Medizin. Die drei WissenschaftlerInnen Mary Brunkow, Fred Ramsdell und Shimon Sakaguchi haben mit ihren Forschungen gezeigt, dass unser Immunsystem nicht nur kämpfen, sondern auch innehalten kann – und zwar in einer Art Wächterfunktion.

Im Zentrum ihrer Arbeit stehen regulatorische T-Zellen, kurz Tregs. Sie sind die stillen Hüter der Selbsttoleranz – jene Zellen, die verhindern, dass das Abwehrsystem, das uns vor Infektionen schützt, plötzlich den eigenen Körper angreift. Tregs sind die „Bremse“ im hochkomplexen Räderwerk der Immunabwehr. Fehlt diese Bremse, wird aus Schutz Angriff. Genau das geschieht beim T1D, wenn das Immunsystem die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse vernichtet.

Als Brunkow und Ramsdell Anfang der 2000er Jahre eine Mutation im Gen FOXP3 beschrieben, wurde klar: Ohne dieses Schaltergen verlieren Tregs ihre Kontrollfunktion – das Immunsystem gerät außer Kontrolle, mit teils dramatischen Folgen, wie man sie auch bei schweren COVID-Verläufen beobachten konnte. Ihr japanischer Kollege Sakaguchi hatte bereits zuvor Hinweise auf diese geheimnisvollen Zellen gefunden, die den Selbstangriff verhindern. Gemeinsam legten die drei die Grundlage für ein völlig neues Verständnis von Autoimmunität.

Auch T1D gehört zu diesen Autoimmunerkrankungen. Dabei greift das Immunsystem bekanntlich die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse an – unaufhaltsam, bis kaum noch welche übrig sind. Der Körper verliert die Fähigkeit, den Blutzucker zu regulieren. Doch was bringt das Immunsystem dazu, diese fatale Richtung einzuschlagen?

Genau hier setzt die Bedeutung der Treg-Forschung an. Studien zeigen: Bei Menschen mit T1D funktioniert diese immunologische Bremse nicht richtig. Entweder gibt es zu wenige Tregs, oder sie sind in ihrer Funktion eingeschränkt. Das Gleichgewicht zwischen Angriff und Schutz gerät aus der Spur – mit gravierenden Folgen.

Die Entdeckung der Tregs und des FOXP3-Gens hat nicht nur die Immunologie revolutioniert, sondern auch den Weg zu völlig neuen Therapieformen geöffnet. Statt das Immunsystem unspezifisch zu unterdrücken – wie bei klassischen Immunsuppressiva – geht es heute darum, die körpereigene Balance wiederherzustellen.

Weltweit arbeiten Forschende nun an innovativen Ansätzen, um Tregs gezielt zu stärken oder therapeutisch einzusetzen. Manche entnehmen diese Zellen dem Blut von Patientinnen und Patienten, vermehren sie im Labor und führen sie anschließend wieder zurück. Andere statten Tregs gentechnisch mit sogenannten CAR-Rezeptoren aus – ähnlich wie in der modernen Krebsimmuntherapie. So lernen die Zellen, gezielt jene Entzündungsherde zu erkennen, die die Betazellen zerstören. Erste klinische Studien zeigen, dass solche Treg-Therapien die Entzündung in der Bauchspeicheldrüse bremsen und verbliebene Betazellen schützen könnten. Noch ist es ein weiter Weg bis zur Anwendung in der Praxis, doch die Richtung stimmt.

Der Nobelpreis 2025 wurde hochverdient verliehen. Die Entdeckung der drei Forschenden hat unser Verständnis von Autoimmunerkrankungen grundlegend verändert. Heute inspiriert sie eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen und Ärzten, die das Ungleichgewicht des Immunsystems nicht länger nur dämpfen, sondern gezielt heilen wollen. Und vielleicht wird man eines Tages sagen: Der Nobelpreis 2025 war nicht nur eine Auszeichnung für Grundlagenforschung – sondern der Beginn eines neuen Kapitels in der Geschichte des Diabetes.

Das war es mal wieder für diese Woche. Wir hoffen, Sie haben es bis hierhergeschafft und haben uns gerne gelesen. Wir gehen nun gemeinsam ins Wochenende und genießen die wunderschöne Herbstzeit, von der übrigens die meisten Menschen sagen, dass es die schönste Zeit im Jahr und in ihrem Leben ist.

Passen Sie auf sich auf, mit herzlichen Grüßen

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