Das Seminar begann mit einem theoretischen Überblick zu allen bislang verfügbaren AID-Systeme mit ihren Spezifikationen, vorgestellt von Sandra Schlüter, niedergelassene Diabetologin aus Northeim und Vorsitzende der AGDT. Damit aus Insulinpumpe und CGM-System ein AID-System wird, ist ein Algorithmus notwendig, der auf Basis der ermittelten Glucosewerte die Insulindosierung der Pumpe steuert. Aktuell werden bei den Systemen diese drei Algorithmen verwendet:
- der PID (proportionaler integrativer Differential Algorithmus)), der die Insulininfusionsrate entsprechend der Differenz des aktuellen Wertes zum Glucose-Sollwert berechnet;
- der MCP (model-predictive Control Algorithm), bei dem die Vorhersage zukünftiger Glucosewerte auf Trends der aktuellen Vergangenheit basiert und
- die Fuzzy-Logic (wenn-dann-Verknüpfungen), bei der die Parameter kontinuierlich an die aktuelle Situation angepasst werden.
Alle drei Algorithmen regulieren die Glucosekontrolle auf unterschiedliche Art und Weise, führen aber am Ende mehr oder weniger zum gleichen Ergebnis. Nach dieser spannenden Einführung zeigte Sandra Schlüter Fallbeispiele aus der Praxis. Nach einer guten Schulung und einer entsprechenden Einlaufzeit waren die Glucoseverläufe bei fast allen PatientInnen hervorragend. Aber auch die eine und andere Anekdote wurde berichtet, z.B. die einer deutschen Patientin, die in China lebt und nach Einstellung auf ein AID-System in ihre Wahlheimat zurückkehrte. Um die Patientin auch weiterhin fernbetreuen zu können, sollten die gemessenen Werte automatisch an den Server der Praxis gesendet werden und das funktionierte auch so lange gut, bis die Dame chinesischen Boden betrat. Danach … Funkstille! Nach Prüfung und Ausschluss aller möglichen technischen Probleme wurde klar: China gestattet keinen Datentransfer in andere Länder. Erst mit Hilfe einer Sondergenehmigung der Partei und auch erst nach eingehender Prüfung dürfen die Werte nun wieder gesendet werden.
Im dritten und letzten Teil des Seminars wurden die von einer Arbeitsgruppe der AGDT erstellten Steckbriefe zu den verschiedenen AID-Systemen vorgestellt. Dies sind einzelne Blätter im Din A4-Format, die neben einer allgemeinen Info zu AID und Algorithmen die verfügbaren Systeme mit ihren technischen Spezifikationen und Anpassungsmöglichkeiten ausführlich beschreiben. Außerdem werden Tipps für die Schulung der Patienten gegeben. Die Steckbriefe stehen zukünftig auf der AGDT Homepage zum Download bereit und können in der Praxis z.B. in laminierter Form die Schulung zum jeweiligen System begleiten. Die bisher verfügbaren AID-Systeme sind allesamt sogenannte Hybrid-Systeme, bei denen die Basalrate automatisch adjustiert wird und die Boli per Hand durch die Nutzer abgerufen werden. Kommende Generationen von AID-Systemen werden jedoch „den Loop schließen!“, so dass die gesamte Insulinsteuerung automatisch abläuft.
Fazit: Eine sehr sinnvolle Initiative, finden wir. Die zunehmende Technologisierung der Diabetes-Therapie erfordert von den Teams aus der Schwerpunkt-Diabetologie viel Engagement und Begeisterung für die neuen Möglichkeiten der Patientenbegleitung und ein vertieftes Know-How über die Möglichkeiten und Unterschiede der einzelnen AID-Systeme. Eine gute Schulung und Begleitung der Patienten wird mehr denn je dazu führen, das klassische Ziel zu realisieren, mit dem der Patient zu seinem eigenen Behandler wird und das Diabetes-Team zu seinem betreuenden Coach.
Nach dem erfolgreichen Pilotseminar im Dezember 2021 wird es in diesem Jahr weitere AID-Seminare geben. Die Termine werden aktuell noch abgestimmt und sowohl hier als auch auf der AGDT-Homepage veröffentlicht, sobald sie feststehen.
DiaTec weekly – Januar 7, 22
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Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für die sehr informative wie interessante mitunter auch sehr kurzweilige DiaTec. Ganz besonders wertvoll sind tatsächlich die Steckbriefe der AGDT sowie die zahlreichen Fallbeispiele
Herzliche Grüße
Andrea Kallenberg