Beim diesjährigen EASD wurde eine britische Studie präsentiert (Abstract 836 Fan et al. Simulated commercial flights and the effects of atmospheric pressure changes on insulin pump delivery), nach der die Druckänderungen während eines Fluges zu unbeabsichtigten Insulinabgaben führen können, damit die Glucosekontrolle von Patienten mit Typ-1-Diabetes beeinflussen und möglicherweise Hypoglykämien induzieren.
Bei der Studie wurde die Insulinabgabe von 26 Insulinpumpen in Europas größter hypobarischer Kammer getestet, um die atmosphärischen Veränderungen während eines normalen Verkehrsfluges nachzuahmen. Dabei wurde der Druck während eines 20-minütigen Aufstiegs auf 550 mmHg gesenkt, während eines 30-minütigen Reiseflugs aufrechterhalten – was einer Kabinendruckhöhe von ca. 2.500 Meter entspricht – gefolgt von einem 20-minütigen Sinkflug zum Boden (Anstieg des Umgebungsdrucks auf 750 mmHg). Während der simulierten Flüge wurde die basale Insulininfusion auf 0,60 Einheiten pro Stunde eingestellt, um eine in der Praxis gebräuchliche Rate zu repräsentieren und genaue Messungen bei mehreren Flügen zu ermöglichen. Die Insulinabgaberaten und die Luftblasenbildung, verursacht durch Luft, die aus der Insulinformulierung austritt und Blasen bildet, wenn der Umgebungsdruck abnimmt, wurden aufgezeichnet, indem Infusionssets an offenen 100-Mikroliter-Kapillarröhrchen befestigt wurden, wobei 1 mm dickes Gitterpapier dahinterlag. Insulininfusionssets ohne Pumpen wurden auch unter einem separaten Druckprotokoll getestet, um eine schnelle Dekompression zu simulieren. Dies ahmt den plötzlichen Druckabfall in der Kabine nach, wie er bei Notfällen auftritt.
Aus den vollen Insulinpatronen trat während des 20-minütigen Aufstiegs, der zu einer Abnahme des Umgebungsdrucks führt, 0,6 Einheiten Insulin mehr aus als bei normalen Umgebungsdruck. Die Autoren der Studie gehen aber nicht davon aus, dass dies zu einer klinisch bedeutsamen oder symptomatischen Hypoglykämie führen würde. Während des Abstiegs (= Anstieg des Umgebungsdrucks) gaben die Patronen 0,51 Einheiten Insulin zu wenig ab. Dies kann dazu führen, dass die Glucosewerte höher sind als üblich. Auffallend ist, dass eine schnelle Dekompression zu einer Flüssigkeitsabgabe führte, die 5,6 Einheiten Insulin entspricht. In dem ausgesprochenen seltenen Fall einer plötzlichen Dekompression der Kabine in der Höhe könnte solch eine Überdosis Insulin die Glucosekonzentration so weit absinken lassen, dass es zu einer erheblichen Hypoglykämie kommen könnte. In solchen Notfällen – etwa wenn ein Flugzeug während des Fluges eine Tür verliert – müssten die Nutzer der Pumpe zusätzliche Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, um dieser Gefahr entgegenzuwirken – aber in einer solchen Situation setzt man wohl andere Prioritäten!
Die Autoren empfehlen, Insulinpumpen vor dem Start vorübergehend abzukoppeln und sie vor dem Start vorübergehend abzuschalten und Luftblasen zu entfernen, bevor sie nach dem Erreichen der Reiseflughöhe wieder angeschlossen werden.
Fazit: Nach Meinung der Autoren sollen Nutzer von Insulinpumpen sich der möglichen Auswirkungen von Änderungen des Kabinenluftdrucks auf die Insulinabgabe bewusst sein. Getrieben wird die zusätzliche Abgabe von Insulin ja durch die Luftblasenbildung in den Patronen, die das Insulin daraus verdrängen.
In der Vergangenheit war bereits über solche Probleme bei Insulinpumpen berichtet worden. Die Frage ist, ob es dazu in dem Ausmaß auch kommt, wenn die Spitze des Insulininfusionssets im realen Anwendungsfall im Gewebe steckt, denn dann gibt es einen Gegendruck im Gewebe, welcher der Bildung von Luftblasen entgegenwirkt. Die Situation ist in der Praxis also eine andere, als wenn die Spitze des Infusionssets einfach in der Luft hängt. Es fehlen also noch entsprechende Untersuchungen von Nutzern unter solchen experimentellen Bedingungen, um abzuklären, ob hier wirklich ein klinisch relevantes Problem vorliegt oder nicht.
diatec weekly – Sept 27, 24
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