Der frühzeitige Einsatz von CGM kann durchaus zur Prävention von Diabetes-Komplikationen beitragen, denn eine intensive Glucosekontrolle ist assoziiert mit einem geringeren Risiko für mikro- und makrovaskuläre Komplikationen. Sam Seidu, der sowohl akademischer Forscher ist als auch praktizierender Arzt für Allgemeinmedizin, betreut viele Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2D) und ist fest davon überzeugt, dass die Nutzung von CGM bei dieser Patientengruppe das Diabetesmanagement erheblich verbessern kann. Er führt diesen Vorteil auf die Informationen über die glykämische Variabilität zurück, die CGM liefert. Wenn Menschen mit T2D verstehen, wie sich ihre Glucosewerte im Laufe des Tages verändern, sind sie auch besser in der Lage, hyper- und hypoglykämische Ereignisse zu reduzieren.
Er vertiefte diese Analyse mit dem Nachweis, dass die Verwendung von CGM über einen Zeitraum von zehn Jahren zur Verringerung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zur Verringerung der Verschlechterung der Nierenfunktion beitragen kann. Sie kann auch die Ergebnisse bei diabetischer Retinopathie, Neuropathie und MACE verbessern.
Unter Hinweis auf die Unterschiede zwischen dem Glucosemanagement bei Menschen mit Typ-1-Diabetes (T1D) und mit T2D ist er überzeugt davon, dass CGM bei T2D hilft, hyperglykämische Ereignisse zu minimieren. Wie die MOBILE-Verlängerungsstudie zeigt, können Menschen mit Diabetes während der 14-monatigen Nachbeobachtung immer noch einen Rückgang bei der TIR um 12% verzeichnen, selbst wenn CGM nach acht Monaten abgesetzt wurde. Dies ist zwar weniger im Verhältnis zurzeit mit CGM-Nutzung, aber immer noch ein Anstieg gegenüber der TIR, die mit der Blutglucoseselbstmessung (BGSM) zu Beginn der Studie erreicht wurde und deutet darauf hin, dass selbst eine intermittierende CGM-Nutzung die Grundlage für eine verbesserte glykämische Kontrolle schafft.
Die Anwendung von CGM unterscheidet sich bei den verschiedenen Kategorien der T2D-Behandlung, deshalb schlägt Sam Seidu drei Handlungsoptionen vor, die auf dem jeweiligen Patientenprofil basieren:
- alle Menschen mit T2D
- Menschen mit T2D und Insulin
- Menschen mit T2D ohne Insulin, aber mit Glucose-senkenden Medikamenten.
Während die spezifischen Empfehlungen je nach Profil variieren, unterstrich jede der Empfehlungen den Wert von CGM bei der Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Diabetes. Alle sollen CGM für mindestens 14 Tage nach der Diagnose nutzen. Dies kann dem neuen Patienten dabei helfen, einen Ausgangswert zu ermitteln sowie Echtzeit-Aufklärung und das Potenzial für Verhaltensänderungen bieten. Bei neu diagnostizierten Diabetes kann dies das Selbstmanagement von Diabetes unterstützen; angesichts des chronischen Charakters dieser Krankheit ist es umso besser, je früher ein Patient seine Diagnose richtig versteht.
Für die Diabetes-Teams können diese Daten wichtige Erkenntnisse liefern, um die Dosierung besser anpassen zu können. Da der HbA1c-Wert zwar mit diabetesbezogenen Komplikationen in Verbindung gebracht wird, aber kein vollständiges Bild vermittelt, empfiehlt Sam Seidu die Verwendung von CGM, um das Risiko von Komplikationen vollständig zu verstehen und das Hypo- und Hyperglykämierisiko reduzieren zu können.
In Großbritannien ist der Einsatz von Insulin in der Primärversorgung bei T2D nach wie vor gering, da die überwiegende Mehrheit der diagnostizierten Patienten durch Screening gefunden werden und nicht symptomatisch sind. Für Menschen mit T2D, die kein Insulin verwenden, aber Diabetes-bezogene Medikamente einnehmen, könnte die Verwendung von intermittierendem CGM mindestens alle drei Monate ein besseres Management unterstützen und die Wirkung der Therapie verstärken. In Anbetracht der Tatsache, dass der HbA1c typischerweise alle drei Monate getestet wird, stellt die Verwendung von CGM zeitgleich mit der Messung eine Hilfe bei allen Entscheidungen, die der Behandler in Bezug auf den Einsatz und die Dosierung der Diabetes-Therapie treffen muss, verstärken.
Die Schlussfolgerung daraus ist, dass der Einsatz von CGM bei Menschen mit T2D Komplikationen verringert und die Insulintitration verbessert. Es fehlen aber Daten, die den Nutzen des Einsatzes von CGM belegen; und es sind weitere Studien erforderlich, um die Bedürfnisse von Menschen mit T2D zu erfüllen, insbesondere im Hinblick auf eine verstärkte Nutzung der Technologie.
Nach wie vor ist der HbA1c-Wert der anerkannte Marker für Langzeitkomplikationen bei Diabetes, sagt Sam Seidu, er sieht aber auch mehr Beweise für die Verwendung von TIR als Vorhersagemetrik. Der Einsatz von CGM bei Menschen mit T2D kann dem Diabetesteam helfen, mehr über deren Glucoseverläufe und mögliche Dysregulationen zu erfahren. Analyse wie das Dämmerungsphänomen sind einzigartige Optionen der CGM-Datenerfassung und während SMBG bei Menschen mit T2D nach wie vor Standard ist, kann die Ablösung dieser diagnostischen Option durch intermittierende CGM-Protokolle ein fundiertes Diabetesmanagement erleichtern.
Fazit: Ob es eine weitere RCT zum Vergleich von BGSM und CGM geben wird, muss skeptisch gesehen werden. Weitere randomisierte kontrollierte Studien sowie Studien unter realen Bedingungen und Studien mit von Patienten berichteten Ergebnissen müssen erfolgen, um „klinische Entscheidungen bei der Behandlung von T2D mit CGM in der Primärversorgung“ besser belegen zu können. Solche Daten werden notwendig sein, um die Kostenübernahme durch die Krankenkassen für CGM-Systeme zu erreichen.
Sie können auch dazu beitragen, Barrieren abzubauen und den Zugang zu CGM zu verbessern. Sam Seidu glaubt, dass BGSM in 20 Jahren irrelevant sein wird, weil diese diagnostische Option durch CGM ersetzt wird. Die Aussage: „Diese Technologie ist gekommen, um zu bleiben“, sollte genutzt werden, um allen Menschen mit Diabetes so effektiv wie möglich zu helfen.
- Seidu S, Kunutsor SK, Ajjan RA, Choudhary P. Efficacy and Safety of Continuous Glucose Monitoring and Intermittently Scanned Continuous Glucose Monitoring in Patients With Type 2 Diabetes: A Systematic Review and Meta-analysis of Interventional Evidence. Diabetes Care. 2024;47(1):169-79. doi: 10.2337/dc23-1520. PubMed PMID: 38117991.
- Ajjan RA, Seidu S, Riveline JP. Perspective of Continuous Glucose Monitoring-Based Interventions at the Various Stages of Type 2 Diabetes. Diabetes Ther. 2024. Epub 20240622. doi: 10.1007/s13300-024-01607-5. PubMed PMID: 38907936.
- Ajjan RA, Battelino T, Cos X, Del Prato S, Philips JC, Meyer L, et al. Continuous glucose monitoring for the routine care of type 2 diabetes mellitus. Nat Rev Endocrinol. 2024;20(7):426-40. Epub 20240408. doi: 10.1038/s41574-024-00973-1. PubMed PMID: 38589493.
- Seidu S. A Podcast on the Use of CGM in Optimizing Type 2 Diabetes Management with Non-intensive Insulin Treatment in the Primary Care Setting. Diabetes Ther. 2024;15(2):301-9. Epub 20240113. doi: 10.1007/s13300-023-01524-z. PubMed PMID: 38216832; PubMed Central PMCID: PMCPMC10838854.
diatec weekly – September 6, 24
Artikel teilen & drucken
Dieser Artikel erscheint als Teil des wöchentlichen Letters zu hochaktuellen Entwicklungen im Bereich Diabetes Technologie. Nutzen Sie das untenstehende Formular um sich für den DiaTec weekly Newsletter anzumelden!
Mit freundlichen Grüßen