Das deutsche Gesundheitssystem steht vor einem der größten Umbrüche der vergangenen Jahrzehnte. Ab 2024 soll die Planung und Finanzierung der Kliniken neu strukturiert werden. Es besteht Einigkeit darüber, dass eine Veränderung der Krankenhausplanung und -finanzierung dringend notwendig und längst überfällig ist. Die Bewertung der einzelnen Bausteine der Reform fällt zwischen Bund, Ländern und den von der Reform betroffenen Fachkreisen unterschiedlich aus. Insbesondere die Ausgestaltung der vorgesehenen bundeseinheitlichen Leistungsgruppen und die Einführung der Vorhaltevergütung führen zu anhaltenden Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern.
Die Einrichtung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ bildet die Ausgangslage für die Reformüberlegungen. Im Dezember 2022 hat sie eine Empfehlung zur grundlegenden Reform der Krankenhausvergütung veröffentlicht und damit die politische Debatte über die Weiterentwicklung der stationären Versorgungsstrukturen eröffnet. Im Sommer dieses Jahres folgte nach langen und intensiven Diskussionen zwischen Bund und Ländern ein sehr knappes, aber geeintes Eckpunktepapier.
Die Ziele der Krankenhausreform sind die Gewährleistung der Versorgungssicherheit, die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie die Entbürokratisierung des derzeitigen Systems. Dies soll mit Hilfe von Leistungsbereichen und Leistungsgruppen umgesetzt werden. Ein Leistungsbereich könnte beispielsweise die Neurologie sein und deren Leistungsgruppen sind dann allgemeine Neurologie, Stroke Unit und Neuro-Frühreha.
Auch im Bereich Diabetes wird eine Krankenhausstrukturreform ausdrücklich zur Erhaltung und Verbesserung der Qualität der stationären Behandlung von Menschen mit Diabetes sowie der Behandlung von Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus begrüßt.
Es ist jedoch zu beachten, dass die Patienten nicht wegen, sondern mit ihrem Diabetes in eine Klinik kommen. Ihr Diabetes muss dabei als Nebenerkrankung zwingend mitbehandelt werden. Hierzu bedarf es einer ausreichenden diabetologischen Expertise, die in jeder Klinik vorhanden sein sollte, denn in jeder Klinik werden Menschen behandelt, die zusätzlich an Diabetes erkrankt sind und gut betreut werden müssen, um Komplikationen zu vermeiden. Kliniken ohne Leistungsgruppe Diabetologie können Patienten mit Diabetes nicht angemessen behandeln, da qualifiziertes Personal vor Ort fehlt.
Wir haben Sie im Januar nach Ihrer Meinung gefragt: »Wird die neue Krankenhausreform zu Versorgungsdefiziten im Diabetes-Bereich führen?«
Die Frage wurde von 737 Menschen mit Diabetes beantwortet, davon waren 673 Menschen mit Diabetes, 33 Angehörige und 31 BehandlerInnen. Die Teilnehmenden waren zwischen 21 und 87 Jahren alt, das mittlere Alter betrug 57,6 Jahre, 47,6% der Befragten waren Frauen, 75,5% der Menschen mit Diabetes haben einen Typ-1-Diabetes, 24,5% einen Typ-2-Diabetes, im Mittel leben sie seit 28,3 Jahren mit ihrem Diabetes.
Bei den Ergebnissen der Frage des Monats Januar wird deutlich, dass die Mehrheit der dia·link-Community der Meinung ist, dass die neue Krankenhausreform eine bedeutende Veränderung mit sich bringt. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass 74,2% der befragten BehandlerInnen durch die neue Krankenhausreform ein sehr starkes Versorgungsdefizit im Diabetes-Bereich sehen. Bei Menschen mit Diabetes ist die Sorge nicht so stark ausgeprägt wie bei den BehandlerInnen. Nur 45% der Befragten gaben an, dass sie sehr stark besorgt sind. Trotzdem vermutet fast die Hälfte der befragten Menschen mit Diabetes, dass es ein erhebliches Versorgungsdefizit geben wird, dabei zeigt sich auch kein Unterschied zwischen Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes.
Bei den Angehörigen ergibt sich der wiederkehrende Eindruck, hier haben 51,5% die Option „Ja, sehr stark“ gewählt. Besonders bemerkenswert ist dabei der deutliche Unterschied bei der Aussage „Nein“ zwischen den Menschen mit Diabetes (22,1%) und den BehandlerInnen (6,5%). Es könnte sein, dass das Ergebnis dieser Antwortoption darauf zurückzuführen ist, dass die BehandlerInnen sich anders mit der bisherigen Diskussion zur Krankenhausreform auseinandergesetzt haben als Menschen mit Diabetes, die nicht täglich im Krankenhaus sein müssen.
Die Befragungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Mehrheit der befragten Personen mit Diabetes sowie ihre Angehörigen und BehandlerInnen ein Versorgungsdefizit in der neuen Krankenhausreform befürchtet.
Fazit: Es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussion um die Krankenhausreform, insbesondere im Bereich Diabetes, in Deutschland weiterentwickelt. Unsere Ergebnisse sollten jedoch der Politik zeigen, dass Menschen mit Diabetes, ihre Angehörigen und BehandlerInnen besorgt sind, dass die Krankenhausreform zu einem Versorgungsdefizit im Bereich Diabetes führen kann.
Nun geht es zur Frage des Monats Februar:
Diabetes mellitus ist eine Krankheit, die in unserer Gesellschaft immer mehr zunimmt. In Europa hatten im Jahr 2021 ca. 61 Millionen Menschen einen diagnostizierten Diabetes mellitus. Die Dunkelziffer wird auf etwa 36% geschätzt. Das bedeutet, dass etwa jeder Dritte einen nicht diagnostizierten Diabetes hat. Bis zum Jahr 2030 wird erwartet, dass die Zahl der Erwachsenen Menschen mit Diabetes mellitus in Europa voraussichtlich auf 67 Millionen ansteigen (IDF (International Diabetes Federation) – Diabetesatlas, 2021). Obwohl Diabetes weit verbreitet ist, gibt es immer noch hartnäckige Mythen und Vorurteile über die Erkrankung. Viele davon grenzen Menschen mit Diabetes aus und gehen mit offenen oder subtilen Vorwürfen einher.
Deshalb möchten wir Sie im Februar nach Ihrer Meinung fragen:
Wir freuen uns auf Ihre Antworten und bedanken uns herzlich beim dia·link-Team in Bad Mergentheim für die tollen Fragen und Auswertungen.
diatec weekly – Februar 9, 24
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