Eine Meta-Analyse von drei RCTs in DTT zeigt die positiven klinischen Auswirkungen der Nutzung von AID-Systemen auf die Glucosekontrolle bei einem breiten Spektrum von Menschen mit Typ-1-Diabetes und das bei unterschiedlichen Altersgruppen (von 2 bis 72 Jahre) und demografischen Hintergrund [1]. Bei einer Studie waren die Teilnehmer Erwachsene zwischen 14 und 72 Jahren, bei einer anderen Kinder zwischen 6 und 13 Jahren und bei der dritten im Vorschulalter zwischen 2 und 6 Jahren. Nutzer mit den höchsten (= schlechtesten) Ausgangswerten hatten den größten Nutzen. Die Analyse ergab einen durchschnittlichen Anstieg der Zeit im Zielbereich (TiR) um 2,8 Stunden im Vergleich zu den Patienten in Kontrollgruppen; die durchschnittliche TiR stieg bei Nutzung der Control-IQ-Technologie von 57% bei Studienbeginn auf 70% während der Nachbeobachtung nach 3 Monaten, im Vergleich zu 56% bis 57% bei der Kontrollgruppe (mittlere bereinigte Differenz 11,5%). Parallel kam es zu einer Absenkung des HbA1C-Wertes in der Control-IQ-Gruppe (n=256) von 7,5% bei Studienbeginn auf 7,0%, mit einer Verbesserung von 0,4% im Vergleich zur Kontrollgruppe (n=113). Bei der Control-IQ-Gruppe wurde im Vergleich zur Kontrollgruppe eine deutliche Verringerung der Zeit mit einer Hyperglykämie (>250 mg/dL) und der mittleren Blutglucosekonzentration am Tag und in der Nacht festgestellt. Die Zeit, die die Patienten mit niedrigen Glucosewerten (<70 mg/dL) verbrachten, waren schon zu Beginn der Studie niedrig, trotzdem konnten die Zeiträume mit Werten <70 mg/dL und <54 mg/dL bei Nutzung des AID-Systems im Vergleich zur Kontrollgruppe weiter reduziert werden. Die Häufigkeit von schweren Hypoglykämien war gering (~2 pro 100 Personenjahre) und zwischen der Control-IQ- und der Kontrollgruppe vergleichbar.
Fazit: Die Datenlage hinsichtlich des Nutzens von AID-Systemen – präziser gesagt einem spezifischen System, mit dem diese Studien durchgeführt wurden – wird immer besser.
- Beck RW, Kanapka LG, Breton MD, Brown SA, Wadwa RP, Buckingham BA, et al. A Meta-Analysis of Randomized Trial Outcomes for the t:slim X2 Insulin Pump with Control-IQ Technology in Youth and Adults from Age 2 to 72. Diabetes Technol Ther. 2023;25(5):329-42. Epub 20230412. doi: 10.1089/dia.2022.0558. PubMed PMID: 37067353; PubMed Central PMCID: PMCPMC10171957.
embecta und Tidepool – Was geht da?
Über die Marktzulassung der AID-App von Tidepool (Tidepool Loop) in den USA haben wir an dieser Stelle schon berichtet, dabei war allerdings die Frage offengeblieben, mit welchen Partnern dieser eher ungewöhnliche, weil nicht-kommerzielle Hersteller eines Medizinprodukts in Zukunft zusammenarbeitet, um ein nutzbares AID-System anzubieten. Nun hat sich die Situation geklärt, denn embecta, ein Hersteller von Nadeln (ehemals Becton Dickinson) hat eine Partnerschaft mit Tidepool zur Entwicklung eines AID-Systems für Patienten mit Typ-2-Diabetes bekannt gegeben. embecta will die Diabetes-Management-Software von Tidepool mit seinem seit längerem in der Entwicklung befindlichen Patch-Pumpensystem kombinieren, wobei dies auf die speziellen Bedürfnisse dieser Patientengruppe zugeschnitten sein soll. embecta hat für seine Patch-Pumpe im März 2022 eine Zulassung als „bahnbrechendes Gerät“ bekommen. Wann sie jedoch als Produkt auf den Markt kommt, ist noch nicht klar.
Fazit: Es gilt die nicht unerhebliche Konkurrenz durch andere vergleichbare AID-Systeme zu sehen, aber auch durch den rasch und stark wachsenden Markt von Inkretin-Medikamenten (z. B. Ozempic und Mounjaro) sowie die bevorstehende Einführung von langwirkenden Insulinen, die nur noch einmal wöchentlich appliziert werden. Mit den Inkretin-Medikamenten erhalten die Patienten nicht nur eine verbesserte Glucosekontrolle (wie bei Insulin), sondern auch eine Gewichtsabnahme, die Insulin nicht bietet. Mal schauen, ob sich mehrere solcher AID-System/Patch-Pumpen am Markt langfristig etablieren können, wenn Insulin als Behandlungsoption eher zurückgedrängt wird.
Omnipod GO von Insulet hat in den USA eine Zulassung erhalten Die Omnipod GO ist ein eigenständiges, tragbares Insulinapplikationssystem, das optisch identisch mit einem Omnipod über 72 Stunden hinweg eine konstante Infusion von einem schnellwirkenden Insulin (Novolog, Fiasp, Humalog, Admelog und Lyumjev) ermöglicht. Diese „Pumpe“ funktioniert ohne ein Handgerät zur Steuerung. Es wird mit sieben verschiedenen vorprogrammierten Tagesraten angeboten, die von 10 bis 40 Einheiten pro Tag reichen. In den USA ist dieses System nun für Erwachsene mit Typ-2-Diabetes zugelassen, die bisher für ihre Insulintherapie tägliche Injektionen eines langwirkenden Insulins verwenden. Insulet plant wohl dieses System im Jahr 2024 in den USA auf den Markt zu bringen, wobei der Vertrieb dann insbesondere über die Pharmazien laufen soll.
Fazit: Es gibt noch keine Aussagen dazu ob und wann dieses System auch in Europa/Deutschland verfügbar sein wird. Ob die potentiellen Nutzer lieber ein solches Gerät tragen als Insulininjektionen durchzuführen… wir werden sehen. Die Nutzung verlangt die Befüllung des Pods, Tragen des Gerätes am Körper und den Wechsel davon alle drei Tage.
Medtronic übernimmt die koreanische Pumpenfirma EOFlow
Wenn ein großer Hersteller von Insulinpumpen einen eher kleinen südkoreanischen Hersteller mit einer Patch-Pumpe für einen vermutlich nicht unbeachtlichen Betrag kauft (über 700 Millionen Dollar), dann reflektiert dies zum einen, dass die internen Bemühungen in den letzten Jahrzehnten solch ein Produkt zu entwickeln nicht erfolgreich waren, zum anderen, es wird deutlich ein Bedarf gesehen und dementsprechend reagiert. Viele Patienten mit Diabetes scheinen Interesse an einer schlauchlosen, tragbaren und vollständig wegwerfbaren Insulinpumpe zu haben. Medtronic kann damit in Zukunft ebenso wie Insulet ein AID-System mit einer attraktiven Pumpe, mit einem speziellen Algorithmus (Meal Detection Technology™) und einem CGM-System der nächsten Generation anbieten. Ein solch einfach zu nutzendes AID-System erscheint attraktiv. Mit diesem Erwerb bietet Medtronic nun eine breite Palette von Lösungen an, von Smart-Pens hin zu etablierten und bewährten AID-Systemen.
Die EOPatch-Pumpe, die über eine proprietäre Mikrofluidik-Technologie verfügt, appliziert Insulin offenbar mit hoher Genauigkeit und Zuverlässigkeit und minimiert gleichzeitig das Risiko einer Okklusion. Sie ist zur Vermarktung in Europa, Südkorea, Indonesien und den Vereinigten Arabischen Emiraten zugelassen und verfügt über eine kompatible Smartphone-App, mit der die Nutzer sie direkt überwachen und steuern können.
Fazit: Viel wird für Medtronic davon abhängen, ob das neue firmeneigene CGM-System (Simplera) mit denen aktuellen Generationen von Dexcom oder Abbott konkurrenzfähig ist. Dazu kommt, dass andere Hersteller von Insulinpumpen (z.B. Tandem) ebenfalls Hersteller von Patch-Pumpen aufgekauft haben. Der Markt ist also in Bewegung.
diatec weekly – Juni 2, 23
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