Wenn ein recht erfolgreicher US-Hersteller von konventionellen Insulinpumpen, eine kleine Schweizer Firma kauft (für insgesamt wohl 200 Millionen „Fränkli“), dann drückt dies das Interesse von Tandem aus, auch in diesem Marktsegment aktiv zu sein. Gleichzeitig heißt es aber, dass es auch in Europa noch hochkarätige Neuentwicklungen von Medizinprodukten gibt! Im Dezember hatten wir im weekly über die Eigenschaften von „Sigi” berichtet, die ja auch in AID-Systemen eingesetzt werden kann. In Kürze: Sigi ist eine Smartphone-gesteuerte, wiederaufladbare Insulin-Patch-Pumpe, die mit vorgefüllten Insulinpatronen kompatibel ist und deren Mikropumptechnologie eine schnelle Erkennung von Verstopfungen ermöglicht. Diese Pumpe ist kleiner als Konkurrenzprodukte und ist derzeit ein „fortgeschrittener“ Prototyp (mit einer FDA Breakthrough Designation), der bald für klinische Studien bereit sein wird. Im Zusammenhang mit diesem Kauf hat Tandem die intern wohl schon recht weit gediehene Entwicklung einer eigenen Patch-Pumpe beendet.
Fazit: Mal schauen, wann Tandem diese Patch-Pumpe als Produkt auch auf den deutschen Markt bringt und zu welchem Preis? Diese Patch-Pumpe wäre dann ein weiterer Konkurrent für den Omnipod/Insulet. Ob Sigi als Insulinpumpe per se auf den Markt kommt oder „nur“ in Kombination mit CGM-System und Algorithmus als AID-System, ist wohl auch noch nicht entschieden, hängt vielleicht auch von den jeweiligen Gegebenheiten auf den verschiedenen Märkten ab. Tandem hatte in 2021 auch in einen anderen Entwickler einer Patch-Pumpe (CeQur) investiert, ob das Interesse an dieser Entwicklung damit nun beendet ist oder ob mit diesem von der technischen Seite her simpleren Produkt ein anderes Marktsegment bedient werden soll, ist noch unklar.
Anderes Thema, aber ebenso spannend, denn Biocorp hat in den USA eine Zulassung für seinen „Smart Pen“ erhalten
Der französische Hersteller Biocorp hat von der FDA eine Zulassung für sein intelligentes Zusatzgerät Mallya in den USA erhalten, in Europa hat diese seit 2019 eine CE-Kennzeichnung. Diese Kappe verwandelt alle wichtigen handelsüblichen Einweg-Insulinpens (SoloStar von Sanofi, FlexPen von Novo Nordisk und KwikPen von Lilly) in einen Smart Pen und der ist über zwei Jahre lang wiederverwendbar. Die Kappe sammelt Informationen zu Zeitpunkt und Dosis und sendet diese per Bluetooth an eine begleitende App. Während diese Kappe in Frankreich und einigen anderen europäischen Ländern auf dem Markt ist, ist sie in Deutschland aber noch nicht verfügbar. Biocorp hat Partnerschaften mit Novo Nordisk, Roche Diabetes Care, Diabeloop, AgaMatrix und Sanofi in Bezug auf seine Smart Pens.
Fazit: Unklar ist, ob Biocorp für die Markteinführung von Mallya in den USA eine strategische Partnerschaft mit einem dort aktiven Unternehmen eingeht. Diese Zulassung ist die Aktuellste in einer Reihe von Smart Pen-bezogenen Nachrichten in den letzten sechs Monaten. Kürzlich hat Lillys eine Zulassung für sein Tempo Smart Button erhalten, Bigfoot hat eine erweiterte Insulin-Kompatibilität für sein Unity-System erreicht, das CGM-System von Abbott weist nun eine Integration mit Novo Nordisk Smart Pens auf, der SoloSmart von Sanofi hat eine CE-Kennzeichnung und der InPen von Medtronic ist besser auslesbar. Der Markt für Smart Pens entwickelt sich dynamisch, es bleibt aber abzuwarten, wer hier Gewinner sein wird und wer es ist.
Der Dritte im Bunde unserer Shorties ist der Dexcom G7, der gerade als iCGM in den USA zugelassen wurde
Man könnte denken, dass die nun (endlich!) erfolgte Marktzulassung des G7 als iCGM-System in den USA keine Bedeutung für den deutschen Markt hat. Da es aber für den Hersteller Dexcom essentiell ist, mit seinem Produkt auch auf anderen Märkten erfolgreich zu sein, hat die Zulassung durchaus Relevanz. Die Eigenschaften dieses CGM-System haben wir im weekly im März 2022 schon vorgestellt und die bisherigen Erfahrungen damit in Deutschland scheinen auch positiv zu sein.
G7 hat in den USA auch eine Zulassung für Schwangere. Die FDA hatte von Dexcom bestimmte Änderungen bei den Alarmen eingefordert, dies führt dazu, dass es zunächst in den USA nicht die Möglichkeit gibt, die Alarme völlig zu unterdrücken. Ob es weitere Unterschiede zwischen dem US-G7 und dem EU-G7 gibt, ist aktuell nicht bekannt. Der Applikator für den Sensor kann mit einer Hand bedient werden und ist gleichzeitig kleiner sowie leichter und produziert damit weniger Plastikmüll.
Aussagen zu dem Preis in den USA gibt es noch keine, wobei die Herstellung wohl günstiger sein soll als dies G6. Eine längere Nutzungsdauer des Sensors von bis zu 15 Tagen wäre unter ökonomischen Aspekten und Reduzierung des Aufwandes für die Nutzer ein wichtiger weiterer Schritt. Der Launch soll im Frühjahr 2023 erfolgen.
Fazit: Der Kampf der beiden „CGM-Giganten“ Abbott und Dexcom geht – insbesondere in den USA – in die nächste Runde und wir dürfen gespannt sein, wer in welchem Segment (AID-Systeme/Krankenhaus) bzw. Patientengruppe (Typ-2-Diabetes) eine höhere Akzeptanz gewinnt. Ein lebendiger Wettbewerb ist für die Nutzer immer von Vorteil und ob andere Hersteller, z.B. Medtronic, dabei mithalten können, wird sich noch zeigen. Während Abbott auch Systeme zum kontinuierlichen Monitoring von Ketonkörpern entwickelt, bleibt es bei Dexcom wohl auf die Glucose-Fokussierung.
Eine gute Head-to-Head-Studie zur Messgenauigkeit von Libre 3 versus G7 mit den jeweils aktuellen Algorithmen und über den ganzen Messbereich hinweg wäre von erheblichem klinischen Interesse, zumal die Lag-Time des G7 nur 3,5 Minuten betragen soll. Detaillierte Aussagen zum Einfluss von Interferenzen von verschiedenen Substanzen und Medikamenten wären ebenfalls von Bedeutung. Neben der Hardware gewinnt auch die Optimierung der Software zunehmend an Bedeutung, denn die Einfachheit der Nutzung der App für die Steuerung und Datenanalyse ist für die Nutzer eine wichtige Eigenschaft. Das G7-CGM-System ist wohl auch kompatibel mit der Apple Watch.
DiaTec weekly – Januar 13, 23
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