Roman Hovorka aus Cambridge, UK, hat die Ergebnisse einer viermonatigen randomisierten kontrollierten Studie mit dem Namen „KidsAP02-Studie“ mit seinem AID-System (CamAPS FX) dort veröffentlicht.1 Beteiligt waren eine Reihe von namhaften Pädiatern und Diabetologen, auch aus Deutschland und Österreich. Zur Krönung gab es noch ein begleitendes Editorial dazu.2 In diesem konzentriert sich die Autorin auf vier zentrale Herausforderungen, mit denen Familien mit kleinen Kindern, die an Diabetes erkrankt sind, konfrontiert sind und die durch den Einsatz eines AID-Systems reduziert werden können:
- schlechte Schlafqualität;
- neurokognitive Defizite;
- psychische Belastung und Angst und
- langfristige Komplikationen.
An dieser als RCT durchgeführten Studie nahmen 74 Vorschulkinder im Alter von 1-7 Jahren (mittleres Alter 5,6 Jahre) aus sieben Zentren, verteilt in Europa, teil. Bei Studienbeginn waren alle Teilnehmer seit mindestens sechs Monaten an Typ-1-Diabetes erkrankt (im Mittel 2,6 Jahre), nutzten seit mindestens drei Monaten eine Insulinpumpe, hatten einen HBA1c-Wert <11% (im Mittel 7,3%) und in den vorangegangenen zwei Monaten kein AID-System verwendet. Die große Mehrheit der Studienteilnehmer hatte jedoch zuvor ein CGM verwendet (91%). Nach einer „Run in-Phase“ wurden die Teilnehmer für einen Zeitraum von 16 Wochen nach dem Zufallsprinzip in einer der beiden Studienarme randomisiert: Auf das AID-System (n=39) oder SAP (sensorgestützte Pumpentherapie, n=35). Nach den 16 Wochen erfolgte eine Washout-Phase, anschließend kamen die Studienteilnehmer für die nächsten 16 Wochen in die jeweils andere Behandlungsgruppe.
Zur Erinnerung: Das verwendete AID-System ist auch in Deutschland verfügbar und kann bei Patienten ab einem Alter von 1 Jahr verwendet werden. Genutzt wird eine Android-App (einschließlich Smartphone-Steuerung), das Dexcom G6 als CGM-System und entweder die SOOIL Dana Diabecare RS Pumpe oder die Dana-i Pumpe. Der Algorithmus in der App moduliert die Insulinabgabe alle 8-12 Minuten. Zum Starten wird nur die Eingabe des Körpergewichts und der Tagesgesamtdosis gefordert und ist laut seinen Entwicklern anschließend „hoch adaptiv“.
Die Studienteilnehmer verbrachten im Mittel 2,1 Stunden pro Tag mehr Zeit im Zielbereich (TiR), wenn sie das AID-System verwendeten im Vergleich zur sensorgestützten Pumpentherapie (SAP) (mittlere TiR: 72% vs. 63%; p<0,001). Die relative Verbesserung beim TiR wurde bei der AID-Gruppe nach einem Monat erreicht und hielt über vier Monate an. Der größte Teil des Zeitvorteils kann auf die relative Verbesserung der Zeit in der Hyperglykämie zurückgeführt werden, diese reduzierte sich um 2 Stunden pro Tag im Vergleich zu der SAP-Gruppe (23% vs. 32%). Es wurde keine signifikante Verringerung der Hypoglykämien beobachtet, die Teilnehmer verbrachten 4,9% und 4,5% der Zeit <70 mg/dl mit dem AID-System bzw. SAP (p=0,74), und verbrachten statistisch gesehen gleich viel Zeit unter 54 mg/dl (1% bzw. 0,9%; p=0,63). Dies entspricht etwas mehr als einer Stunde bei Hypoglykämie und etwa 15 Minuten im Durchschnitt bei einer Hypoglykämie <54 mg/dl.
Bei Studienbeginn lag der mittlere HbA1c-Wert bei 7,3%, die Nutzung des AID-Systems senkte ihn um 0,7%. Diese Nutzung führt auch dazu, dass die AID-Gruppe einen niedrigeren mittleren Glucosewert über alle Stunden des Tages aufweist, insgesamt hatten diese Teilnehmer einen um -13 mg/dl niedrigeren mittleren Blutzuckerwert als mit diejenigen in der Kontrollgruppe (146 vs. 159 mg/dl). Dabei war die relative Verbesserung mit dem AID-System besonders deutlich während der Nacht.
Die Teilnehmer nutzen 95% der Zeit das AID-System im Automatikmodus und es traten im Allgemeinen nur wenige unerwünschte Ereignisse auf. Die Nutzung des CGM-Systems war in beiden Teilnehmergruppe hoch (Median 99% bzw. 96%). Der Prozentsatz der Teilnehmer, die über unerwünschte Ereignisse in der AID-Gruppe berichteten, war vergleichbar mit dem Prozentsatz in der SAP-Gruppe: 73% bzw. 76%.
Fazit: Solche RCTs sind wichtig, um mit einem geeigneten und auch von den Krankenversicherern akzeptierten Studiendesign zu dokumentieren, was für beeindruckende Unterstützung die Nutzung des AID-Ansatzes auch für Kinder bietet. In Deutschland nutzen in dieser Altersgruppe schon fast alle Kinder ein CGM-System und eine Insulinpumpe. Da ist der Schritt zu einem AID-System nicht weit, obwohl die meisten Systeme bisher keine Zulassung für dieser Patientengruppe haben. Vermutlich werden AID-Systeme über kurz oder lang der etablierte Standard für Kinder werden. Diese können damit eine wesentlich flexiblere, sicherer und bessere Diabetestherapie erreichen, bei deutlich weniger Arbeitsaufwand dafür. Bei vielen anderen Studien wurde nicht ein solches Studiendesign und Studiendauer verwendet, die dort dokumentierten Ergebnisse haben daher weniger Gewicht.
- Ware, J.;Allen, J. M.; Boughton, C. K.; Wilinska, M. E.; Hartnell, S.; Thankamony, A.; de Beaufort, C.; Schierloh, U.; Frohlich-Reiterer, E.; Mader, J. K.; Kapellen, T. M.; Rami-Merhar, B.; Tauschmann, M.; Nagl, K.; Hofer, S. E.; Campbell, F. M.; Yong, J.; Hood, K. K.; Lawton, J.; Roze, S.; Sibayan, J.; Bocchino, L. E.; Kollman, C.; Hovorka, R.; Kids, A. P. C., Randomized Trial of Closed-Loop Control in Very Young Children with Type 1 Diabetes. N Engl J Med 2022, 386 (3), 209-219.
- Levitsky, L. L., Reducing Caretaker Burden, Protecting Young Brains and Bodies. N Engl J Med 2022, 386 (3), 285-286.
DiaTec weekly – Februar 04, 22
Artikel teilen & drucken
Dieser Artikel erscheint als Teil des wöchentlichen Letters zu hochaktuellen Entwicklungen im Bereich Diabetes Technologie. Nutzen Sie das untenstehende Formular um sich für den DiaTec weekly Newsletter anzumelden!
Mit freundlichen Grüßen