Ein guter Teil dieser Zunahmen wurde durch die zunehmende Nutzung von CGM bei Patienten mit Typ-2-Diabetes erreicht. Dies wird durch die 2021 publizierten Ergebnisse der MOBILE-Studie unterstützt, die Daten zeigen, dass die Glucosekontrolle bei dieser Patientengruppe deutlich verbessert, auch wenn nur eine Basalinsulintherapie eingesetzt wird und die Patienten in der Primärversorgung behandelt werden. Darauf aufbauend hat die ADA dann auch ihre Versorgungsstandards aktualisiert (wir berichteten).
Die Nutzung von CGM von Patienten mit Typ-2-Diabetes mit anderen Insulintherapien nimmt ebenfalls weiter zu und auch die Diskussionen über die Nutzung von CGM-Systemen im Krankenhaus hat sich ausgeweitet. Bei uns in Deutschland steht dem die fehlende Qualitätssicherung der Messung entgegen. CGM wird zunehmend auch mehr von Sportlern und im Rahmen von Wellness-Ansätzen genutzt.
Zur Beschreibung der Güte der Glucosekontrolle wird im klinischen Alltag vielfach die Zeit im Zielbereich (Time-in-Range, TiR) genutzt. Dieser Parameter wird auch zunehmend in klinischen Studien als ein Endpunkt genutzt. Die Werte des jeweiligen Patienten – auch die zu der Zeit mit Werten unter- und oberhalb dieses Bereiches – werden von der Software der CGM-Systeme berechnet und in entsprechenden Reports angegeben. Dieser so genannte AGP-Bericht wurde im vergangenen Jahr aktualisiert, dabei erfolgte eine Standardisierung der Farben, die die Glucosewerte in verschiedenen Bereichen markieren. Bedingt durch die fehlende Standardisierung bei den CGM-Systemen verschiedener Hersteller sind die TiR-Werte der Systeme jedoch nicht direkt vergleichbar. Auch fehlen klinische Studien, die die Wertigkeit dieses neuen Parameters belegen, obwohl die Menge an verfügbaren Daten aus anderen Analysen Analogieschlüsse dazu ermöglichen.
Weltweit nähern wir uns nun einer halben Million Nutzern von AID-Systemen! Eine erstaunliche Entwicklung, wenn man bedenkt, dass Ende 2019 das einzige verfügbare AID-System die MiniMed 670G war, mit damals gut 200.000 Nutzern. Inzwischen sind auf dem deutschen Markt fünf verschiedene Systeme verfügbar, Patienten und Diabetes-Teams haben also die Wahl. Bei einem weiteren innovativen AID-System, die Omnipod 5, kommt es leider zu einer Verzögerung bei der Zulassung, voraussichtlich bis in die zweite Hälfte dieses Jahres hinein.
Dafür gibt es eine ständig steigende Anzahl von Publikationen zu den Ergebnissen von „Studien“ mit AID-Systemen, insbesondere auch zu Real-World-Analysen, dabei werten meistens die Hersteller Daten aus, die von den Nutzern in ihren Datenbanken auflaufen. Vermutlich werden wir auch zunehmend einen Einsatz von AID-Systemen bei Kindern, Schwangeren und Patienten mit Typ-2-Diabetes sehen.
Nach Jahren des Wartens kommen nun endlich die ersten „Smart-Pens“ auf den Markt und in den praktischen Einsatz. Diese schließen eine klare Lücke in der Datenlandschaft zwischen den Glucosemesswerten und der Erfassung der real erfolgten Insulindosierungen, wie groß die Akzeptanz dieser neuen Option für die automatisierte Insulinabgabe in der Praxis sein wird, bleibt abzuwarten. Bislang gibt es eher wenige Studiendaten und damit auch eine geringe Evidenz zur Nutzung von Smart-Pens. Im generellen Zusammenhang mit Pens und insbesondere den Einmal-Pens kommt auch das Thema Müllvermeidung ins Bewusstsein. Im letzten Jahr gab es eine erste Konferenz (den Green Diabetes Summit) die sich gezielt mit diesem Thema beschäftigt hat und eine Deklaration herausgebracht hat, wer von den verschiedenen dafür relevanten Gruppen hier was tun sollte.
Es ist immer wieder beachtlich zu sehen, welche enormen Investitionen in Entwicklungen gehen, die unter dem Oberbegriff „Digitale Gesundheit“ laufen. Basierend auf den Schätzungen einer US-Investmentfirma (Rock Health) wurden hier in 2021 insgesamt 29,1 Milliarden US-Dollar investiert. Diabetes war dabei der Bereich, in dem am Zweitstärksten investiert wurde, mit immerhin 1,8 Milliarden US-Dollar. Dabei steht hier aktuell mehr ein Wachstum bei Forschung und Entwicklung im Vordergrund, in Form von konkreter Nutzung und Ergebnissen fehlt es noch deutlich. Während die Begeisterung für solche Ansätze anhält, bleiben die Fragen nach der Fähigkeit der digitalen Gesundheitsprogramme, aussagekräftige klinische und finanzielle Ergebnisse zu liefern. Die andere Frage ist, wo sich die Programme voneinander unterscheiden: Wo helfen sie dabei, die Arbeitsabläufe der Leistungserbringer nennenswert zu rationalisieren, z.B. die Daten von CGM-Systemen einzubinden und die Versorgung der Patienten substantiell zu verbessern, gerade in der Zeit zwischen den Arztbesuchen?
Fazit: Im Vergleich zu der Zeit vor z.B. 10 Jahren ist die Diabetes-Technologie mit all ihren Facetten wesentlich in der Breite der Diabetes-Therapie angekommen und stellt inzwischen eine solide Säule in der Patientenversorgung, mit einer ausgesprochen positiven Zukunftsperspektive.
DiaTec weekly – Januar 21, 22
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