Beim diesjährigen ADA stellte David O’Neal von der University of Melbourne die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie zu einem sehr interessanten Insulin-Infusionsset von Capillary Biomedical (CapBio) mit dem Namen „SteadiSet“ vor. An der Studie nahmen 20 erwachsene Patienten mit Typ-1 Diabetes teil, von diesen nutzten elf Teilnehmer die 640G-Insulinpumpe von MiniMed, drei die 670G und sechs die t:slim X2 von Tandem. Die Studie lief über drei Wochen und die Teilnehmer erhielten alle sieben Tage ein neues Infusionsset (bei Ausfall auch früher). In der ersten Woche erhielten alle Teilnehmer zusätzlich eine externe Pumpe und über das Set wurde anstelle von Insulin eine Kochsalzlösung infundiert.
Hier nun die Ergebnisse: 19 der 20 Infusionssets blieben über die sieben Tage hinweg funktionsfähig. In der zweiten und dritten Woche infundierten die Teilnehmer Insulin Lispro. 36 der 41 Infusionssets (88%) blieben tatsächlich über die sieben Tage funktionsfähig, von den anderen fünf wurden drei aufgrund einer nicht korrigierbaren Hyperglykämie vorzeitig entfernt (7%) und ein weiteres aufgrund einer Hyperglykämie mit Ketonen (definiert als Glukose >250 mg/dl und Ketone ≥0,6 mmol/L). Schließlich musste ein Infusionsset aufgrund einer Infektion entfernt werden (definiert als Erythem oder Induration >1 cm im Durchmesser). Beeindruckenderweise wurden keine Verschlüsse der Infusionssets beobachtet und es gab auch keinen Fall, bei dem die Kanülen abgeknickt war. Die Gesamttagesdosis an Insulin blieb über die sieben Tage hinweg konstant, obwohl eine Untergruppe der Teilnehmer ihren Insulinverbrauch im Laufe der Woche erhöhte.
Dies sind die Merkmale des SteadiSet, die eine Nutzungsdauer von bis zu sieben Tagen ermöglichen:
- flexible Spulenverstärkung in der Kanüle, um ein Abknicken zu verhindern und auch die Gewebereaktion aufgrund mechanischer Belastungen zu verlangsamen
- seitliche Ports helfen, das Insulin in mehr Unterhautfettgewebe zu verteilen, um eine zuverlässigere Absorption und weniger Okklusionen zu erreichen, was zudem den Vorteil hat, dass die Insulininfusion fortgesetzt wird, wenn die Kanülenspitze verstopft ist
- Filterung von Insulinaggregaten durch die Spule, was dabei hilft, Verstopfungen zu verhindern.
CapBio hat weiterhin durch die Optimierung der bei diesem Infusionssets verwendeten Klebstoffe, der Einführhilfe sowie des Schlauchmaterials versucht, bessere Eigenschaften als bei konventionellen Infusionssets zu erreichen. Aktuell wird eine Pharmakokinetik-Studie durchgeführt, die prüfen soll, ob es Änderungen bei der Insulinabsorption über die Zeit hinweg gibt. CapBio plant außerdem perspektivisch eine Zulassungsstudie für das Infusionsset.
Fazit: Obwohl es sich um eine deutlich kleinere Studie handelt, ist die „Überlebensrate“ des SteadiSet vergleichbar mit den Ergebnissen, die für das „Extended-Wear-Infusionsset“ (EWIS) von Medtronic bei einer aktuellen Zulassungsstudie beobachtet wurden. Beide Infusionssets stellen eine erhebliche Verbesserung gegenüber herkömmlichen Sets dar, die alle 2 bis 3 Tage gewechselt werden müssen; wobei die Funktionsfähigkeit sogar nur 60% bis 80% über diesen Zeitraum beträgt. Manche Patienten müssen sogar täglich das Infusionsset wechseln. Ob und wann das SteadiSet von CapBio auf den deutschen Markt kommt, ist aktuell schlecht vorhersagbar, da der Hersteller ein eher kleines Star-Up aus den USA ist. Dabei werden auch die Kosten eine Rolle spielen. Angestrebt wird, dass die Kosten auf der Basis der bisherigen Systeme in Form eines „Tagespreises“ (= Tragedauer pro Tag) vergleichbar sind. Falls die Funktionsdauer tatsächlich und immer 7 Tage beträgt, kann – in Anbetracht der nicht immer optimalen Zuverlässigkeit von traditionellen Infusionssets – dies sogar zu realen Einsparungen führen, z.B. durch weniger Materialverbrauch oder Insulinverluste durch das Priming.
DiaTec weekly – September 3, 21
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