In einem Studienarm wurde über zwanzig Tage ein sehr schnell wirkendes Insulin-Analogon (FIAsp) verglichen mit einer Standardinsulintherapie in dem anderen Studienarm. Nach einer zwei- bis vierwöchigen Auswaschphase wechselten die Teilnehmer für weitere zwanzig Tage auf die andere Insulintherapie um. Durchgeführt wurde die Studie von dem Team um Roman Hovorka von der Universität Cambridge, als AID-System wurde CamAPS HX-System eingesetzt, dies besteht aus einer Dana RS-Insulinpumpe, einem Dexcom G6 und einem Android-Smartphone, auf dem der CamAPS HX-Algorithmus läuft.
Bei Studienbeginn waren die Teilnehmer im Mittel 68 Jahre alt, (männlich waren 63%) mit einem mittleren HbA1c-Wert von 7,2% und waren seit 20 Jahren an Diabetes erkrankt. Seit 12 Jahren verwendeten sie eine Insulintherapie und waren seit 1,5 Jahren dialysepflichtig. Die Teilnehmer hatten eine hohe Komorbiditätsbelastung mit einem „Charlson Comorbidity Index“ von 8,7 und alle hatten zu Beginn der Studie keine CGM-Erfahrung.
Hier sind die Ergebnisse: Die Nutzung des AID-Systems mit dem schnell wirkenden Insulin-Analogon FIAsp führte zu einer Zunahme der Zeit im Zielbereich (TiR) um 3,4 Stunden pro Tag im Vergleich zur Standard-Insulintherapie (TiR 57% vs. 43%, p=0,002). Dabei war das AID-System über 93% der Zeit aktiv und selbst bei niedrigen Glucose-Zielwerten (108 bis 126 mg/dl) war die Hypoglykämie-Rate niedrig und sank signifikant (p=0,04) bei Nutzung des AID-Systems im Vergleich zur Standardtherapie (0,12% vs. 0,17%). Auch lag die durchschnittliche Glykämie bei Nutzung des AID-Systems um 27 mg/dl niedriger als bei der Standard-Insulintherapie (182 mg/dl bzw. 209 mg/dl; p=0,003) und die Standardabweichung der Glykämie war in der Zeit mit Nutzung des AID-Systems ebenfalls niedriger (p=0,02). Diese Verbesserungen war über den gesamten Tagesverlauf sichtbar, mit niedrigeren mittleren Blutglukosewerten und einer geringeren Variabilität.
Bemerkenswert ist, dass diese verbesserte Glucosekontrolle ohne eine Erhöhung der täglichen Gesamtinsulindosis bei Nutzung des AID-Systems im Vergleich zur Gruppe mit Standardtherapie erreicht wurde (p=0,37). Die Nutzung des AID-Systems scheint bei Patienten dieser Hochrisikogruppe genauso sicher zu sein wie die Standardinsulintherapie. Es trat nur eine einzige schwere Hypoglykämie bei Nutzung des AID-Systems auf und diese auch erst, nachdem das System eine Zeit lang abgeschaltet worden war. In beiden Studiengruppen wurden mehrere schwerwiegende unerwünschte Ereignisse registriert, die nicht mit der Studie zusammenhingen, außerdem mehrere „sonstige unerwünschte Ereignisse“, fünf davon in der Gruppe mit AID-System und zwei in der Kontrollgruppe (in der AID-Gruppe traten fünf Gerätemängel auf, in der Kontrollgruppe einer).
Auf der Grundlage eines Fragebogens (n=24) wurde das AID-System von den Teilnehmern als vorteilhaft angesehen: 100 % der Teilnehmer stimmten der Aussage: „Ich bin froh, dass mein Blutzuckerspiegel automatisch durch das System kontrolliert wird.“ stark zu und 92% stimmten zu Die große Mehrheit (92%) stimmte weiterhin zu, dass sie mit dem AID-System weniger Zeit für das Diabetes-Selbstmanagement aufwenden mussten, 87% stimmten voll und ganz zu, dass sie sich mit dem System weniger Sorgen um ihre Glucosekontrolle machten und 50% stimmten voll und ganz zu, dass sie mit dem System besser schlafen. 96% der Befragten würden das AID-System weiterempfehlen würden.
Insgesamt erwies sich dieses AID-System an den Dialysetagen als ebenso wirksam wie an den Nicht-Dialysetagen, wobei die Zeit zwischen 100 mg/dl und 180 mg/dl an den Dialysetagen bei 54% und an den Nicht-Dialysetagen bei 52% lag (gegenüber 37% und 36% bei der Standardtherapie), was darauf hindeutet, dass dieses AID-System in der Lage ist, Schwankungen in der Glukose- und Insulinkinetik zwischen Dialyse- und Nicht-Dialysetagen effektiv zu bewältigen. Dies ist deshalb besonders beeindruckend, da es sich um ein vollständig geschlossenes Kreislaufprotokoll handelt, ohne von den Teilnehmern verabreichte Boli zu den Mahlzeiten oder Essensankündigungen.
Zur Erinnerung: Das CamAPS HX-System besteht aus einer Dana RS-Insulinpumpe, einem Dexcom G6 und einem Android-Smartphone, auf dem der CamAPS HX-Algorithmus läuft. Die Daten werden an Glooko/Diasend gesendet und die Nutzer können ihren Glukosezielwert in einem breiten Bereich von 80 mg/dl bis 196 mg/dl einstellen. Die Teilnehmer haben überhaupt keinen Bolus abgegeben, sondern sie verließen sich bei der Insulinabgabe vollständig auf das AID-System.
Fazit: Die Aufmerksamkeit, die durch eine solche Publikation eine spezielle Patientengruppe mit Typ-2-Diabetes und einer schwerwiegenden Begleiterkrankung wie Nierenversagen im Endstadium erfährt, ist erheblich und trägt hoffentlich dazu bei, dass die Bedeutung der Nutzung von AID-Systemen auch bei Patienten mit suboptimaler Glucosekontrolle gesehen wird. Wir wissen ja insgesamt noch wenig darüber, welche Effekte die Nutzung solcher Systeme bei Patienten mit Folgeerkrankungen hat, auch wenn durchaus Hoffnung darüber besteht, dass durch die Nutzung von AID-Systemen solche schwerwiegenden Komplikationen deutlich weniger auftreten. Aktuell wurde in Cambridge bereits eine Folgestudie begonnen, bei der das AID-System (ebenfalls mit FIAsp) bei einer breiteren Population von Patienten mit einem insulinpflichtigen Typ-2-Diabetes untersucht wird.
DiaTec weekly – August 20, 21
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