Irgendwie haben wir Menschen keine gute Wahrnehmung, wenn etwas nicht mehr in den Medien auftaucht, so wie bei diesem Beispiel. Da wurde nahezu enthusiastisch über dieses Projekt mit Künstlicher Intelligenz (KI) für die Betreuung von Patienten mit Diabetes berichtet, hinter dem ein riesiger Konzern steht: Das IBM Watson-Center für Health. Watson ist ein Computerprogramm, das Antworten auf Fragen geben sollte, die in natürlicher Sprache eingegeben werden. Das Programm, benannt nach Thomas J. Watson, einem der ersten Präsidenten von IBM, wurde als Teil des DeepQA-Forschungsprojektes entwickelt. IBM startete Watson Health vor etwa 10 Jahren, um eine neue und stark KI-abhängige Ära der Medizin einzuläuten und warb dazu Talente ab, ging Partnerschaften mit Unternehmen wie Apple und Johnson & Johnson ein und übernahm 2015 und 2016 mehrere – darunter vier große – Datenunternehmen.
Warum hat es dieser vielversprechende KI-Ansatz nicht geschafft, sich im Gesundheitswesen zu etablieren und auf eine digitale Ebene zu transformieren? Die Berichte im Netz und von US-Nachrichtenmagazinen sprechen hier klar von Missmanagement. Zahlreiche Entlassungen und Abgänge in Schlüsselpositionen und sowie eine Kultur der Angst werden als wesentliche Gründe für das Scheitern dieses milliardenschweren Projektes genannt und auch der Schwerpunkt Marketing vor Wissenschaft scheint ein Grund für diese Entwicklung zu sein. So wurde offenbar nie eine dedizierte Cloud-Plattform zum Einsatz gebracht, die notwendig gewesen wäre, um wichtige Kunden im Gesundheitswesen zu bedienen oder die KI in die Lage zu versetzen, Daten so zu analysieren, dass damit Kernversprechen eingehalten worden wären. Es wurden mehrfach Produktdurchbrüche und Fähigkeiten angepriesen, ohne dass diese wissenschaftlich untermauert wurden. Stattdessen wurde – und leider erfolglos – versucht, nachträglich Studien durchzuführen, um Marketing-Behauptungen zu rechtfertigen – oder man hat sich auf Studien von Kunden verlassen. Aber selbst diese konnten keine verbesserten Ergebnisse bei Nutzung von Watson gegenüber bestehenden Produkten nachweisen. IBM hat es versäumt, seine Optionen gut zu nutzen und führte Verbraucher und Gesundheitspersonal gleichermaßen in die Irre, zum Beispiel durch Werbung, die versprach, „Krebs zu überdenken“. So sollten die Entscheidungsprozesse der Ärzte bei der Krebstherapie optimiert werden, was aber in der Realität nicht wirklich funktioniert hat, weil das Programm anscheinend falsche und gefährliche Empfehlungen gegeben hat.
Fazit: Was lernen wir daraus? Erstens führt die Analyse auch von großen Datenmengen von Patienten und aus publizierten Studien nicht automatisch zu einer besseren Therapie. Auch konnten viele Ärzte Watson für die meisten ihrer Patienten nicht nutzen und auch die Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern hat nicht wirklich funktioniert. Zweitens reicht offenbar allein die Bereitstellung von Technologie nicht aus, um KI erfolgreich im Bereich der Medizin zu implementieren, denn wenn die medizinischen Bedürfnisse nicht sinnvoll abgedeckt werden, gibt es auch keine Verbesserungen bei klinischen Endpunkten. Und drittens ist es eben eine Herausforderung, KI profitorientiert zu vermarkten, auch weil es im Denken eines Health Care Poviders (HCP) oder einer Krankenkasse nicht primär um die beste Diabeteseinstellung geht. Ein Ökonom sieht primär die aktuellen Ausgaben, die Vermeidung von zukünftigen Kosten ist nicht seine Alltagsintention. Dieser Problematik werden sich auch alle anderen Firmen wie Apple, Google oder Amazon stellen müssen, die nun auf diesen Markt drängen.
DiaTec weekly – April 16, 21
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