Während der HbA1c-Wert nur einmal pro Quartal gemessen wird, kann er mit Hilfe des GMI bei CGM-Nutzung häufiger ermittelt werden, z.B. monatlich. Wie genau aber ist der GMI? Ist es realistisch zu erwarten, dass der geschätzte HbA1c-Wert „genau“ demjenigen entspricht, der im Labor gemessen wird? Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum mehr oder weniger große Differenzen in der Praxis auftreten können.
Bei einer kürzlich publizierten Studie (Perlman JE et al., HbA1c and Glucose Management Indicator Discordance: A Real-World Analysis, DTT DOI: 10.1089/dia.2020.0501 2021) aus dem Diabetes Care Center der Universität von Washington unter Leitung von Irl Hirsch wurden die im Labor gemessenen HbA1c-Werte mit denjenigen verglichen, die durch GMI berechnet wurden. Es wurde nicht ermittelt, wie häufig die Glucosewerte der Patienten im Zielbereich (TiR, die Glucosewerte liegen zwischen 70 und 180 mg/dL) lagen. Eine TiR von 70 % oder mehr entspricht näherungsweise einem HbA1c-Wert von 7% oder niedriger. Insgesamt liefern solche Parameter weitere Informationen dazu, wie gut die Güte der Glucosekontrolle ist oder ob Anpassungen bei der Therapie gemacht werden müssen.
Bei der Studie wurden Daten von 641 Diabetespatienten zwischen 2012 und 2019 ausgewertet. Die Patienten hatten mindestens einen dokumentierten HbA1c-Wert innerhalb des Zeitbereiches von 30 Tagen vor oder nach einem Arztbesuch, bei dem auch die CGM-Daten hochgeladen wurden. Dieser Datensatz musste mindestens über 14 Tage und innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraums mindestens 95% Glukosewerte aufgezeichnet haben, je mehr CGM-Daten fehlen, weil der Patient sich zu weit vom Empfänger entfernt hatte oder zu lange das CGM-System nicht gescannt hatte, umso ungenauer ist die Berechnung des GMI.
In der Studiengruppe lag das Durchschnittsalter der Patienten bei 46 Jahren, 52% der Teilnehmer waren weiblich, die meisten waren Kaukasier (93 %) und hatten einen Typ-1-Diabetes (91 %). Das am häufigsten verwendete CGM-System war das Dexcom G5, welches zwei Kalibrierungen pro Tag erfordert; weiterhin wurden das Dexcom G6, das Freestyle Libre, sowie Medtronic Enlite und Guardian verwendet. Der durchschnittliche Zeitraum für einen CGM-Datensatz betrug 24,5 Tage (mit einem Bereich zwischen 14 und 144 Tagen). Der mittlere HbA1c-Wert lag bei 7,3% und der mittlere CGM-Glukosewert bei 162 mg/dL (mit einem Bereich zwischen 85 und 296 mg/dL).
Hier die Ergebnisse: Nur bei 11% der Patienten war der Unterschied zwischen ihrem gemessenen HbA1c-Wert und dem über den GMI berechneten HbA1c-Wert kleiner als 0,1%. Wenn also der geschätzte HbA1c-Wert 7,0% betrug, lag der „wahre“ HbA1c-Wert zwischen 6,9 und 7,1%. Bei 50% der Patienten betrug der Unterschied weniger als 0,5%, d.h. bei einem geschätzten Wert von 7% lag der tatsächliche Wert zwischen 6,5 und 7,5%. Bei immerhin 22% der Patienten betrug der Unterschied 1,0% oder mehr. Die Diskrepanzen zwischen dem HbA1c und GMI sind überraschend größer als es in früheren Studien beobachtet wurde.
Bei Patienten mit Typ-1-Diabetes war der Unterschied zwischen GMI und HbA1c um 0,17% geringer war als bei denjenigen mit Typ-2-Diabetes, auch wenn dieser Unterschied statistisch nicht signifikant war. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion war der Unterschied zwischen HbA1c und GMI um 0,19% größer. Es wurden keine Unterschiede in Abhängigkeit vom CGM-System beobachtet.
Dies war eine retrospektive Studie, für eine Reihe von äußeren Faktoren war diese nicht kontrolliert, dies bedeutet, wenn z.B. eine Anpassung der Therapie bei der Visite vorgenommen wurde und der HBA1c-Wert einen Monat später gemessen wurde, kann dies zu Abweichungen bei den CGM-Daten führen. Ein perfekter Vergleich würde erfordern, dass die HbA1c-Schätzung durch den GMI auf einem CGM-Datensatz von 60-90 Tagen basiert und die Blutabnahme für den HbA1c-Wert am gleichen Tag erfolgt. Außerdem wurden unterschiedliche CGM-Systeme verwendet, einige der älteren Systeme sind bekanntlich weniger messgenau als die aktuellen Generationen. Viele der CGM-Systeme mussten noch kalibriert werden, je nach Güte der Kalibrierung kann dies ebenfalls zu Verzerrungen bei den Ergebnissen führen.
Fazit: Die Abschätzung des HbA1c-Wertes durch den GMI liefert andere Ergebnisse als die HbA1c-Messung. Dabei betrugen die Abweichungen bei den meisten Studienteilnehmern weniger als 0,5%. Unterschiede in dieser Größenordnung können aber auch bei HbA1c-Messungen in verschiedenen Labors oder Messmethoden auftreten.
DiaTec weekly – März 19, 21
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Mit freundlichen Grüßen
Erfahrung zum HbA1c Vergleich Labor und CGM:
Je nach CGM System und ggf. dessen Kalibrierung liegen die BZ Mittelwerte um 20 – 30 mg/dl auseinander. Dexcom G6 Werte lagen bei mir im Vgl. zu kontinuierlich gemessenen Freestyle Libre Werten bei 3 Sensorlaufzeiten im Vergleich um etwa 10 -20 mg/dl höher. Trotz Nachkalibrierung beim Dexcom.
M.E. sind die Unterschiede nicht systembedingt CGM/Labor sondern bedingt durch die CGM Messmethoden und Auswertesoftware.