Kontinuierliches Glucosemonitoring hat sich mittlerweile gut bei der Diabetes-Therapie etabliert, vor allem, seitdem es die Kostenübernahme durch die Krankenkassen gibt. Ein guter Zeitpunkt also, sich einmal darum zu kümmern, wie es sich mit CGM im alltäglichen Leben der Patienten verhält und was für Probleme so auftreten (können)?
Das beginnt mit der Frage, wie viele Patienten mit Diabetes CGM-Systeme überhaupt nutzen? Dazu gibt es keine validen Daten und Schätzungen variieren beträchtlich – bei Typ-1 Patienten liegen sie zwischen 30% und 60%. Spitzenreiter bei den Systemen wird vermutlich das iscCGM-System von Abbott sein, das wegen seiner einfachen Bedienung von vielen Patienten geschätzt und von vielen Kassen favorisiert wird. Manchmal agieren Krankenversicherungen aber auch überraschend, so wurden offenbar in Berlin Verordnungen für das iscCGM-System der ersten Generation abgelehnt, weil man rtCGM-Systeme favorisierte. Auch die Frage nach den Kosten für die CGM-Nutzung ist unklar, da die Verträge, die die Krankenversicherungen mit den Herstellern aushandeln, nicht öffentlich sind. Irgendwo zwischen 1 – und 3 Tsd. Euro werden sie wohl liegen – pro Patient und Jahr!
Bei jedem Gerät können Probleme auftreten, bei der Produktion, beim Transport, der Lagerung oder der Nutzung. Patienten rufen normalerweise die Hotline des Herstellers an, der in den allermeisten Fällen problemlos Ersatz gewährt und Austausch-Transmittern, Glukosesensoren, zusätzlichen Klebepflaster o. äh. verschickt. Leider sind die Hotlines oftmals dermaßen überlastet, dass es Stunden dauern kann, bis man jemanden an der Strippe hat. ChatBots würden zur Entlastung beitragen, werden aber nur ungern von Patienten genutzt.
Wie viele Tage Glukosesensoren auf der Haut halten ist bei Patienten unterschiedlich lang und da ergibt sich gleich das nächste Dilemma, denn einerseits sollen die Sensoren möglichst lange unter allen Lebensbedingungen halten, gleichzeitig sollen Hautreaktionen unbedingt vermieden werden.
Vielfach werden CGM-Systeme durch Kurierdienste versandt, was in der Praxis dazu führt, dass Pakete einfach vor der Haustür liegen bleiben! Im Winter kühlen Sensoren und Transmitter derartig aus, dass sie ernsthafte Schäden erleiden und die Batterien in den Systemen kaputt gehen, und in den heißen Sommermonaten kann die Hitze die Enzyme in den Sensoren zerstören, so dass sie nicht mehr zuverlässig arbeiten.
Mittlerweile gibt es wohl ein gewisses „Hopping“ zwischen CGM-Systemen – manche Patienten schaffen es tatsächlich, mehrere Systeme von verschiedenen Ärzten verordnet zu bekommen. Das ist verständlich, dient aber dem Thema ganz und gar nicht und wird nur zur Verärgerung der Kostenträger führen. Wie soll eine Krankenkasse oder der Hersteller damit umgehen, wenn ein Patient durch Selbstverschulden sein CGM-System „zerstört“? Das gilt auch für den Verkauf von Sensoren oder anderem CGM-Material über das Internet, wenn Patienten die teuren Geräte nicht für eine optimale Diabetestherapie einsetzen, sondern versuchen, damit Geld zu machen.
Beim Thema Schulung müssen wir uns fragen, ob die Trennung zwischen technischer Einweisung und therapeutischer Nutzung noch Sinn macht. Technisch betrachtet wird der Handhabungsaufwand von CGM-Systemen immer geringer. Die Systeme funktionieren intuitiver, sie müssen weniger oder gar nicht mehr kalibriert werden. Trotzdem müssen Patienten gut in die verschiedenen Schritte eingewiesen werden, die für die Applizierung des Glukosesensors, das Downloaden der Daten etc. notwendig sind. Deutlich aufwändiger, aber auch wichtiger wird es, wenn um die Schulung der Patienten hinsichtlich der Umsetzung der Messwerte in therapeutische Schritte geht. Der damit verbundene Schulungsaufwand und -bedarf wird immer noch unterschätzt! Einfach ein CGM-System anlegen und man wird schon sehen wäre fatal. In diesem Zusammenhang sind und werden vermutlich auch zunehmend andere Optionen der Schulung und Beratung über das Internet von Bedeutung, z.B. durch gut gemachte YouTube-Videos.
Unser Fazit: Prozesse und Abläufe bei Nutzung von CGM-Systemen müssen an die Anforderungen der Realität angepasst werden, damit Patienten die Systeme sinnvoll nutzen. Dies führt nachweislich zu einer höheren Sicherheit und zu einer besseren Glukosekontrolle.
DiaTec weekly – Nov 9, 19